GaloppOnline.de: Die Stiftung Gestüt Fährhof gehörte bei den Jährlingsauktionen zu den größten Anbietern. Wie fällt die Bilanz aus?
Dr. Andreas Jacobs: Der Fährhof hat in diesem Jahr auf Auktionen mehr und besser denn je verkauft. Insgesamt wurden 22 Jährlinge angeboten und 18 verkauft. Dabei lag der Durchschnittspreis bei € 68.000. Gemessen daran, dass die meisten Produkte von unserem Junghengst Black Sam Bellamy stammten, ist dies eine sehr erfreuliche Entwicklung.
Hinzukommen 4-5 Jährlinge, die privat „ab Hof“ verkauft wurden und zu guten Trainern in die USA und England gehen. Grund für die zahlreichen Verkäufe ist die Strategie des Fährhofs, sich mehr auf die Zucht und weniger auf den Rennstall zu konzentrieren. Ausserdem müssen wir dafür sorgen, dass viele Produkte unserer Junghengste auf den Markt kommen und international Werbung machen.
GaloppOnline.de: Erstmals wurden sogar in der Schweiz Jährlinge verkauft. Warum?
Dr. Andreas Jacobs: Unsere Präsenz in der Schweiz hatte drei Gründe. Erstens leben dort einige gute Besitzer die in der Vergangenheit Fährhofer Jährlinge gekauft haben. Der Fährhof ist dort ein Name für Qualität, was wir nutzen und unterstützen wollten.
Zweitens leben in der Schweiz auch einige gute Züchter, die bereits Fährhofer Hengste nutzen, und denen wir Black Sam Bellamy Produkte zeigen wollten. Und drittens wollten wir nicht mit 20 Pferden nach Baden Baden fahren, sondern unser Angebot und damit auch die Risiken breiter streuen.
GaloppOnline.de: Wie war die Resonanz auf die ersten Jährlinge von Black Sam Bellamy?
Dr. Andreas Jacobs: Die Resonanz war enorm positiv. Insgesamt wurden 23 Black Sam Bellamy Jährlinge zu einem Durchschnittspreis von über € 30.000 verkauft, was die Qualität der Pferde unterstreicht und für alle Züchter ein guter Return ist. Unter den Käufern waren Team Valor aus den USA, Anthony Stroud, Mark Tompkins oder Blandford Bloodstock – alles hoch professionelle, internationale Käufer.
Black Sam Bellamy produziert enorm korrekte Pferde mit einem tollen Temperament. Alle wissen, dass er groß ist und keine besondere Frühreife im Blut hat, auch wenn er selbst zweijährig Gr.1 platziert war. Doch am Ende will ein deutscher Züchter und Besitzer in Deutschland ein Gruppe I Rennen gewinnen, und dafür bietet Black Sam Bellamy alle Voraussetzungen. Und ein letzter, kleiner Punkt: Bezüglich seiner Stuten-Nachkommen darf niemand vergessen, dass diese mit ihrem Pedigree, Exterieur und Charakter sicher tolle Mutterstuten werden.
GaloppOnline.de: Fährhof hat ohnehin sehr stark in die PR für seine Hengste investiert. Wie waren die Bedeckungen 2006 und was erwarten Sie für 2007.
Dr. Andreas Jacobs: In diesem Jahr wurden auf dem Fährhof insgesamt 195 Stuten gedeckt. In England (Lomitas), Frankreich (Sabiango) und Süd-Afrika (Silvano) waren es zusammen nochmals 230 Stuten.
Am Standort Fährhof deckten Black Sam Bellamy 77, Königstiger 68 und Ransom O’War 50 Stuten. Damit gehören alle drei Hengste zu den „top ten“ in Deutschland.
Dieser Zuspruch ist nicht nur eine Frage des Marketings, sondern des gesamten Service auf dem Fährhof: Die Qualität der Hengste, die Pflege und Aufzucht der Gaststuten und-fohlen, die überdurchschnittliche Fruchtbarkeitsquote dank unseres Managements, und natürlich die Tasse Kaffee, die jeder Besucher bei uns bekommt. Für 2007 erwarte ich vergleichbare Zahlen, wobei Lomitas dann natürlich endlich wieder in Deutschland mitmischt.
GaloppOnline.de: Das deutsche Vollblutpferd ist zu einem Exportschlager geworden. Glauben Sie, dass der Standard gehalten werden kann, wenn Spitzenhengste wie Lando, Shirocco und Tiger Hill im Ausland stehen und Monsun für den „normalen“ Züchter finanziell kaum erschwinglich ist?
Dr. Andreas Jacobs: Es ist sehr bedauerlich und traurig, dass alle guten Hengste das Land verlassen. Daher haben wir Lomitas zurückgeholt. Leider ist er in Deutschland der einzige proven Sire der „Oberklasse“ über die Gruppe I-Rennen. Das Problem wird verstärkt, indem großartige Pferde, die einmal unter Lasix liefen, in Deutschland nicht züchterprämienberechtigt sind.
Daher steht ein Pferd wie Sabiango in Frankreich, obwohl er in Deutschland mit 2 Gruppe-I-Siegen sein Können gezeigt hat und die Legende seines Vaters Acatenango in Deutschland fortschreiben könnte.
Doch Grund für das Fehlen dieser tollen Hengste sind nicht irgendwelche geldgierigen Gestüte, sondern die katastrophale Situation der Rennvereine bedingt durch den Ausfall und die Verlagerung der Wettumsätze, die die Einnahmen unseres gesamten Geschäftsmodells zum Erliegen bringen, was das Aufstellen eines guten Hengstes in Deutschland wirtschaftlich ad absurdum führt.
GaloppOnline.de: Die Zahl der Pferde im Training geht kontinuierlich zurück. Auch Fährhof hat den Rennstall-Bestand verkleinert. Besteht nicht die Gefahr, dass es eines Tages ganz einfach zuwenig Rennpferde in Deutschland gibt, um überhaupt einen akzeptablen Rennbetrieb aufrecht zu erhalten? Wird von den Züchtern genügend reinvestiert?
Dr. Andreas Jacobs: Diese Frage trifft unser Problem im Kern. Die Wetteinnahmen der Rennvereine haben sich seit zehn Jahren halbiert. Damit steigen die Verluste der Rennvereine und sinken die Rennpreise. Einige retten sich ins Ausland, was das Problem aber nicht heilt.
Dies wurde nicht von Züchtern verursacht, sondern eher von Rennvereinen, die sich von Wettanbietern und –abwicklern die Butter vom Brot nehmen lassen. Im Gegenteil, die Züchter waren in den letzten Jahren teilweise über ihren züchterischen Beitrag hinaus sehr aktiv.
Schauen Sie auf den Rennverein Hannover, den Bremer Rennverein oder auch die BBAG, die durch Züchter aufgebaut oder restrukturiert wurden. Das waren erfolgreichen Einzel-Aktivitäten von Züchtern oder Besitzern. Leider helfen sie dem gesamten Geschäftsmodell nur wenig. Was wir benötigen ist eine Erhöhung der Einnahmen aus unserem Produkt, den Bildern und Daten.
Um das zu erreichen müssen erstens die überdemokratisierten Gremien durch eine wirtschaftlich denkende Führung im Zentrum ersetzt werden. Glaubt irgendjemand ernsthaft, das Direktorium könnte analog Bernie Ecclestone eine „Formel 1“ aufbauen?
Zweitens müssen wir die Rennveranstaltungen und das wenige Geld bündeln auf wenige leistungsfähige Rennvereine, anstatt täglich unzählige halbtote wiederzubeleben. Und drittens müssen wir unser Produkt medienfreundlich definieren und standardisieren. Bezüglich der Umsetzung solcher dramatischer Massnahmen mögen Sie recht haben. Wenn die großen Besitzer und Züchter sich nicht zuammentun, läuft die Uhr weiter von „5 nach 12“ auf „10 nach 12“.