STORY REIMUND PRINZINGER

‚Darf es noch eine Semmel sein oder vielleicht ein Kaffee?“, fragt Reimund Prinzinger mich morgens beim Frühstück. Immer freundlich und gut gelaunt präsentiert sich der ehemalige Jockey und Trainer in seiner Pension, die nur einen Steinwurf gegenüber der Münchener Rennbahn liegt.

Da gerade viele Gäste in der Graf-Lehndorff-Straße 51 mit dem Rennsport-Virus infiziert oder gar in diesem Sport beschäftigt sind, bleibt es natürlich nicht aus, über Geschichten rund um den Galopprennsport zu reden. Reimund Prinzinger, 65 Jahre alt, ist sehr gut informiert, auch ganz aktuell. Er weiß so ziemlich alles, was sich in, um und rund um Riem passiert. Aber auch der Rennsport in ganz Deutschland interessiert ihn ungemein und natürlich die sogenannte gute alte Zeit.

Zusammen mit seiner Lebenspartnerin Katrin Weidner betreibt er seit einigen Jahren eine äußerst gut gehende Pension, bei der der Gast die Möglichkeit besitzt, sich das morgendliche Training auf der Riemer Rennbahn vor oder nach dem Frühstück anzuschauen. „Der Recke war schuld“, lacht Reimund Prinzinger auf die Frage, wie er auf die Idee kam, eine Pension zu eröffnen.

Christian von der Recke suchte für seine Angestellten eine preiswerte Übernachtungs-Möglichkeit und „dann habe ich die Initiative ergriffen.“ Drei Zimmer sind es derzeit, zwei Doppel- und ein Einzelzimmer, die gerade an den Renntagen stark frequentiert werden, bedingt vor allem auch durch die Nähe zur Messe, wobei die moderaten Preise ein zusätzliches Plus sind. „Das ist jetzt mein Job, der gefällt mir. Das passt“, ist Reimund Prinzinger mehr als zufrieden mit seinem derzeitigen Leben.

Das Haus selber hat er gemeinsam mit seinem Bruder Manfred geerbt, der zu Lebzeiten in Iffezheim ein erstklassiger Reiter und später dann auch Trainer war. „Wir hatten immer ein sehr gutes Verhältnis. Der Manfred war zehn Jahre älter als ich und ritt schon früh im Rheinland und in Spanien.“

Natürlich sieht man Reimund Prinzinger an jedem Renntag in Riem auf der Rennbahn. Er hält unverändert Kontakt zu allen Aktiven dort und trainierte mit Valdez und Kadesch bis zum Ende des letzten Jahres sogar noch zwei Vollblüter selber. „Aber dann wurde es mir doch zu viel, zumal ich jeden Morgen noch selber geritten bin und das in meinem Alter“, sagt er verschmitzt. Noch vor gut einem Jahr war der damals neunjährige Valdez der letzte Sieger in der Trainer-Laufbahn, als der Frühstarter einen Lauf zum Bayerischen Amateur-Championat als 103:10-Außenseiter mit Claudia Pledl im Sattel gewann.

Auch seine Lebensgefährtin Katrin Weidner, noch mit Kadesch 2012 auf der Heimatbahn erfolgreich, hat ihre Laufbahn als Amateur-Rennreiterin inzwischen beendet. „Sie müsste sieben Kilo abhungern, das ist des Guten doch etwas zu viel. Aber die Katrin reitet noch jeden Morgen in der Arbeit den Kadesch und fährt danach fast bei jedem Wetter mit dem Fahrrad zur Arbeit“, erzählt der Münchner mit Stolz.

Wenn man den stets optimistischen Reimund Prinzinger zur aktuellen Situation im deutschen Rennsport und speziell in München anspricht, wird er doch ernst. „Ich kann es den Trainern nicht übel nehmen, wenn sie mit ihren Pferden in Frankreich an den Start gehen. Ein Sieg und vielleicht noch eine oder zwei Platzierungen, dann kommt man als Besitzer doch über die Runden, ich würde es jetzt genauso machen. Für unsere Rennbahn hier in Riem hoffe ich, dass wieder mehr Werbung gemacht wird, damit neues Publikum auf die Rennbahn kommt.“

Seine Ausbildung absolvierte der junge Reimund bei seinem Vater Hans in Riem, danach holte ihn Arthur Paul Schlaefke nach Köln. Der spätere Wechsel nach Dortmund war allerdings kaum nach dem Geschmack des damaligen Reiters. „Die B1 wurde in der Vergangenheit enorm stark befahren, und die Fahrzeiten zu den Rennbahnen betrugen teilweise mehrere Stunden. Im Gegensatz zu heute gab es Rennen am Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag.“ Ossi Langner, zu Beginn dessen Trainertätigkeit und gleich drei Engagements bei Sven von Mitzlaff waren die weiteren Stationen des Jockeys.

In einer Saison gewann er für den Horseman gleich 26 Rennen für Zweijährige. „Die müssen nicht immer alle gleich gewinnen“, sagte der Kölner Trainer am Ende des Jahres. Der Derby-Zweite La Tour und die großartige Loisach, Mutter der „Galopperin des Jahres“, Las Vegas, waren überragende Rennpferde aus der Zeit bei Sven von Mitzlaff. „Aber dann wurde der Peter Alafi erster Mann und der wog weniger als ich. Also beendete ich mein Engagement dort und ging zu Georg Zuber.“

Mit dem erstklassigen First Lord wurde er in der Kölner Union Zweiter, doch zwei Wochen vor dem Derby brach sich Reimund Prinzinger während eines Rennens in Weidenpesch das Handgelenk. „Die Koffer waren schon gepackt für Hamburg. Ich war unglücklich, denn First Lord hatte auch seinen Boden gehabt. Der englische Star-Jockey Willie Carson hat ihn geritten und zog viel zu früh in Front mit ihm. Dann war der Bernd Selle zur Stelle und zog im strömenden Regen mit Zauberer doch noch vorbei. Den Sturz in Köln hat mir der Georg Zuber äußerst übel mitgenommen. Er sagte nach dem Derby zu mir: Du hast doch den Gaul ganz genau gekannt.“

Nach zwanzig Jahren mit Rennreiten war dann Schluss. 1995 begann die ruhmreiche Karriere als Trainer, zwölf Jahre lang am Mülheimer Raffelberg. Little Smart, Neapolitano, Tempelherr, Nouvelle Reine, Triade und Woschod waren sicher herausragende Rennpferde.

Die Beste in seiner Laufbahn war jedoch die großartige Indica, „ein Ausnahmepferd“, wie er betont. Zu Beginn ihrer wichtigsten Saison als Dreijährige verletzte sie sich im Frühjahr, worauf der damalige Tierarzt achselzuckend meinte: „Da kannst du nichts machen, außer die Stute auf die Koppel stellen und warten“, denn Indica konnte sich kaum noch bewegen.

Da Besitzer Reinhold Lockmann mit ihr unbedingt in der Diana laufen wollte, entschloss sich Reimund Prinzinger, Indica nach einem Spritzer drei Wochen vor dem Stuten-Derby in einem Ausgleich IV laufen zu lassen, das sie auch gewann. Im wichtigsten Rennen für die dreijährigen Ladys hatte die Athenagoras-Tochter bei der Auslosung enorm viel Pech und musste bei siebzehn Startern von ganz außen ins Rennen. Daher reichte es nur zum siebten Platz.

Danach ging die große Serie mit vier Siegen in den Stuten-Klassikern von Hamburg, Krefeld, Neuss und Hannover aber richtig los. „Dabei konnten wir auch die Diana-Siegerin Highness Lady gleich zweimal schlagen“, erzählt Reimund Prinzinger nicht ohne Stolz. Als Vierjährige bot Indica bei ihren Siegen im Großen Hansa-Preis und vor allem im Aral-Pokal, erstmals auf Gruppe I-Ebene, zwei ganz starke Leistungen.

„Das war für uns das Signal, die Stute im Arc zu nennen. Doch bei ihrem zweiten Platz zu Lomitas im Preis von Europa zwei Wochen erlitt Indica Nasenbluten. Der Tierarzt warnte uns, dass Blut in die Lungen geriet. Ja, im Nachhinein muss man sagen: „Der Lomitas hat in Köln wirklich Glück gehabt.“

Der Name Reimund Prinzinger ist untrennbar mit Taishan verbunden, der bis zum heutigen Tage das einzige Pferd war, das in Hamburg beim Deutschen Derby jemals als Sieger disqualifiziert wurde. „Eines muss ich ausdrücklich betonen: Viele reden vom Taishan, aber die Indica war trotzdem eine ganze Klasse besser, die hat den zerlegt. Der Taishan war ein reiner Galoppierer, während Indica von hinten kam.“

Der Armistice Day-Sohn ging als relativ dunkles Pferd ins Derby, gewann vorher drei Rennen, darunter einen Ausgleich IV bzw. III. Aber im Consul Bayeff-Rennen in Bremen zeigte er hinter Mondrian und Obrero schon seine Klasse. Genau diesen Mondrian bezwang er dann in Hamburg.

„Dann ertönte die Hupe der Rennleitung, doch war ich mir sicher, dass nichts passiert. Nach der Disqualifikation ist für mich eine Welt zusammengebrochen, vor allem bei der Ehrenpreisübergabe für den Zweitplatzierten. Mein Futtermeister sagte damals treffend: Das ist so, als wenn man vor 80.000 Zuschauern den Ball an den Kopf geschossen bekommt.“

Auch der vermeintliche Derby-Siegreiter Roman Madejski war am Boden zerstört. „Doch der bekam sein Reitgeld, als wenn er gewonnen hätte. Später habe ich nie mehr was von ihm gehört“, erzählt Reimund Prinzinger. Und was wurde aus dem tragischen Derby-Helden Taishan? „Der Sheikh wollte ihn für eine Million kaufen, aber die Besitzer, der Stall Borsalino, haben das Angebot abgelehnt. Später gewann er auch noch den Gerling-Preis.“

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