Im Grunde genommen fing es 1967 mit Luciano an. Als Fohlen auf der Newmarket-Auktion für umgerechnet 8 500 Euro vom Belgier Albert Marcour ersteigert, stieg der Henry the Seventh-Sohn drei Jahre später in Hamburg zum Derby-Triumphator auf. Er brach damit einen kleinen Bann, denn in der Regel zeichnete auch in der History des Blauen Bandes der Besitzer des Derby-Sieges auch gleichzeitig als Züchter.
Fünf Jahre später war es Tarim gewesen, der die erfolgreiche Besitzer/Züchterkombination im Derby unterbrach. Auch er hatte über die December-Newmarket-Fohlen-Auktion den Weg in die Bundesrepublik gefunden. Für umgerechnet 27 000 Euro war er in den Besitz von Ferdi Ostermann gekommen.
Von da an reihten sich in schöner Regelmäßigkeit Pferde in die Derby-Siegerliste in, die nicht auf Grund und Boden ihres Besitzers gezogen wurden und aufwuchsen. Jüngstes Beispiel ist nun Dai Jin, gezogen vom Gestüt Schlenderhan, im Besitz von WH Sport International, dahinter verbirgt sich der Trierer Werner Heinz, der im Sportmanagement solche Größen wie Henry Maske, Sven Hannawald oder Formel I-Pilot Nick Heidfeld vermarktet. Aber auch Deutschlands Topmodel Nadja Auerman zählt zu seiner Klientel.
Das Licht der Welt erblickte Dai Jins Mutter Dawlah im irischen Gestüt von Hamdan al Maktoum, seine Shadwell Estate Company steht als Züchter. Als Vater von Dawlah zeichnet Shirley Heights, eine absolut führende Adresse auf dem Hengstemarkt in Europa. Auch als Väter erfolgreicher Mütter stieg der Mill Reef-Sohn zu einem Spitzenstallion auf.
Eine wohl noch bessere Karriere legt sein Sohn Darshaan, aktuell Vater von Dalakhani, hin. Auch in Bezug von erfolgreichen Väter der Mütter. Eine Darshaan-Tochter in der Mutterstutenherde zu besitzen, ist schon ein kleines Juwel. Urjwan, die Mutter von Dawlah, stammt vom US-Spitzenstallion Seattle Slew, womit schon aus diesen Verbindungen eigentlich garantiert war, das Dawlah ausreichende Stamina besitzen sollte.
So war es dann auch. Dai Jins Mutter kam zu Harry Thomson-Jones nach Newmarket in Training, trug den Dress von Hamdan al Maktoum und gewann als Dreijährige die Yorkshire Stand Maiden Staks in Doncaster über 2050 Meter. In einem besseren Handicap und in den Warwick Oaks konnte sich Dawlah platzieren, bei ihrem letzten Start trat sie sogar auf zwei Meilen, also 3200 Meter an.
Sie kehrte nach Beendigung ihrer Rennlaufbahn in Hamdan al Maktoums Gestüt zurück und bekam mit Sadler’ Wells gleich einen prominenten Partner zugeführt. Das Produkt betrat unter Seide allerdings keine Rennbahn. Dann wurde Dawlah tragend von Fairy King, der Mitte und Ende der neunziger Jahre zahlreiche europäische Spitzenpferde, wie Oath (Epsom Derby), Victory Note (Poule d’ Essai des Poulains), Second Empire (Grand Criterium), Princely Hair (Aral-Pokal), Revoque (Grand Criterium), Turtle Island ( Irish 2000 Guineas) und nicht zuletzt Helissio (Prix de l’ Arc de Triomphe) auf der Bahn hatte. Auch bei den arabischen Pferde-Magnaten gilt seit einigen Jahren die Regel, dass es gegen Ende der Saison zu teils durchaus größeren Zäsuren in ihrem Mega-Pferdebestand kommt. So tauchte im Katalog für die ’97er Edition der December Sales in Newmarket Dawlah auf. Die Stute war, wie erwähnt, tragend von Fairy King. Im Gestüt Schlenderhan, wo man stets nach internationalen Blutlinien Ausschau hält, erweckte diese Offerte kein geringes Interesse.
Gebhard Apelt, Schlenderhans Gestütsleiter erinnert sich: „Die Stute interessierte uns vor allem auch aus dem Grunde, da sie tragend vom Spitzenhengst Fairy King war. Es war der letzte Jahrgang des rechten Bruders von Sadler’s Wells.“ Schließlich bekam Schlenderhan in Newmarket de Zuschlag, am 7. März des folgenden Jahres fohlte Dawlah nach Fairy King die dunkelbraune Stute Danika für Schlenderhan als Züchter. Sie wurde zweijährig auf der Kölner GSS-Auktion für 32 000 Mark an den Stall Kytaro verkauft, bestritt aber aus gesundheitlichen Gründen keine Rennen.
Ihr Besitzer Lasaros Arachovitis liess sie von dem in seinem Besitz stehenden Is Tirol decken, aus dieser Verbindung gibt es einen Jährlingshengst namens Dajun, das erste Produkt des Zweiten aus dem Mehl-Mülhens-Rennen. Aktuell wurde Danika von Samum gedeckt.
Schlenderhan war nicht zimperlich, was die erste Partnerwahl von Dawlah anging, die auf das züchterische Konzept der Quadrather Zuchtstätte basierte. Der große Sadler’s Wells war der Auserwählte, doch blieb die Shirley Heights-Tochter leider güst. Auch ein Jahr später war wiederum ein Coolmore-Hengst der Partner für Dawlah. Und zwar Prix de l’ Arc de Triomphe-Sieger Peintre Celebre. Die Stute nahm auf und in Schlenderhan entschloss man sich, Dawlah tragend von Peintre Celebre auf den December Sales in den Ring zu schicken. „Uns schwebte natürlich keine geringe Summe vor, denn der damalige Sprung zu Peintre Celebre lag bei 60 000 irische Guineas. Bei 110 000 Guineas lag das letzte Gebot, erreichte somit nicht ganz den von uns gesetzten Reservepreis“, erklärt Gebhard Apelt. Der von Andre Fabre trainierte Peintre Celebre avancierte für den Chantilly-Trainer und für Olivier Peslier zum ersten französischen Derby-Sieger, war auch erfolgreich im Prix de l’ Arc de Triomphe, avancierte sofort als einer der gefragtesten Stallions in Europa. Nun stellte er mit Dai Jin der seinen ersten Jahrgang repräsentiert, gleich den ersten Derby-Sieger. 1997 in Chantilly wie auch jetzt in Hamburg war Olivier Peslier sein Partner.
Aktuell ist in Frankreich sein Sohn Super Celebre, der wie er die Wildenstein-Farben trägt, hinter Aga Khans Dalakhani die Nummer zwei im Jahrgang.
Es ist eine Art zweiter Wind für Peintre Celebre in seiner Karriere als Deckhengst. Denn der Hengst, der einst im „Arc“ einen Bahnrekord aufgestellt hatte, er hatte doch gewisse Anlaufschwierigkeiten. Als sein zweiter Jahrgang im Jährlingsalter nur einen Schnitt von 41 442 Guineas erzielt (rund 65 000 Euro), dies bei einer Decktaxe von 65 000 Guineas, war dies kein gutes Zeichen. Er wurde auf 37 500 Guineas herunter genommen, in diesem Frühjahr deckte er in Coolmore in seiner fünften Saison in der nördlichen Hemisphäre für 25 000 Euro. Ein Trip als Deckhengst nach Japan verlief enttäuschend, was das Interesse der Züchter anbetraf. „Doch wer hätte ernsthaft erwartet, dass er frühreife Zweijährige stellt“, fragte Tony Morris rhetorisch vor einigen Wochen in der „Racing Post“. Diev Produkte des Nureyev-Sohnes sind sicherlich etwas spätreif, dafür besitzen sie, siehe Day Jin, Stehvermögen und die Fähigkeit, im entscheidenden Moment zu beschleunigen.
Da in Newmarket keiner so recht an ihr interessiert war, blieb Dawlah und das ein Jahr später geborene Fohlen Dai Jin der deutschen Zucht erhalten. Mit Sicherheit ein Glücksfall. Dai Jin zählte zu den zwei Jährlingen, die unser ältestes deutsches Privatgestüt 2001 auf der Iffezheimer BBAG-Jährlingsauktion präsentierte. Neben dem Peintre Celebre-Sohn noch den von Platini stammenden Arinos, der dann allerdings kurzfristig nicht im Ring erschien. Er war in diesem Jahr ebenfalls af Derby-Kurs, zählt mit Sicherheit zur besseren Garnitur. Über die IVA bekam Werner Heinz den Zuschlag für Dai Jin, war während der entscheidenden Minuten via Telefon stets auf Ballhöhe. Der Hammer für die Schlenderhaner Offerte fiel bei 95 000 Mark. Der junge Hengst kam zu Andreas Schütz in Training.
Mit Schlenderhaner Ankäufen hatte der erst vor wenigen Jahren in den Rennsport eingestiegene Heinz beste Erfahrungen gemacht. Wie mit Baselga oder Sherekan. Und mittlerweile gibt er zu verstehen, dass er, solange ihm Georg Baron von Ullmann als Berater zur Seite steht, auch im Galopprennsport aktiv bleiben wird.Schließlich trennte man sich in Quadrath ganz von dieser Linie.
„Wenn wir uns zu diesem Schritt entschieden haben, dann auch mit letzter Konsequenz. Es bliebt zu berücksichtigen, dass Dawlah zwei Nachkommen hatte, die nie ein Rennen bestritten haben und die Stute güst nach Sadler’s Wells wie auch nach Tiger Hill im Jahre 2001 geblieben war“, erklärt Schlenderhans Gestütsleiter die Entscheidung, dass Dawlah tragend von Monsun 2001 auf der ersten Krefelder Stadtwald-Vollblut-Auktion erschien. Sie erzielte 57 000 Mark, war somit einer der Sales-Topper in der Samt- und Seidenstadt. Als Käufer zeichnete Hans-Jürgen Buldt vom Gestüt Directa. „Die Decktaxe betrug für Monsun seinerzeit 40 000 Mark, da waren die 57 000 doch gut investiert“, begründet der Directa-Chef am Tag nach dem Derby während einer Dienstreise in der Schweiz den damaligen Auktionskauf.
Das Produkt, Directa Dancer, kann man auf der diesjährigen BBAG-Auktion in Iffezheim ersteigern. In diesem Jahr fohlte Dai Jins Mutter eine Stute nach Silvano, sie blieb in Fährhof und suchte Championbeschäler Acatenango auf.
So spielt die Natur und Georg Baron von Ullmann dürfte am Sonntag in Hamburg nach dem Derby die kurzen, aber passenden Wort gefunden haben: „Der Derby-Sieg von Dai Jin ist auch gut für Schlenderhan.“