In Glanzzeiten war es eine der führenden Vollblutadressen Deutschlands. Das Gestüt Erlenhof in Bad Homburg am Fuße des Taunus gelegen. Gegründet 1901 von Landgraf Ritter von Marx, baute es 1922 nach dem Ankauf des Frankfurter Großindustriellen M.L. Oppenheimer durch den Ankauf angrenzender Gebiete weiter aus und begann auch mit der Zucht des Englischen Vollbluts.
Seit dem 31. Dezember 1993 ist Erlenhof im Besitz der Familie Rothenberger, ein vor allem im Dressursport weit über die Grenzen hinaus bekannter Name. Nun steht Erlenhof unmittelbar vor dem Start der Derby-Woche 2007 an der Spitze der inländischen Züchterstatistik.
Übernommen hatten Günter Rothenberger und seine Schwester Dr. Stefanie Rothenberger-Krause den gesamten Erlenhof von den Erben des Vorbesitzers Hubertus Liebrecht, dem Ingelheimer Pharmaproduzenten und langjährigen Betreiber dieses Gestüts, das unter den Namen Erlengrund firmierte. Es war eigentlich bereits das zweite Mal, dass somit diese Anlage im letzten Moment dem Vollblutsport erhalten blieb.
Bereits 1953 hatte der Erlenhof unmittelbar vor dem Verkauf gestanden, als sich Baron Heinrich Thyssen-Bornemisza als Haupterbe zu einer Veräußerung bekannte. Rettung kam in letzter Sekunde durch seine Schwester Gräfin Margit Batthyany. Die seinerzeit in der Schweiz residierende Gräfin erwarb kurzerhand 43 Vollblüter und erhielt somit den Erlenhof am Leben.
Ein Gestüt, das Heimat allein zahlreicher Derby-Sieger und des erfolgreichen Stammes von Derby-Siegern wurde. Atanasius (1934) , Nereide (1936), Ticino (1942), Nordlicht (1944), Niederländer (1950), Neckar (1951) und Orsini (1957) ließen den Namen Erlenhof in der Vollblutszene bei ihren Derby-Erfolgen so richtig aufblühen. Nach einer etwas ruhigeren Phase polierte der von Hein Bollow trainierte Marduk 1974 in den Farben der Gräfin Batthyany mit seinem Triumph auf dem Horner Moor den einst so glanzvollen Namen wieder auf.
Ohne Frage konnte Hubertus Liebrecht, der den Erlenhof erwarb und auf Erlengrund umtaufte, große Erfolge vorweisen. Auch klassische, allerdings keinen Derby-Sieger. Allerdings hatte Hubertus Liebrecht in den letzten Jahren nicht mit Fortuna im Bunde gewesen. Gleich drei Brände wüteten auf dem Gestüt. Der schlimmste Brand ereignete sich 1988, als allein 13 Mutterstuten den Flammen zum Opfer fielen. Darunter auch die Zuchtperle und Diana-Siegerin Novelle. Alle Brände waren vorsätzlich gelegt worden.
Als Bauland war das 65 Hektar umfassende Gelände 1993 des Gestüts Erlenhof bereits ausgewiesen, ein Golfplatz bereits in der Planung, als Günter Rothenberger Ende jenes Jahres als neuer Besitzer protokolliert wurde. Aus Erlengrund wurde wieder Erlenhof.
Von Anfang an war es unter Rothenberger-Regie ein Experiment – Dressur-Olympiasiegerin Lieselott Linsenhoff hatte es mit dem Gestüt Asta vorgemacht – geplant: Eine Vollblutzucht und einen Dressurstall parallel nebeneinander zu führen. Dr. Stefanie Rothenberger-Krause ist für die Vollblutzucht zuständig, ihr Bruder Sven Rothenberger, der einstige Dressur-Europameister und Medaillengewinner bei Olympischen Spielen, leitet den Dressurstall.
Jens Freiherr von Lepel, der in der Erlengrunder Ära viele Jahre als Gestütsleiter tätig war, ging den Rothenbergers in den ersten Jahren gerne zur Hand, über seine Schulter schaute die promovierte Betriebswirtin Stefanie Rothenberger-Krause mehrere Jahre, ehe sie schließlich 1997 die Gestütsleitung übernahm.
Die Skepsis, die den Rothenbergers wegen ihrer Parallel-Haltung anfangs in der Branche entgegengebracht worden war, legte sich schnell, auch wenn die Gestütsleiterin eingestand, dass die Vollblutzucht im Vergleich zum Reitsport schon eine ganz andere Vorgehensweise beinhalte. Mittlerweile ist man auf dem Erlenhof sicherlich auf dem richtigen Weg, dass Ziel, das man sich anfangs setzte, umzusetzen. „Wir sind im Reitsport weit gekommen, dann erwartet man das auch irgendwann im Rennsport“, so die Gestütsleiterin vor fast genau zwei Jahren in einem Interview.
Dank Mystic Lips, die man als Jährling in Baden-Baden für 15.000 Euro an den Stall Lintec verkaufte und die vor knapp zwei Wochen – trainiert von Andreas Löwe und geritten von Andreas Helfenbein – im Henkel-Preis der Diana auf und davon ging und auf einen Schlag im höchstdotierten Stutenrennen aller Zeiten 200.000. Euro verdiente, rangiert man nun an erster Stelle der Züchterstatitistik.
Auch wenn er sich in einer anderen Straße bewegt, aber der ebenfalls aus Erlenhof stammende Seriensieger Royal Goofy sollte an dieser Stelle auch nicht unerwähnt sein, wie auch der noch am letzten Sonntag in Dresden auf Listenbene platziert gelaufene Dream of Gold.
Die von Generous stammende klassische Siegerin ist eines von sieben Fohlen, die dem Erlenhofer Jahrgang 2004 angehören. Insgesamt 13 Stuten befanden sich in Erlenhofer Besitz, gedeckt wurden sie u.a. auch von Anzillero, der ebenfalls aus der Erlenhofer Zucht als Gruppe-I-Sieger aufstieg. Dazu noch in den Farben des Züchters, was die Sache so richtig rund machte. Trainiert von Dave Richardson gewann Anzillero mit Kevin Woodburn den WGZ-Deutschlandpreis in Düsseldorf gegen Sabiango.
Ein sehr gutes Pferd war auch Catch me, der im Deutschen St. Leger auf den vierten Platz kam und anschließend nach England verkauft wurde.
Das Engagement und die Begeisterung der Familie Rothenberger scheint sich auch im Vollblutsport auszuzahlen. Und so, wie Mystic Lips, die bekanntlich auch in den German 1000 Guineas als Zweite nur Mi Emma den Vortritt hatte lassen müssen, den zweiten Düsseldorfer Stutenklassiker der Saison gewann, darf man davon ausgehen, dass auf das Erlenhofer Züchterkonto in diesem Jahr noch so mancher opulenter Eurobetrag hinzukommen wird.
Auf dem Erlenhof wird man sicherlich die Botschaft, die die aktuelle Statistik herüberbringt, richtig zu deuten wissen und man bestimmt nicht davon ausgehen, dass man auch am Ende in dieser Sparte die Nase vorne hat. Aber dass der Name Erlenhof wieder einmal an solch prominenter Stelle steht, das sollte auch nicht unerwähnt geblieben sein.