„Seien Sie froh, dass Sie nicht heute morgen hier gewesen sind, da war hier richtig was los“, sagt Trainer Andreas Löwe bei unserem Besuch in seinem Stall im Weidenpescher Park und spielt damit auf einen vorübergehenden Umzug einiger seiner Pferde an, denn der Oleander-Stall wird derzeit runderneuert, bekommt neue Fenster und Türen, sodass einige Pferde vorübergehend andersweitig untergebracht sind.
Nicht vom Umzug betroffen ist der Star im Stall, die Winterkönigin Djumama, denn die hat eine Box im 1984 in Eigenregie mit Unterstützung einiger Besitzer gebauten Stutenstall. In etwa der Mitte des Boxentraktes residiert die höchsteingeschätzte deutsche Stute des Jahrgangs 2008.
„Das ist eine ganz normale Box, keine, in der jetzt zwingend immer die besten Pferde gestanden haben“, sagt Andreas Löwe, der sich nach einem Lanzarote-Urlaub bestens erholt auf die neue Saison freut. In der natürlich Djumama, eine Aussie Rules-Tochter, die Hauptrolle spielen soll. Dafür verantwortlich, dass sie im Stall steht, ist der Alterspräsident der Kölner Trainer höchstpersönlich, denn er war es, der die nun Dreijährige vor zwei Jahren auf den Newmarket December Sales erwarb.
„Ich bin immer schon einen Tag vorher in Newmarket, um mir die Pferde anzusehen, die ich mir beim Studium des Auktionskataloges vorher ausgesucht habe. Das waren so in etwa 120. Nachdem ich mir die Pferde angesehen habe, blieben dann noch zehn bis 12 Pferde übrig, zu denen gehörte natürlich auch Djumama.
Ich habe sie in erster Linie wegen des Danehill-Blutes ausgewählt, nicht speziell weil sie von Aussie Rules stammt. Sie ist ja auch ein richtiger Danehill-Typ. Und da sie mir vom Gebäude her sehr gut gefiel, kam sie auch in die engere Wahl. Man weiß ja auch, was der Besitzer sich wünscht und in diesem Fall war ich auch in Newmarket, mit der Vorgabe, ein Pferd für den Stall Phillip I zu kaufen“, sagt Löwe.
Doch auf einer Auktion ist man natürlich nicht alleine, und man bekommt nicht immer auch das, was man haben möchte. „Man merkt aber schon, wie eine Auktion verläuft, und bei dieser waren die Preise moderat, sodass ich abwarten konnte. Ich stand auch ständig in Kontakt mit dem Besitzer, der die Auktion auch live im Internet verfolgte. Das war natürlich auch sehr spannend für diesen“, erklärt Andreas Löwe, der bei 22.000 Guineas schließlich den Zuschlag bekam.
„Auch wenn man auf der Auktion von einem Pferd überzeugt ist, ist man trotzdem gespannt, wie sich dieses dann präsentiert, wenn es im Stall ankommt“, sagt Löwe, der sich bei Djumama diesbezüglich aber keine Sorgen zu machen brauchte. Zwar erwies sich Djumama als temperamentvoll, wenn es ans schnelle Arbeiten ging, aber sonst als sehr phlegmatisch.
„Ich hatte so eine Arbeit mit ihr, aber sie kann richtig etwas“, sagte ihre Pflegerin und ständige Reiterin Magda Szewa, die eine bewährte Kraft am Stall von Andreas Löwe ist, nach den ersten schärferen Arbeiten und lag damit goldrichtig.
„Das war genau die Aussage, die wir auch Jan Palik beim ersten Debüt von Djumama in Hannover mitgegeben haben, dass er nie aufhören soll zu reiten, bis ins Ziel.“, erinnert sich Andreas Löwe. Und genau so kam es, in einem spannenden Endkampf gegen die Auenquellerin Turia hatte Djumama auf der Linie den Kopf vorne.
Nach diesem guten Einstand war das Ziel von Djumama, die sich bei unserem Besuch mit glänzender Jacke präsentiert („sie hatte nur wenig Winterfell“, so Löwe), natürlich der Preis der Winterkönigin in Baden-Baden. Als Jockey hatte man Adrie de Vries ausgewählt, da man einen in derartigen Rennen erfahrenen Reiter haben wollte, der zudem auch im Finish das Pferd richtig stark unterstützen kann, was bei Djumama bekanntlich notwendig ist.
Die Bodenverhältnisse präsentierten sich in Iffezheim ganz anders als in Hannover. War das Geläuf auf der Neuen Bult gut, so hatten starke Regenfälle das Badener Hippodrom doch sehr in Mitleidenschaft gezogen, sodass der Boden mit „schwer“ bezeichnet wurde. Doch das war für Djumama kein Problem. „Sie ist bodenunabhängig, aber ich glaube eigentlich schon, dass sie auf gutem Boden noch etwas besser ist“, sagt ihr Trainer, der im Finish durch ein Wechselbad der Gefühle ging.
„Ich hatte im Endkampf das Gefühl, dass sie Dritte oder Vierte wird, bessere Chancen schien für mich lange Lips Poison zu haben, doch dann bäumte sie sich noch einmal auf und fand den höheren Gang“, blickt Andreas Löwe zurück, der die aktuelle Winterkönigin von der Qualität her in einem Atemzug mit den klassischen Siegerinnen Portella, Lolita und Mystic Lips nennt. Natürlich weckt ein Pferd mit solchen Erfolgen auch das Interesse anderer Besitzer.
„Es kamen die üblichen Anfragen der Agenten, aber etwas Konkretes war nicht dabei, das könnte daran liegen, dass der Markt doch etwas mit Danehill-Blut übersättigt ist“, erklärt Andreas Löwe, der mit der Stute, die im aktuellen GAG mit 93 Kilo bedacht wurde, natürlich auf die Klassiker zielt.
„Erstes Ziel sind die 1.000 Guineas in Düsseldorf. Und da sie ja auf schwerer Bahn über 1600 Meter gewonnen hat, traue ich ihr auch das Stehvermögen für die Diana zu, obwohl man sich da manchmal auch täuschen kann“, berichtet der Stuten-Spezialist, wobei es gut sein kann, dass Djumama ohne Vorbereitungsrennen in den ersten Klassiker des Jahres geht.
Die Reiterfrage möchte man von Fall zu Fall klären, da die Spitze bei den Jockeys in Deutschland recht dünn ist, könnte es durchaus sein, dass man auch mal einen ausländischen Top-Jockey einfliegen lässt. Über Winter hat sich die Top-Stute des Jahrgangs 2008 sehr zur Freude ihres Trainers entwickelt. „Sie hat ein tolles Gebäude, eine tolle Hinterhand, es passt einfach alles. Und einen starken Charakter hat sie auch.“
Andreas Löwe gerät ins Schwärmen, wenn er die Box der Stute betritt. In den letzten Wochen hat man witterungsbedingt natürlich nur wenig mit den Pferden arbeiten können, davon war auch Djumama betroffen, für die somit nur Trabarbeit auf dem Trab-Ring anstand.
„Am Montag haben wir aber wieder mit kleinen Cantern angefangen, das tat den Pferden zur Enspannung sehr gut“, so Andreas Löwe, der natürlich genau weiß, was zu tun ist, um ein klassisches Rennen zu gewinnen, schließlich hat er mit Portella (2002), Shapira (2004) und Lolita (2006) bereits dreimal die 1.000 Guineas-Siegerin gestellt und mit Silvester Lady (2001) und Mystic Lips (2007) auch zweimal die Diana-Siegerin gesattelt.
Es wäre also wieder an der Zeit für einen Klassik-Sieg. Und Djumama, der Winterkönigin, ist der Sieg allemal zuzutrauen, wenn auch vielleicht erst genau auf der Ziellinie.