Wir erinnern uns noch gut an die Jahre 1993/1994. Manfred Ostermann, seit vielen Jahren hocherfolgreicher Züchter und Besitzer wie sein Vater Fredy und gemeinsam mit seiner Schwester Janet Eigner des Gestüts Ittlingen, schaute sich das Deutsche Derby in Hamburg nicht live auf der Bahn an.
Um die eigenen Nerven zu beruhigen, weilte er in einer gegenüberliegenden Kneipe und verfolgte das Geschehen aus der Distanz. Jubeln konnte er dann aber nach zweieinhalb Minuten auch von dort aus. Denn Lando und zwölf Monate später Laroche holten sich unmittelbar hintereinander das wichtigste Rennen in Horn. Die beiden Halbbrüder schrieben ganz besondere Erfolgskapitel in der Historie der Zuchtstätte des Wittener Möbelhaus-Besitzers.
Seither ist viel Zeit vergangen, die Ittlinger Pferde haben in den verschiedensten Top-Events und den unterschiedlichsten Ländern für Furore gesorgt, mit Landos Japan Cup-Triumph 1995 als absolutem Höhepunkt. Manfred Ostermann nimmt zudem seit Jahren eine große Verantwortung im deutschen Rennsport wahr – als Präsident der Besitzervereinigung, eines der bedeutendsten Ämter, das es im hiesigen Turf gibt, und versucht – gemeinsam mit Albrecht Woeste – German Racing in eine sichere Zukunft zu führen.
Doch gerade 2010 laufen die Pferde in den markanten rot-weißen Farben so schnell wie in den besten Zeiten von Lando oder Laroche. In der Breite scheint man derzeit so gut aufgestellt wie selten zuvor. 152.790 Euro galoppierten die Ittlinger schon ein, und ein Top-Erfolg reihte sich an den nächsten. Dabei hat die bereits aus der eigenen Zucht stammende Listensiegerin Sky Dancing als Mutter der Hengste Skylor, Scolari und ganz besonders Scalo großen Anteil.
Den Anfang machte am 2. April in Bremen der Vierjährige Skylor, der inzwischen mit drei Punkten zum Seriensieger avancierte und auch bei seinem Ausgleich II-Treffer in Krefeld nicht den Eindruck machte, als sei er schon am Limit angelangt.
Ähnliches gilt für den zweifachen Saisonsieger Scolari, der zuletzt in Straßburg die Konkurrenz regelrecht deklassierte und in den Augen vieler Experten ein Gruppe-Pferd sein könnte. Den Beweis dazu könnte er am Sonntag im Großen Preis der Dortmunder Wirtschaft antreten.
Der Ittlingen-Crack des Frühjahrs ist allerdings Scalo, der sowohl im Frankfurter Metzler-Preis, als auch im onextwo.com-Bavarian Classic in München Gruppe-Lorbeeren holte. Beide Male lief der Dreijährige wie ein Top-Steher. Da war es keine Überraschung, dass er am vergangenen Sonntag im Oppenheim-Union-Rennen in Köln als 18:10-Favorit in die Box einrückte.
Doch dann lief sich der Hoffnungsträger an der Innenseite völlig fest und wurde zudem noch stark behindert. Platz fünf war ein bitteres Ergebnis, das nicht entfernt seinem Können entsprach. Doch die Rolle als Derby-Favorit war er erst einmal los. Trainer Andreas Wöhler erläuterte auf seiner Homepage diese Vorstellung.“ Die Niederlage von Scalo im Union-Rennen war schon recht herb. Wie befürchtet gab es wenig Tempo und als es zur Sache ging, war es fast wie in München, als Scalo auch hinter einer Wand von Gegnern hing und es erst so aussah, als würde er dort verhungern.
Mit viel Glück konnte Jockey Masure den Lando-Sohn damals noch rechtzeitig passend durchs Feld bugsieren. Dieses Glück blieb ihm heute versagt. Eduardo Pedroza wollte mit dem Hengst innen ansetzen, als ihm der Ammerländer Next Hight vor die Füße lief.
Als er es dann zum zweiten Mal versuchte und schon ein Stück in der Lücke zwischen den Rails und Next Hight war, konnte dessen Reiter erneut sein Pferd nicht gerade halten konnte und ließ Scalo hart gegen die Rails prallen, so dass dieser die ganze Hinterhand verlor und quer stand. Das war natürlich mehr als ärgerlich und ziemlich bitter.“
Natürlich hofft sein Team nun auf einen glücklichen Rennverlauf im Blauen Band, für das Scalo aktuell bei den Buchmachern teilwese auf 100:10 hochgeschrieben wurde.
Ein Kandidat fürs Derby aus dem Ostermann-Lager dürfte auch Lyssio sein, der sich mit zwei imponierenden Erfolgen als Geheimtipp herauskristallisierte. Im Bremer Derby-Trial am Freitag soll er unter Andrasch Starke endgültig die Fahrkarte für Hamburg holen.
Ein weiterer starker Dreijähriger ist Hollywood Kiss, der im Großen Preis der Dortmunder Wirtschaft große Kämpferqualitäten an den Tag legte und gegen Nordfalke hauchdünn hinkam. Diese Leistung bestätigte er in einer ähnlichen Prüfung in Italien auf Anhieb.
In der Liste der versprechenden Pferde Ittlingens dürfen auch die beiden Stuten Padana, bereits listenplatziert in Italien, und Amare nicht fehlen, die in Hoppegarten starke Konkurrentinnen bezwang und bald um Black Type kämpfen dürfte.Nicht zu vergessen Gestüt Haus Ittlingens von Ferdinand Leve gezogene Stute Intigra, die sich als Riesenaußenseiterin am vergangenen Sonntag in Mailand ein Listenrennen schnappte.
Und dann wäre da ja auch noch Neatico, einstiger Spitzenzweijähriger, der auf einen Union-Start verzichtete, aber unverändert eine Nennung für den Grand Prix de Paris am Pariser Nationalfeiertag besitzt. Da dürften Manfred Ostermann viele angenehme Wochen in dieser Saison bevorstehen und vielleicht ja auch wieder ein Besuch in der Horner Eckkneipe während des Derbys, so denn Scalo oder Lyssio auf den Spuren von Lando und Laroche wandeln wollen.