Die Saison 2007 steht – was die Siege der Trainer angeht – bislang eindeutig im Zeichen eines Mannes: Christian von der Recke. Der „Magier aus Weilerswist“ führt die Statistik seiner Zunft mit einem Vorsprung an, wie es ihn in dieser Sparte lange nicht mehr gegeben hat. Wie kaum ein anderer Trainer hat er verinnerlicht, dass zu seinem Beruf nicht nur die Arbeit mit den Pferden, sondern auch das Management gehört. Computer und Mobiltelefon sind sozusagen heutzutage genau so wichtig wie die Trainingsbahn.
„Da tun sich einige Kollegen eben teilweise noch schwer. Dass wir in diesem Frühjahr so viele Rennen gewonnen haben, liegt natürlich auch daran, dass wir das neue System ausgenutzt haben, bei dem die Gras- und Sandbahnrennen eigenständig behandelt werden“, erklärt der Chef des Hovener Hofs. Beste Beispiele sind die England-Importe wie z. B. Cavan Gael oder Boss Mak, die zahlreiche Rennen gewonnen haben.
Cavan Gael war mit einem Preis von lediglich 1500 Euro dabei ein echtes „Schnäppchen“. Besitzer Georg von Schmidt-Pauli, einer der langjährigen Kunden des Stalles, wird sich gefreut haben, dass er das Angebot seines Trainers angenommen hatte. Denn „verkauft“ hat er sich mit dem Vierjährigen wahrlich nicht.
„Viele fragten mich, warum ich ihn denn nicht selber behalten hätte, aber das will ich ja gar nicht. Wenn ich die besten Pferde immer selber behalten würde, heißt es nachher, ich würde nur schlechte Pferde verkaufen, aber dem ist ja nicht so“, sagt der Trainer, der im Jahr etwa 15 Auktionen, vornehmlich in England, besucht. „Das Gute ist, dass ich genau weiß, was meine Besitzer wollen. Ich kaufe auf den Auktionen Pferde und habe dann eben auch die Leute, an die ich sie weiter vermitteln kann. Zudem sind die Auktionen auch unheimlich wichtig, um Kontakte zu knüpfen.
Dort lernt man neue, potenzielle Besitzer kennen, kann Kontakte zu anderen Trainern knüpfen, sich austauschen. Ich denke, eigentlich, dass der Besuch von Auktionen Pflicht für einen Trainer ist“, sagt Recke, der besonders im britischen Rennsport mittlerweile beste Connections hat.
So findet zwischen dem Recke-Stall und dem englischen Quartier von Trainer Milton Harris ein reger Austausch von Pferden statt. „Mit Milton Harris arbeite ich viel zusammen. Es ist eben einfach so, dass jedes Pferd in einem bestimmten System irgendwann einmal am Limit ist. Und dann muss man eben versuchen, es in einem anderen System unterzubringen. So macht es für einen Besitzer eben oft Sinn, ein Pferd zu verkaufen, wenn es hier nicht weiter kommt. In einem anderen Land, sei es England oder Belgien, kann es dann eben wieder Geld verdienen. Damit ist allen Seiten gedient.
Ich finde das auch gegenüber den Besitzern nur fair, wenn man ihnen sagt, wenn ein Pferd an seinen Grenzen ist. Er hat doch mehr Spaß, wenn er es dann gut verkauft bekommt und sich für den Erlös ein neues Pferd leisten kann, das wieder Rennen gewinnen kann“, erklärt Recke seine Philosophie in der er auch einen Grund für seinen Erfolg sieht.
„Das Wichtigste ist, dass die Besitzer zufrieden sind. Sie bezahlen den Sport und bestimmen deshalb auch letzlich, was passiert. Deshalb ist es wichtig, dass man sich an ihren Wünschen orientiert. Ich weiß, was meine Besitzer wollen, und kann ihnen dafür die passenden Pferde offerieren. Ich sehe mich als eine Art Anlageberater für meine Besitzer.
Ein gutes Beispiel ist Bernd Raber, der Champion der Besitzer bei den Hindernispferden 2006. Er hat vollstes Vertrauen in mich, lässt mich für ihn die Pferde aussuchen. Ich weiß, was für Pferde er möchte, und er weiß, dass ich sie ihm besorgen kann. Natürlich ist nicht jeder Kauf ein Volltreffer, aber Pferde wie Helmac oder Our First Chesnut haben voll eingeschlagen und ich denke, da kann man schon zufrieden sein“, sagt Recke, der besonders von letzterem wirklich angetan ist. „Ein Top-Springer, der wird seinem Besitzer noch viel Spaß machen“, heißt es über den Fuchs, der innerhalb von zehn Monaten sechs Rennen gewann und über 25.000 Euro verdient hat.
Dass er ein Meister des Managements ist, beweist von der Recke Jahr für Jahr. Für jedes Pferd das passende Rennen zu finden, Ausschreibungen zu studieren, sei es im In- oder Ausland, das hat der ehemalige Amateurrennreiter und zehnfache Champion der Hindernistrainer nahezu perfektioniert.
Bestes Beispiel ist der Fuchs Champus, ein hochtalentierter, dreijähriger Banyumanik-Sohn, der nur aufgrund seines etwas schwierigen Charakters im letzten Jahr noch nicht gewonnen, sich aber stets mit der Jahrgangsspitze herumgeschlagen hatte. Für ihn fand der Coach ein Rennen in Le Croise-Laroche, einer Bahn mit vielen Bögen und kurzer Geraden, die ihm sehr entgegen kam. Und das Beste daran: Das Rennen war mit 22.000 Euro dotiert, soviel wie hierzulande fünf Sieglosenrennen zusammen. „Das hat auch gezeigt, dass es mir nicht nur um Punkte geht, sondern darum, jedes Pferd da laufen zu lassen, wo es am besten Geld verdienen kann“, sagt von der Recke, der auf seiner wunderschönen Anlage in der Nähe der A 61 rund 100 Pferde betreut.
Eine Anlage, die der Trainer auch als einen großen Pluspunkt sieht. „Es ist schon ein Vorteil, wir sind hier ungestört, können arbeiten, wie wir wollen. Da sind die Trainer, die eigene Trainingsbahnen haben, schon im Vorteil. Auf einer Rennbahn dauert es doch meistens sehr lange, wenn irgendetwas gemacht werden muss oder nicht in Ordnung ist. Hier wird etwas, wenn es kaputt geht, gleich repariert“, sagt der „Chef“, dessen Pferde seit Juni letzten Jahres auf einer neuen, über 1600 Meter führenden Sandbahn arbeiten, die nicht unwesentlich zum Erfolg der letzten Monate beitrug.
„Als ich einmal mit dem irischen Trainer Noel Meade im Taxi saß, hat er mir von seiner Trainingsbahn erzählt. Also bin ich dorthin gefahren und habe mir diese Bahn angeschaut. Ich war überzeugt und so haben wir diesen speziellen Sand auch bei uns angelegt. das dauerte drei Wochen, während dieser Zeit mussten wir beim Training etwas improvisieren“, sagt Recke, dem also auch in diesem Fall seine guten Kontakte weiterhalfen.
„Man muss immer auf dem Laufenden sein, sei es bei so etwas oder auch, was medizinische Dinge angeht. Die Entwicklung auf diesen Gebieten macht ja nicht Halt“, so von der Recke, der einen weiteren Grund für den Erfolg seines Quartieres auch in der Auswahl der Reiter sieht. „Ich kümmere mich immer frühzeitig um die Jockeys, und mit Torsten Mundry, Andreas Suborics, Adrie de Vries oder Andrasch Starke habe ich immer Topjockeys die für mich reiten. Und auch auf den kleinen Bahnen sind wir immer gut aufgestellt, was die Reiter betrifft.
Für die Hindernisrennen ziehen wir meistens Jan Korpas heran, der auch dreimal die Woche morgens bei uns ausreitet“, heißt es von Seiten des Trainers, der zudem mit Raoul Dygas und Rene Piechulek auf zwei Erlaubnisreiter zurückgreifen kann, von denen sich Ersterer in dieser Saison bereits auszeichnen konnte.
Als „Hindernistrainer“, wie man ihn ihn seinen Anfangszeiten oft titulierte, ist Christian von der Recke natürlich schon seit Jahren nicht mehr zu bezeichnen, aber dennoch lässt ihn der Sport zwischen den Flaggen nicht los. Viele Pferde werden eingesprungen, was sie ja oft auch auf andere Ideen bringt und Leistungssteigerung auf der Flachen bewirkt.
Der Hindernis-Parcours mit fünf Hürden garantiert eine optimale Schulung der Pferde. Mit dem Seriensieger und Seejagdrennen-Spezialisten Helmac („Er soll nur noch in Seejagdrennen laufen“), dem bereits erwähnten Our First Chesnut, Quirino und natürlich Fiepes Shuffle, hat von der Recke auch vier der besten deutschen Hindernispferde in seinem Stall.
Wie in den meisten Rennställen ist auch bei den „Recken“ die Ehefrau bei der Büro-Arbeit eine unerlässliche Hilfe. Claudia von der Recke, die unter ihrem Mädchennamen Goeldel noch als Amateurrennreiterin ein Begriff ist, kümmert sich insbesondere um die Internetseite www.rennstall-recke.de, auf der man sich über alle Dinge (News, Erfolge, zum Verkauf stehende Pferde), die das Weilerswister Quartier betreffen, aktuell informieren kann. Zudem kann man die gesamte Anlage per Luftbild bestaunen.
Aber auch in der Trainingsarbeit ist die Gattin des Trainers als Reiterin aktiv. Mit Wunschtaler brachte sie einst aus München auch den ältesten Stallinsassen mit nach Weilerswist. 22 Lenze hat der Wallach mittlerweile auf dem Buckel. Natürlich darf der Peloponnes-Sohn in Deutschland längst nicht mehr am Rennbetrieb teilnehmen und laufen soll er ja auch gar nicht mehr. Doch ein passendes Rennen würde Christian von der Recke wahrscheinlich auch noch für ihn finden….