‚Wussten nicht, gegen wieviele wir laufen‘

Der Beelener Trainer Rudolf Storp hat sein Lot aktuell riesig in Schwung. Doppelsiege in Düsseldorf am 1. Mai und am Mittwoch, Ausgleich II-Treffer mit Fuyijama Danon in Leipzig und ein Auslandstreffer mit dem „guten Ding“ Carlos Moheba in Nantes. Doch am vergangenen Montag schrieb der 69-Jährige wohl deutsche Turfgeschichte, als ihm etwas gelang, was unserer Meinung nach ein Novum im deutschen Turf darstellt.

Er stellte einen Sieger auf der Insel Guernsey, der nach der Insel Jersey zweitgrößten, der britischen Kanalinseln, laut Falk-Routenplaner fast auf den Kilometer tausend Kilometer von Beelen entfernt.

Während es auf Jersey auf der Renbahn Les Landes von April bis September insgesamt neun Renntage gibt, findet auf Guernsey in jedem Jahr nur eine Veranstaltung statt, nämlich am ersten Montag im Mai, dem „Spring Bank Holiday“.

Veranstaltungsort der Rennen ist die Rennbahn L’Ancresse, ein rund 1800 Meter langer Rechtskurs, die Rennkarte umfasste fünf Rennen, allesamt Ausgleiche mit dem mit 5.000 Guernsey-Pfund (1:1 identisch mit dem britischen Pfund) dotierten Ravenscroft Channel Islands Handicap als Höhepunkt. Und genau diese Veranstaltung hatte sich der Warsteiner Besitzer Bernward Weber für seine beiden Stuten Style and Panache und Nice Story ausgesucht.

„Die Idee kam nicht von mir, sondern von meinem Freund Fritz Peckedrath vom Gestüt Ithilien. Er weiß, dass ich für solche verrückten Sachen empfänglich bin, und hat die Rennen in Guernsey ausgeleuchtet“, so Weber, der sich gemeinsam mit seinen beiden Pferden am Samstagmorgen von Beelen aus auf den Weg Richtung Guernsey machte. „Den Trainer haben wir zuhause gelassen, der war ja gerade erst in Nantes, daher wollten wir ihm eine solche Reise nicht zumuten“, so Bernward Weber, der durch den Turf-Agenten Axel Donnerstag an Style and Panache und Nice Story, beide England-Importe, gekommen war.

„Herrn Donnerstag bin ich sehr dankbar, Style and Panache hat lediglich 900 Euro gekostet“, sagt der 41-Jährige, der ergänzt, dass die ganze Expedition ohne die Hilfe von vielen anderen Personen gar nicht möglich gewesen wäre.

„Wir haben von Samstag auf Sonntag in Dover übernachtet, was uns der Shipping Agent John Parker, der eine Spedition besitzt, ermöglicht hat.“ Am Montag kam man schließlich um 12.30 Uhr auf der Rennbahn L’Ancresse an.

„Wie wir da begrüßt wurden, mit welcher Freundlichkeit, das war schon sensationell. Wir sind behandelt worden wie Könige, wurden sogar von der Fähre abgeholt“, sagt Weber, der, als er mit seinen Pferden die Reise Richtung Guernsey antrat, noch gar nicht wusste, mit wievielen Gegnern seine Pferde es in ihren Rennen zu tun hatten.

„Die Internetseite des Guernsey Race Clubs gibt nicht wirklich viel her. Wir wussten gar nicht, gegen wieviele wir laufen“, sagt Weber, für dessen Pferde man einheimische Jockeys verpflichtete. Style and Panache, die es, wie sich später herausstellte, in einem mit 3.000 Pfund dotierten 1200- Meter-Handicap mit sieben Gegnern zu tun hatte, wurde von Philip Prince geritten, wohl eine Art „Frankie Dettori Guernseys“, denn er gewann gleich drei der fünf Rennen. Im Sattel von Nice Story, die in einem 2400-Meter-Handicap auf vier Gegner traf, saß James Hughes.

„Auf der Bahn waren etwa 3000 Zuschauer. Die Kursführung ist Harzburg-like, bergauf, bergab mit vielen scharfen Ecken“, erklärt uns Bernward Weber, der nicht nur Besitzer, sondern auch Führer von Style and Panache war, die im vierten Rennen antreten musste und mit der Referenz eines sechsten Platzes aus einem Frankfurter Ausgleich IV an den Start ging.

Bei 60:10 wurde die sechsjährige Trans Island-Tochter bei den Buchmachern, die natürlich auf der Bahn nicht fehlen durften, gehandelt. „Gewettet haben wir aber nicht“, so Bernward Weber, der das aber besser mal getan hätte, denn seine Stute ging in dem Fliegerrennen spazieren und gewann mit sieben Längen Vorsprung gegen den von David Evans trainierten Haadeeth.

Kurios: Genau dieser David Evans, der Trainer des Zweitplatzierten, war früher der Betreuer von Style and Panache. Die Stute schlug also einen ehemaligen Trainingsgefährten. Auch im Rennen waren die beiden einmal aufeinander getroffen. Vor fast genau zwei Jahren, am 30. Mai 2012 belegten sie in einem 1000-Meter-Sprint in Ayr die Plätze fünf und sechs, damals war Style and Panache aber lediglich einen Kopf vor Haadeeth. 1800 Pfund gab es für die Siegerin, zudem einen Ehrenpreis für ihren Besitzer.

„Das war schon eine tolle Sache“, freute sich Bernward Weber, der noch einmal betont, mit welcher Gastfreundschaft man ihm auf Guernsey entgegentrat. „Ihr müsst wiederkommen“, sagten ihm die Verantwortlichen des Race Clubs, der seit 2005 wieder Rennen auf der von rund 65.000 Einwohnern bewohnten Insel veranstaltet. Und nachdem Nice Story in ihrem Rennen als Dritte einen sicherlich unvergesslichen Tag für den Warsteiner Besitzer abrundete, ist es wohl nicht unwahrscheinlich, dass er diese Einladung annimmt.

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