Qualität in Iffezheim: Suters Bester Osorio

‚Schweizer Präzision‘ war vor einigen Jahren einmal eine Story in der Sport-Welt übertitelt, die sich mit dem Neu-Iffezheimer Urs Suter beschäftigte. Erfolge als Markenzeichen, immer mehr auch auf gehobenem Parkett. Keine Frage, nicht zuletzt war es auch sein Werk, dass an der Oos ein richtiger Schub einsetzte, als Suter vor drei Jahren nach Baden überwechselte, den Stall von Fredy Gang übernahm.

Wer hätte vor Jahren einmal daran gedacht, dass es im Derby Italiano einen Starter aus Iffezheim geben würde? „Hier kann man keinen Derbysieger mehr trainieren“, war ein häufig gehörter Satz. Ein plumpes Vorurteil, gegen das sich die seit Jahren immer mehr aufstrebende Trainingszentrale zur Wehr setzt. Längst sind diese Sprüche Schnee von gestern.

Sonnenschein, aber auch jede Menge dicke Wolken. Aprilwetter Mitte Mai in Iffezheim. An diesem Mittwochmorgen herrscht so etwas wie die Ruhe vor dem Sturm. Noch sind kaum Gäste eingetroffen. Man bereitet sich auf das Frühjahrs-Meeting vor.

Vorzugsweise. Denn ein Trainer beschäftigt sich in diesen Tagen noch mit etwas ganz anderem. Nicht das Geschehen auf der Heimatbahn ist Zentrum seiner Gedanken und Planspiele. Urs Suter, seit drei Jahren mit großem Erfolg in Baden als Coach aktiv, hat den möglicherweise wichtigsten Start in seiner Karriere vor Augen. Hat einen Traum, der durchaus in Erfüllung gehen kann.

Denn sein Schützling Osorio ist der deutsche Hoffnungsträger im Derby Italiano. Ein Triumph im Blauen Band in der italienischen Hauptstadt Rom (bislang schaffte das nur der Röttgener Kallisto für Hans-Albert Blume im Jahr 2000), das wäre auch für den gebürtigen Schweizer die Erfüllung.

Wahrlich nicht schlecht stehen die Chancen, mit Osorio, der die Farben von Klaus Jacobs´ renommiertem Newsells Park Stud trägt, Rom zu erobern.
Eine rasante Entwicklung hat der Surumu-Sohn der guten Ocotal genommen. Urs Suter rekapituliert: „Osorio war im August 2001 in Baden auf der Auktion. Alexander Pereira erwarb ihn vom Gestüt Fährhof (Anm.d.Red. für gerade einmal 26.000 Mark). Herr Pereira pflegt enge Kontakte zur Familie Jacobs, vor allem zu Klaus Jacobs, hat ihn sich zusammen mit seinen Beratern selbst ausgesucht. Dann kam er zu uns ins Training. Vom Pedigree her ist er eher ein spätes Pferd. So haben wir ihn auch aufgebaut. Schon vom Jährlingsalter auf zweijährig hat er sein Potenzial angedeutet.“

Und der Coach konkret zu seinen ersten Renneindrücken: „Im Spätsommer haben wir dann das Training etwas forciert. Unsere Absicht war, ihm im Herbst einen Start zu geben. Wir sind extra nach Mailand gefahren, wollten noch guten Boden antreffen und ihm die Inländergeltung verschaffen. Dann war er beim Debut am 2. Oktober in Mailand Vierter. Ich war sehr zufrieden, da er eben ein spätes Pferd ist. Und als er zu Hause war, zeigte er sich in so guter Verfassung, dass wir ihn am 29. Oktober noch einmal dort aufgeboten haben. Da hat er dann mit acht Längen schon über 2000 Meter gewonnen.“

Leistungen, die Osorio noch in den Pereira-Farben brachte. Doch wenig später dürfte Urs Suter das Blut in den Adern gefroren sein. Letztlich handelte es sich um einen nur kurzzeitigen Schock: „Es kam die Nachricht, dass er an das Newsells Park Stud verkauft würde. Vorgesehen war zunächst, dass Osorio in die USA wechseln sollte. Doch Herr Pereira hat darauf gedrängt, das Pferd in Deutschland zu lassen und hat Robert Acton, Manager in Newsells Park, empfohlen, sich die Ställe hierzulande einmal anzuschauen. Er war bei uns, und es wurde entschieden, dass Osorio bei uns bleibt und wir auch noch zwei Zweijährige 2003 bekommen.“ Eine Unfuwain-Stute aus der Gruppe III-Siegerin Lara steht längst im Stall, ein versprochener Hengst wurde gerade kastriert, wird in einem Monat erwartet.

„Wenn man für solche Leute wie Herrn Jacobs arbeiten kann, ist das ein Sprungbrett“, sagt Urs Suter anerkennend. „Alles läuft sehr professionell ab. Mit Herrn Acton bespreche ich mich, ab und zu ruft auch Herr Jacobs bei mir an, dabei geht es dann allerdings in erster Linie um organisatorische Fragen. Es werden Wünsche geäußert, aber die Entscheidung überlässt er mir als Trainer.“ Professionell eben.

Das war auch in diesem Frühjahr so, als Osorio, wiederum in Mailand, wo er bislang ausschließlich am Start war, ins Jahr 2003 einstieg. „Er hat gegen ein gutes Pferd nur sehr knapp verloren“, schildert Suter. „Anschließend gewann Osorio ein Listenrennen in Mailand sehr leicht, worauf wir uns zu einem Derby-Start entschieden haben.“ 58.000 Euro stehen schon auf dem Gewinn-Konto, und das ohne einen Auftritt auf Gruppe-Ebene.

„Wir haben unsere Planung schon auf Italien ausgerichtet“, erzählt unser Gesprächspartner. „Osorio braucht Bahnen mit Linien, er ist ein großer Galoppierer, der im Vordertreffen mitgehen sollte. Als Trainer muss man auch ans Geschäft, ans Geldverdienen denken, und da hat man in Italien ganz andere Möglichkeiten als hier.“

Auch wenn sich der Hengst zum ersten Mal über 2400 Meter und auf einer anderen Bahn als San Siro versuchen wird, ist dem Trainer nicht bange: „Mailand ist eine sehr groß angelegte Bahn. Wer dort über 2000 Meter ein Listenrennen gewinnt, dürfte auch in Rom mit der längeren Strecke kein Problem haben. Sicher wäre mir Mailand lieber gewesen, da er hier schon gelaufen ist und gewonnen hat. Aber das ist keine Schwierigkeit, das Pferd geht darüber hinweg. Ich hoffe auf guten Boden. Weiche Bahn mag er nicht so sehr. Die Startnummer kann ruhig etwas weiter außen sein, er muss nur gut abkommen.“

Die Arbeitsleistungen lassen jedenfalls keine Wünsche offen. „Er ist ein Arbeiter. Es war den Winter über gar nicht einfach, bei ihm das Programm zurückzufahren. Zum Glück hatten wir einen milden Winter und konnten wieder frühzeitig mit der Arbeit beginnen. Er ist richtig fit. Am Dienstag ging er seine Schlussarbeit, die war ausgesprochen gut.“

Immerhin hat er als Dreijähriger schon mehrfach mit einem Top-Ausgleich II-Pferd wie Dream for Ever keinerlei Schwierigkeiten gehabt. Die Tage vor dem Rom-Event stehen noch einige leichtere Canter auf dem Programm. Aber es besteht kein Zweifel – Osorio fiebert dem Derby Italiano selbst entgegen.

Im Sattel wird erneut Mario Esposito sitzen, der bei dem Listen-Sieg schon alles richtig machte, „Es war immer klar, dass Mario ihn auch im Derby reiten wird, das ist mit Herrn Acton abgesprochen“, versichert Urs Suter. „Er kennt ihn in- und auswendig. Ich denke, es ist schon kein Nachteil, wenn ein italienischer Jockey reitet. Für einen Reiter ist Osorio ein imponierendes Pferd, gerade wenn man ihn galoppieren sieht.“

Sehen möchten ihn am Sonntag im Rom alle, der Tross wird groß sein. Suter: „Herr und Frau Jacobs werden da sein, auch Herr Acton und insgesamt 14 Personen aus Newsells Park. Sie kommen mit einer Privatmaschine.“ Beim Rennen selbst will der Trainer allerdings ohne Besitzer sein, wie er es immer praktiziert. „Ich schaue mir Rennen gerne für mich allein an“, sagt der Betreuer, der im übrigen keinen Hang zum Aberglauben besitzt.

Natürlich verliert man bei der Blickrichtung Rom auch nicht die weitere Route des Cracks aus den Augen, lässt sich aber doch noch einiges offen. Sicher ist auch das Deutsche Derby ein Thema. „Lassen Sie uns nach diesem Rennen weitersehen. Sollte er gewinnen oder platziert sein, schaut man automatisch auf Hamburg, Da würde aber einiges gegen Osorio sprechen. Die Bahn, der Boden, die Linienführung“, sagt Suter. „Wir könnten stattdessen vielleicht nach England oder Frankreich gehen.“

Dass Urs Suter Gruppe-Sieger vorbereiten kann, hat er in seinen drei Jahren in Iffezheim hinlänglich bewiesen. Mit Pferden wie Skip, Tagshira oder Stolzing, der vor einem Jahr aufgegeben werden musste. Der Chef: „Stolzing war ein sehr, sehr gutes Pferd, ich glaube, das beste, das ich in der Vergangenheit trainiert habe. Er hat seine Leistung mit Willen und Können gebracht und war längst noch nicht am Ende seiner Möglichkeiten. Skip und Tagshira waren vom Charakter her nicht ganz einfach, hatten aber viel Können. Osorio ist mein erster Top-Steher, sonst hatte ich in erster Linie Meiler.“

Allerdings steht 2003 Osorio doch ziemlich heraus im Suter-Lot, ansonsten ist der Derby-Jahrgang spärlich vertreten, hofft man in erster Linie auf die Youngsters. „Jedes Jahr hatten wir eigentlich zwei bis drei Cracks. Dieses Jahr ist alles auf Osorio ausgerichtet. Er ist der Beste, zumindest bis die Zweijährigen herauskommen. Es ist sehr wichtig, ein Pferd zu haben, mit dem man oben mitmischen kann. So ein Pferd bringt einen ins Gespräch, anders, als wenn man nur Handicapper zur Verfügung hat. Es fehlt uns ein weiteres Gestüt neben Newsells Park, Brümmerhof und Fairy Tale, das jedes Jahr gut gezogene Pferde zu uns bringt.

Jedes Geschäft braucht meiner Ansicht nach fünf Jahre, bis es richtig läuft. Die Besitzer müssen sich an mich gewöhnen, ich muss mich an Deutschland gewöhnen. Wir haben hier in Iffezheim eine perfekte Bahn, ausgesprochen viel Ruhe. Das Arbeiten ist optimal.“
Doch was wäre Arbeiten ohne Erfolge? Noch einmal Urs Suter: „Ich hoffe, dass wir das Derby gewinnen. Es wäre genial.“

Aber auch beim Frühjahrs-Meeting vor der Haustür will man glänzen: „15 bis 20 Pferde werden starten. Ich habe einige Hindernispferde, die gut gehen, aber die Rennen sind nicht einfach. Fünf bis sechs Pferde haben eine Chance auf den Sieg, wenn wir zweimal vorne sind, wäre das schon toll.“

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