Kennen Sie Charles Ralph Egerton aus Chaddleworth in Berkshire/England? Diese Frage macht zur Zeit die Runde im deutschen Galopprennsport. Der Träger dieses Namens, von dem man nachlesen kann, daß er eine aristokratisch anmutende Kombination von Hobbies hat (Polo, Jagen, Skilaufen), könnte eine Schlüsselrolle für das BMW 137. Deutsche Derby spielen.
Herr Egerton ist nämlich nicht nur ein international erfolgreicher Galoppsportagent, Pferdehändler und vielseitig gefragter Berater in Turfangelegenheiten, er trainiert seit 15 Jahren auch berufsmäßig Galopprennpferde. Einen Starter in Deutschland hatte Herr Egerton noch nie. Zur Zeit hat der frühere Amateurrennreiter (auch in Hindernisrennen) 39 davon in seiner Obhut, ausschließlich im Auftrag englischer und irischer Besitzer. Und unter diesen befindet sich das Pferd, das, wenn es erscheint, die Satteldecke mit der Nummer 1 tragen wird, wenn es um das BMW 137. Deutsche Derby geht: Art Deco.
Der in Irland gezogene Fuchshengst, Sohn des Arc de Triomphe-Gewinners Peintre Celebre, hat zwar auch ein Engagement für den Grand Prix de Paris am Freitag, trotzdem ließ der Trainer bisher offen, was die für die Entscheidung über einen Start in Hamburg bedeutet. Art Deco ist als nicht weit geschlagener Vierter im französischen Derby ein vierbeiniger Promi.
Von Gewichtepapst Harald Siemen, dem ‚Ausgleicher‘ auch für Horn, wird Art Deco in der Rangliste der Derby-Aspiranten noch höher eingestuft als der deutsche Favorit Aspectus. Das will viel heißen, denn Aspectus, im Vorjahr offizieller Winterfavorit und Anfang Juli überzeugender Sieger im Oppenheim-Union-Rennen, ist schon eine Macht.
Seit 1993 ist das Deutsche Derby offen für ausländischen Wettbewerb. Erstaunlicherweise sind bisher aber nur einmal, im Jahre 1994, wirklich starke Gäste aus anderen Rennsportländern am Start erschienen. Das scheint sich diesmal zu ändern, denn unter den 22 beim Streichungstermin am 10. Juli „stehengebliebenen“ Pferden befinden sich außer Art Deco aus England noch 6 Pferde aus Irland, Frankreich und Norwegen im Aufgebot.
4 davon stehen in der Obhut des irischen Supertrainers Aidan O`Brien, einer, Getaway, wird von Frankreichs überragender Trainerfigur André Fabre betreut. Zum Teil handelt es sich dabei um Pferde des Gestüts Schlenderhan bzw. der Familie von Ullmann, die Schlenderhan betreibt. (Georg Baron von Ullmann ist auch der Besitzer von Shirocco, des Derbysiegers von 2004.)
Die letzte große Vorprüfung für das BMW 137. Deutsche Derby, das swb Derby Trial am letzten Sonntag, hat durch den souveränen (und erwarteten) Erfolg von Saddex keine große Veränderung gebracht. Star im deutschen Aufgebot ist seit seinem überzeugenden Union-Sieg Aspectus, aber auch der Zweite dieses Rennens, Lauro, ist unverändert prominent.
Es wird allgemein angenommen, daß er seine wirklichen Grenzen längst noch nicht erreicht, geschweige denn, gezeigt hat. Vergrößert hat sich das Interesse für Dickens. Der Hengst, wie Aspectus ein Vertreter des bedeutenden, im Derby aber bisher auffallend glücklosen, Gestüts Röttgen, siegte am 1. Juli in einer wichtigen Vorprüfung in Dresden.
Die komplette Rangliste der Derbykandidaten finden Sie nachfolgend. Sie ist nicht nur ‚l`art pour l`art‘, sondern ergibt die Programmnummern der letztlich antretenden Teilnehmer. Wenn mehr als 20 Starter angegeben würden, dann würde sie auch darüber entscheiden, welche 20 laufen dürfen. Denn mehr Pferde sind nicht zugelassen. In diesem Jahr aber sollte mit einer Starterzahl von ca. 15 Pferden gerechnet werden – was durchaus optimal wäre.
Ursprünglich, am 10, Februar 2005, waren 224 Pferde für das BMW 137. Deutsche Derby eingeschrieben worden. Bei den drei üblichen Streichungsterminen kristallisierten sich daraus zunächst 181, dann 118 und nun eben 22 Namen heraus. Größere Überraschungen gab es bei den Streichungen nicht, die prominenteste war diejenige für Lateral.
Die Vorstarterangabe ist bis Sonntag, 16. Juli, 17 Uhr fällig, mit einer beschränkten Nachbesserungsfrist bis Dienstag, 18. Juli, 9 Uhr. Am späten Nachmittag des 23. Juli dann schlägt die Stunde der Wahrheit und sie schlägt nur einmal, denn nur einmal in seinem Leben hat ein Pferd die Möglichkeit, im BMW Deutschen Derby zu starten, nämlich dann, wenn es dreijährig ist.
Es dreht sich um 650.000 Euro an Rennpreisen und Prämien, aber um ein Vielfaches davon an Marktwert in der Zucht, im internationalen Vollblut-Monopoly, ferner um Millionen an Wettumsätzen in Deutschland, England und Frankreich.
Aber es geht auch um das Herz des Galopprennsports, um Tradition, um Kultur und um ein wahres Stück Hamburg. Eine zweite Chance gibt es nur bei den Derby-Abkupferungen und Plagiaten in allen möglichen Sportbereichen. Das wahre, legitime Deutsche Derby ist unerbittlich, und auch das ist gut so.