Ein neuer Star ist geboren

Das Deutsche Derby ist und bleibt das Rennen der Rennen im deutschen Turf. Weder der Große Preis von Baden-Baden, noch der Preis der Diana oder eine weitere Gruppe I-Prüfung in hiesigen Gefilden zieht mehr Aufmerksamkeit auf sich. Die Tage, Stunden und Minuten vor dem Blauen Band sind einfach etwas ganz besonderes. Immer Anfang Juli wird wild umher spekuliert, welchen Ausgang das Grupp I-Rennen für die Dreijährigem, in dem es um klassischen Lorbeer geht, wohl nehmen wird.

Die 142. Auflage des Blauen Bandes wurde am Sonntag zu einer ganz speziellen Angelegenheit. Trainer Andreas Wöhler, bis zu diesem Zeitpunkt bei der Derbywoche 2011 eher mäßig erfolgreich, stellte mit Waldpark und Earl of Tinsdal gleich die beiden Erstplatzierten und feierte nach 1992 mit Pik König und 1999 mit Belenus seinen dritten Derbysieg als Trainer.

„Solch ein Erfolg ist Teamarbeit. Das fängt mit dem Vorbereiten der Pferde an, geht über den richtigen Aufbau und auch ein wenig Glück darf am Ende nicht fehlen“, so der in Ravensberg arbeitende Coach. Ausgerechnet ein Ravensberger siegte im wichtigsten deutschen Galopprennen. Dieses traditionelle Gestüt verweist auf eine lange und sehr erfolgreiche Geschichte.

Doch die absoluten Top-Cracks aus Ravensberg liegen schon paar Tage zurück. Den letzten Derbyerfolg landete das Gestüt aus dem Besitz der Familie Delius mit Waidwerk im Jahre 1965. Nun ist in Waldpark ein neuer Star der Galopperszene geboren. Denn auch beim vierten Auftritt in seinem Leben blieb der Dubawi-Sohn ungeschlagen, holte seinen ersten Gruppe I-Sieg gleich im wichtigsten Rennen seines Lebens.

Wohin die Reise mit dem neuen Crack nun gehen wird, kann nur erahnt werden. Denn kurz nach dem Derby, in dem Waldpark als Sieger 115:10 am Totalisator notierte, wusste es sein Coach Andreas Wöhler auch noch nicht.

„Wir konnten ja nicht ahnen, dass wir gewinnen“. Wöhler ist nun natürlich in einer sehr komfortablen Lage. Mit seinen beiden Hengsten führt er die Liste der besten deutschen Dreijährigen auf der Steherdistanz an. Für Siegjockey Jozef Bojko, der vor 39 Jahren in Breslau das Licht der Welt erblickte, war es der erste Sieg im Deutschen Derby. Bereits 2001 war der Slowake für Hubertus Fanelsa im Tschechischen Pendant erfolgreich.

„Als ich um den Schlussbogen kam, wusste ich, dass wir weit vorne landen würden. Dass es zum Sieg reicht, wusste ich erst, als ich im Ziel war“, freute sich Bojko, der im Frühjahr 2007 am Wöhler-Stall begann. Bei der Großen Woche in Baden-Baden 2009 war sein erster Gruppesieg – ebenfalls für Andreas Wöhler – Toughness Danon im Fürstenberg-Rennen fällig.

Nun folgte der größte Erfolg, den ein in Deutschland arbeitender Jockey erreichen kann. „Ein Traum wird wahr, das kann mir keiner mehr nehmen“, so Bojko bei der Pressekonferenz.

Interessant. Waldparks ständige Reiterin Annett Keller ist Bojkos Lebensgefährtin. Sie wurde in der letzten Woche noch an den Mandeln operiert, wollte aber unbedingt Waldpark vor dem Start im Deutschen Derby begleiten, ihn im Führring begleiten und so lange wie möglich beim Pferd sein.

„Wir haben das in den letzten zwei Tagen geübt, Annett geht es den Umständen entsprechend und daher konnte sie Waldpark führen.“ Dass ihr Lebensgefährte Jozef Bojko dann auf ihrem augenscheinliches Lieblingspferd gewann, macht die Geschichte so richtig rund. Auch dem Zweitplatzierten fiel mit dieser Leistung kein Zacken aus der Krone.

Wöhler-Stalljockey Eduardo Pedroza hatte sich im Vorfeld auf das Derby für Earl of Tinsdal entschieden. Doch diese Entscheidung einen Fehler zu nennen, wäre vermessen. Denn nur zwei Längen hinter dem leichten Sieger passierte der Black Sam Bellamy-Sohn aus dem Besitz der Sunrace Stables den Zielpfosten als Zweiter und zeigte damit eine famose Leistung.

„Ich glaube, das Derby war in diesem Jahr sehr stark besetzt. Als Eddy sich für Earl of Tinsdal entschieden hatte, habe ich mich gefreut. Denn ich hätte Waldpark gewählt. Aber dass zwischen beiden Pferden nicht viel liegt, hat das Rennen bewiesen“, so Bojko.

Und wo waren die Favoriten? Der aus England angereiste Brown Panther, bei seinem vorherigen Start noch in imposanter Manier während Royal Ascot siegreich, trat als 31:10-Favorit an und war damit der klarste Favorit seit einigen Jahren. Der junge Jockey Richard Kingscote schickte den Shirocco-Sohn in seinem ersten Derby umgehend an die Spitze und diktierte dort eine durchaus flotte Pace.

Auch im Schlussbogen war dieses Gespann noch vorn zu sehen, wurde jedoch umgehend nach Erreichen der Zielgeraden attackiert und hielt nur noch wenige hundert Meter stand. Waldpark trat außen auf den Plan und innen war es Earl of Tinsdal, der stark angriff.

Der Schiergen-Schützling Saltas schnappte sich nach großem Kampf und einem erneuten Super-Ritt Rang drei vor dem heranstürmenden Mawingo, auf dem Adrie de Vries für das Gestüt Schlenderhan Platz vier sicherstellte, Der Holländer erhielt wegen übertriebenem Peitschengebrauch eine dreitägige Reitsperre.

Unterwegs hielt sich Schlenderhan-Jockey Adrie de Vries aus allem heraus, war zeitweise sogar letztes Pferd. Auf den letzten 500 Metern kam der Tertullian-Sohn dann sensationell auf, hing in der Zielgeraden sogar stark und kam dennoch ganz zuletzt noch gefährlich nahe heran.

„Dass er stehen kann, ist nun bewiesen“, sagte Adrie de Vries, doch gab ihm das auch nur wenig Trost. Insgesamt war es sicher nicht das Derby des Schlenderhan-Teams, das zuletztnoch im Jahr 2009 (Wiener Walzer) und auch 2007 (Adlerflug) im Blauen Band erfolgreich war.

Das Horner Publikum, das mit 15.500 offiziell angegeben wurde, sah den Favoriten Brown Panther erst auf dem fünften Platz die Linie überqueren. Auch Tahini und der Ebbesloher Lindenthaler, für den der Weg letztlich vielleicht doch etwas zu weit geworden sein könnte, lieferten starke Partien auf den Rängen sechs und sieben. Die weiteren Kandidaten folgten erst hinter einer doch schon größeren Lücke von sechs Längen.

Die Gründe dafür waren unterschiedlich. Im Falle der weiteren drei Schlenderhaner Pferde dürfte Rennpech es am besten Treffen. Denn der als zweiter Favorit ins Rennen gegangene Arrigo bekam im ersten Bogen vom großen Außenseiter Appleby einen Rempler, der siebenfache englische Championjockey Kieren Fallon hatte in der Folge Mühe, seinen Partner bei Laune zu halten und bereits im Schlussbogen nicht mehr viel in der Hand, wurde nur 18. und damit Letzter.

Aber auch Ametrin (11.) und Ibicenco (8.) waren weit von der Entscheidung entfernt. Gebhard Apelt nahm die Niederlage mit Fassung. „Naja, das war nicht unser Derby. Insgesamt hatten wir mit allen Pferden schwierige Rennverläufe. So etwas passiert, gerade im Derby braucht man auch Glück“, fasste es Apelt umgehend nach dem Rennen zusammen.

Margot Herberts Silvaner ging für Jockey Terrence Hellier aus dem Mittelfeld bis in die Gerade hinein gut, „doch dann kam ich nicht weiter. Es war, als liefen wir vor eine Wand“, so der Kölner Jockey nach dem Rennen.

Publikumsliebling Gereon marschierte in starker Manier im Mittelfeld durch den Schlussbogen, Johnny Murtagh schaffte es in der Folge aber nicht, den Kontakt zur Spitze herzustellen und sprach beim Zurückwiegen vom vermeintlich fehlendem Stamina bei Gereon. Zudem habe sich der Next Desert Sohn auf dem losen Geläuf nicht wohl gefühlt, gab der irische Starjockey an.

Es wird im Team um Gereon nun überlegt, ob er nicht auf Distanzen um 2000 Metern doch besser aufgehoben sei. Der Hickst-Galopper Sommernachtstraum bekam Nasenbluten. Arrigo, der nach dem Rempler im ersten Bogen gar nicht mehr richtig in Gang kam, blieb ebenfalls klar unter Wert geschlagen.

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