Macao: Der kleine Bruder von Hong Kong

Mit dem Schnellboot dauert es eine Stunde. Von Hongkong nach Macao. Von China nach China. Warum man trotzdem den Pass vorzeigen muss, ist das Geheimnis der Grenzer. Von einer Metropole des Rennsports zur nächsten. Oder doch nicht ganz. Denn in Macao, auf der Bahn auf der Halbinsel Taipa, ist alles eine ganze Ecke kleiner als in Sha Tin oder Happy Valley.

110 Renntage werden pro Jahr in der ehemaligen portugiesischen Kronkolonie, die 1999 an China fiel, ausgetragen, immer zehn bis zwölf Rennen, auf Sand und auf Gras, auch abends unter Flutlicht. Die Qualität der Pferde? Deutlich schlechter als in Hong Kong, auch wenn Active Bo Bo, der beste Sprinter der Insel, letzten März sogar in Dubai gewann, dort den in Europa auf Gruppe I-Ebene erfolgreichen Nuclear Debate bezwang. „Natürlich versuchen wir, den Standard von Jahr zu Jahr zu steigern“, sagt Ian Paterson, der Director of Racing, Nachfolger von Lord John Fitzgerald, der dieses Amt zwei Jahre innehatte, „und solche Erfolge geben natürlich Mut.“

Prinzipiell läuft alles wie in Hongkong ab. Die Rennpferde sind durchweg Wallache, vorzugsweise aus Australien und Neuseeland, das Programm besteht aus Handicaps über Distanzen von 1000 bis 1800 Metern. Dass die lokale Mafia den dortigen Rennsport in der Hand hat, ist natürlich nur ein böswilliges Gerücht, aber auch dort gilt der Ausspruch von Winston Churchill: „Nicht alle auf der Rennbahn sind Gangster. Aber alle Gangster sind auf der Rennbahn.“

In der Saison 2000/2001 wurden 4000 Millionen Hong Kong Dollar gewettet (alle Rennen werden live per TV auch nach Hong Kong übertragen), was eine erneute Steigerung gegenüber dem Vorjahr darstellt. Im Schnitt pro Renntag sind das umgerechnet gut drei Millionen Euro. Ausreichend, um auch kleinere Handicaps noch mit rund 25 000 Euro Preisgeld zu dotieren. Ein Viertel des Umsatzes wird auf der Bahn getätigt, das Gros geht über die 52 000 Telewett-Konten, für die pro Renntag 600 Operator zur Verfügung stehen. Allerdings ist in Macao im Gegensatz zu Hong Kong auch das Glücksspiel erlaubt, das Cafe Lisboa ist in Asien eine erste Adresse dafür, die Klientel hat zwar keine Krawatte, dafür aber Geld wie Heu.

Die zweibeinigen Protagonisten auf der Rennbahn sind zumeist unbekannte Größen. M C Tam ist der designierte Trainer-Champion, gewinnt derzeit ein Rennen nach dem anderen, dann kommt auch schon Gary Moore, der nach einer bewegten Jockey- und Trainerkarriere in Macao gelandet ist (Vater George war hier schon vor Jahren tätig), Barry Baldwin und Gordon Benson kommen aus Australien. Die Reiter sind lokale Heroen oder kommen aus Australien und Neuseeland. Bis auf zwei, drei Ausnahmen. Christophe Soumillon ist eine davon. Der Shooting Star aus Frankreich reitet bis zum März in Macao, hat schon an den ersten Renntagen die Szene aufgemischt.

Auch William Mongil ist noch dabei. Der Franzose, vor Jahren in seiner Heimat eine aufstrebende Nummer, kurz einmal als Stalljockey bei Ralf Suerland im Gespräch, ist Stammgast im Fernen Osten. Der Grund: „In Frankreich könnte ich nie das verdienen, was ich hier bekomme.“ Umgerechnet 175 Euro pro Ritt, zehn Prozent vom Siegpreis, Auto, Wohnung, Telefon frei. Da kann man schon einmal ein paar Wochen in einem ansonsten Ort verbringen, der letztlich doch nicht so angenehm wie die Cote d’Azur ist.

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