Das Derby 1989 zählt zu den Kuriosesten in der Geschichte. Das Derby war gelaufen, aber nichts war entschieden. Im Waagegebäude und an anderen Plätzen auf der Horner Rennbahn entbrannten Diskussionen. Die Protestsirene tönte über dem Hippodrom, ein Pferd mit Reiter kehrte, ohne am Rennen teilgenommen zu haben, in den Absattelring zurück. Ein Chaos bahnte sich nach dem Derby 1989 an, als der Außesneiter Taishan vor dem favorisierten Mondrian gewonnen hatte und Argentano einfach am Start vergessen worden war.
Hamburgs Geschäftsführer Heinz Kütemann stand mit seinen breiten Schultern wie ein Türsteher vor der Discothek im Hamburger Waagegebäude vor dem Zimmer der Stewards. Keiner sollte die Herren stören. Sie hatten eine der schwierigsten Entscheidungen zu treffen, die man als Rennleitung zu fällen hat: Behält der Derby-Sieger seinen Erfolg, oder verliert er das „Rennen aller Rennen“ am grünen Tisch? Was war passiert? Nachdem sich Taishan zu Beginn der Geraden früh auf wachsenden Vorsprung vom Feld abgesetzt hatte, war ihm Mondrian zuletzt als einziger gefolgt.
Roman Madejski spürt zuletzt, dass Taishans Kräfte nachließen und er setzte die rechts geschwungene Peitsche nicht unerheblich ein. Mit dem Ergebnis, dass sein Pferd zur Seite tendierte und Mondrian, der am Schweif von Taishan angekommen war, ins Gehege kam. Kevin Woodburn zog auf Mondrian alle Register seiner Erfahrung und ließ allen optisch erkennen, dass er behindert wurde. Im Ziel war Taishan mit eindreiviertel Längen voraus, doch die Rennleitung kippte das Ergebnis.
Genau 27 Minuten, nachdem das 120. Deutsche Derby auf dem grünen Rasen entschieden worden war, wurde das Resultat im Zimmer der Rennleitung korrgiert: Mondrian stieg zum Derby-Sieger auf. Taishans Team ging in die Berufung, doch das Renngericht wies diese Berufung der Besitzer von Taishan zurück. Vorsitzender Heinz Faßbender begründete die Entscheidung so: „Die Geschichte ist voll von großen Rennen, die im letzten Galoppsprung gewonnen worden sind. Mondrian blieben noch über 100 Meter oder 13 bis 15 Galoppsprünge, um dieses Ziel zu erreichen.“
Doch die Disqualifikation des Derby-Siegers war nicht die einzige Aufregung an diesem 2. Juli 1989 auf dem Horner Moor gewesen. Als sich die Boxen zum Holsten Cup – Deutsches Derby öffneten, stellte Besitzer Hans Klöber fest, dass man seinen Starter Argentano glatt vergessen hatte. Der 700:10-Außenseiter musste noch als Letzter in die Boxen einrücken, als der Hilfsstarter in einem Augenblick der Verwirrrung die Flagge hob.
Was das Zeichen für den Hauptstarter Jobst Spengemann bedeutete, auf den Knopf zu drücken und das Derby-Feld auf die Reise zu schicken. Zum Entsetzen von Besitzer Hans Klöber, der sein Pferd Argentano, als die Teilnehmer erstmals die vollbesetzten Tribünen passsierte, vergeblich im Feld suchte. Schließlich sah er sein Pferd unter Reiter Dragan Dragan Ilic an der Startstelle gemütlich Schritt gehen.
Der Hamburger Renn-Club ersetzte dem verständlicherweise empörten Besitzer zwar großzügig alle Kosten, doch reichte Hans Klöber kurz darauf eine Klage auf Zahlung des vierten Platzgeldes ein. Es erfolgte jedoch eine gütliche Einigung. Neun Jahre später kam Hans Klöber durch Robertico zum Derby-Sieg. Doch da war er nicht nach Hamburg gereist, sonderen hatte zeitgleich zur Derby-Entscheidung einen Spaziergang in der Nähe seines Hauses vorgezogen und sich hinterher das schöne Resultat aus Hamburg von seiner Ehefrau mitteilen lassen.