Winter in Köln-Weidenpesch. Von den zur Zeit vorherrschenden Schneemassen bleibt auch die Rennbahn nicht verschont. An Cantern auf der Bahn ist nicht zu denken, so dass auch im Asterblüte-Stall von Peter Schiergen ein reines Winterprogramm angesagt ist. Rund 120 Pferde werden von Peter Schiergen betreut, warten auf die tägliche Bewegung, die sich auf Trab-, Galopp- und Schrittrunden in der großzügigen Rundhalle beschränken.
Einer von denen, die auf ihren Ausgang warten ist Silvaner, der in den Farben von Margot Herbert in diesem Jahr den Preis des Winterfavoriten gewann.
Betritt man den Stall von Peter Schiergen, ist Silvaner gleich vorne in einer Reihe mit ebenfalls schon profilierten Kollegen und zukünftigen Derbyaspiranten zu finden. Zunächst kommen die Boxen von Salut und Lindenthaler, dann folgt Silvaner und auch Saltas ist dichtauf in dieser Reihe zu finden. Spricht man Peter Schiergen darauf an, ob die Reihenfolge eine Aussage über die Einschätzung der Derbychancen seiner Schützlinge gleichkommt, widerspricht der erfolgreiche Trainer energisch. Die Aufstellung sei rein zufällig gewählt.
Alles andere als zufällig ist jedoch, dass Silvaner im Asterblüte-Stall von Peter Schiergen das Rennpferde-Einmaleins gelernt hat. Seine aus Frankfurt stammende Besitzerin Margot Herbert, deren rosa-schwarz-gestreiften Farben seit rund 50 Jahren auf der Rennbahn vertreten sind, lässt seit dem Wechsel von Andreas Schütz nach Hong Kong ihre Pferde im Asterblüte-Stall vorbereiten und nimmt bei der Auswahl ihrer Pferde auch gerne den Rat von Peter Schiergen in Anspruch.
Während der größte Teil ihrer erfolgreichen Rennpferde auf der Scholle des Gestüts Etzean aufgewachsen sind, u. a. die Winterkönigin Sorrent, wurde Margot Herbert mit Saphir erstmals auch im Gestüt Fährhof fündig.
Der Black Sam Bellamy-Sohn schlug gleich richtig ein, gewann dreijährig auf Gruppe-III-Ebene in München, so dass es kein Wunder war, dass der Fährhof auf der Suche nach einem patenten Jährling auch im Jahr 2009 mit einbezogen wurde.
Ein Steher sollte es sein, der Richtung Derby marschieren sollte. Drei Youngster standen zur Auswahl, von Königstiger, Black Sam Bellamy und Lomitas. Peter Schiergen: „Ich bin extra nach Sottrum auf den Fährhof gefahren, alle drei Pferde haben mir gut gefallen, aber ich bin halt ein Lomitas-Fan, daher ist die Wahl auf Silvaner gefallen“, kommentierte Peter Schiergen den Kauf von Silvaner, mit dessen Vater er einst als Jockey den Junioren-Preis und den Großen Preis von Baden gewann.
Neben den Erfolgen mit Lomitas ist Peter Schiergen auch die Mutterlinie seines Schützlings gut bekannt. Im Sattel von Silvaners Großmutter Suivez gewann der Kölner Erfolgscoach zwei Rennen, bis die Fioravanti-Tochter aus der Schwarzgold-Linie in die Zucht wechselte und dort so gute Pferde wie Shining (GAG 90 kg) und Simoun (GAG 97,5 kg) brachte, die schon ebenfalls schon von Peter Schiergen betreut wurden.
Darüber hinaus ist Suivez auch die Großmutter von Stacelita, die als Siegerin im Prix de Diane und Prix Vermeille Turfgeschichte geschrieben hat.
Tritt man an die Box von Silvaner, benimmt er sich trotz seiner jungen Jahre schon wie ein Star. Er weiß genau, wann es Zeit ist, dass sein Pfleger Marius Sadowski zum Satteln kommt. Bis dahin verbringt er seine Zeit mit gemächlichem Fressen und hat der Boxentür gerne seine kapitale Hinterhand zugewandt.
„Sprechstunde“ für zufällig vorbei kommende Besucher hat er nicht wirklich und lässt sich auch durch lockende Rufe nicht dazu bewegen, von seinem Heu abzulassen. Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn Marius Sadowski die Box betritt. Wie jeder junge Hengst „gämmelt“ Silvaner gerne, versucht beim Auftrensen schon einmal einen Zügel oder einen Jackenärmel zu erwischen ist ansonsten aber hochmotiviert.
Peter Schiergen, der es sich nicht nehmen lässt, regelmäßig in den Sattel seiner Schützlinge zu steigen: „Silvaner zu reiten macht einfach Freude und bringt gleich gute Laune. Schon beim Satteln kann man merken, wie er sich auf die Arbeit freut und anschließend sehr zufrieden mit sich ist. Darüber hinaus hat er die elegante Aktion von Lomitas und ist vom ersten Tag sehr gut ausbalanciert gewesen, wechselt flüssig und fließend immer auf das richtige Bein.“
Seinen Vater kann Silvaner auch über die Aktion hinaus nicht verleugnen. Im Aussehen schlägt der Youngster trotz seiner braunen Farbe ebenfalls ganz nach dem Fährhofer-Topbeschäler. Neben der langen, schön geneigten Kruppe und der Halsung ist vor allen Dingen der feine Kopf mit der breiten Stirn ganz „Lomitas“.
„Mit seinem hübschen Kopf sieht er fast aus wie eine Stute“, bemerkt auch Marius Sadowski, der Silvaner seit seiner Ankunft im Asterblüte-Stall betreut und „eigentlich“ nur Gutes über den aktuellen Winterfavoriten zu berichten weiß. „Silvaner ist halt ein bewegungsfreudiges Pferd und auch zu Streichen aufgelegt.
Als er noch jünger war, hat er mich und andere schon das ein oder andere Mal in den Sand befördert. Aber das hat sich inzwischen gelegt, auch wenn er im Winter natürlich frisch ist. Er ist aber ein kluges Pferd, das schnell lernt.“ Darüber hinaus hat Marius Sadowski auch seine ganz eigene Einschätzung, was das Können von Silvaner betrifft.
Im Asterblüte-Stall von Peter Schiergen ist es üblich, dass die Pferde feste Pfleger haben, die ihre Schützlinge nach Möglichkeit auch im Training reiten. Marius Sadowski ist unter anderem auch für Silvaners Stallgefährten Saphir zuständig, so dass der direkte Vergleich möglich ist. Marius Sadowski: „Saphir ist ein gutes Rennpferd, aber ich persönlich glaube, dass Silvaner diesen an Können übertreffen wird.“
Auf die Frage, wo Silvaner in der nächsten Saison anfangen wird, mag sich Peter Schiergen noch nicht festlegen. Fest steht nur, dass die Route Richtung Derby gehen soll, für das Silvaner standesgemäß eine Nennung erhalten hat. „Es könnte sein, dass Silvaner im Dr. Busch Memorial anfängt, aber das müssen wir erst einmal sehen“, lässt sich der Erfolgscoach dann doch noch zu einer Antwort hinreißen.
Das Dr. Busch Memorial gewann im übrigen auch Lomitas auf seinem Weg Richtung Derby, in dem er unter Wert geschlagen hinter Temporal „nur“ Zweiter wurde und das letztendlich nur eine unbedeutende Station in seiner außerordentlich erfolgreichen Karriere war.
Der Weg für Silvaner bis zum Blauen Band oder gar einer Karriere im Stil seines Vaters ist noch weit. Zuvor steht erst einmal das Wintertraining in der Halle mit Marius Sadowski und das weihnachtliche Fresspaket seiner Besitzerin Margot Herbert an, das diese wie in jedem Jahr für ihre Pferde persönlich im Asterbllüte-Stall vorbei bringen wird.
Aber wie stets muss ein Schritt vor dem anderen erfolgen und den ersten hat Silvaner mit dem Sieg im Preis des Winterfavoriten schon in die richtige Richtung getan. Alles weitere werden die Zukunft und die neue Saison zeigen. Dafür wünschen wir viel Glück, Silvaner!