Der Blick geht nach vorne

Zu einem großen Schiff gehört auch eine große Fahrt. So sah es jedenfalls der große russische Poet Dostojewski. Und eine passende Metapher könnte lauten: Zu einem großen Anlass gehört auch eine große Feier. Der Harzburger Rennverein e.V. feierte im Vorjahr sein 125-jähriges Jubiläum.

„Zum Feiern aber hatten wir gar keinen Grund“, bekannte Präsident Wilhelm Baumgarten. „Die Umsätze auf bundesdeutschen Galopprennbahnen haben sich in den letzten fünf Jahren nahezu halbiert. Leider auch bei uns.“ In der Tat bedeutete das Umsatzergebnis 2006 in Höhe von 1.178.019 Euro einen neuen absoluten Tiefstand. Nach Baumgartens Worten braucht der Verein jedoch Wetteinnahmen von zwei Millionen Euro pro Meeting um existieren zu können.

Die Pressekonferenz, die vergangenen Dienstag im Hotel Maritim in Braunlage stattfand, stand im Zeichen ernster Probleme. Zunächst dankte der Präsident aber den Vertretern der Medien und allen Sponsoren, die überwiegend aus der Region kommen und dem Veranstalter seit vielen Jahren die Treue halten.

Aber erst nach zwei Ratssitzungen am 23. Januar und 8. Mai 2007 galt die Galopprennwoche 2007 als endgültig gesichert. Der Rat der Stadt Bad Harzburg bewilligte einen Zuschuss von 80.000 Euro. Allerdings mit der Auflage, dass 40.000 Euro über eine Bürgschaftsinitiative bzw. über Sponsoren aufzubringen sind.

Inzwischen kamen aktuell durch eine Aktion der Wirtschaft unter der Federführung von Thomas Krause 25.000 Euro zusammen, und es konnten bis dato weitere 8.000 Euro Spendengelder verbucht werden. Baumgarten konstatierte: „Nach einer unruhigen Zeit Anfang des Jahres ist nun Normalität eingetreten. Die Konzentration gilt jetzt der anstehenden 128. Harzburger Rennwoche.“

Das Nennungsergebnis für die ersten vier Meetingstage sieht positiv aus, was mit dem nötigen Realismus aufgenommen wurde. Im Mittelpunkt des gesamten Programms steht wieder der als Ausgleich I ausgeschriebene Große Preis der Norddeutschen Landesbank. Er führt über 2000 m und ist mit 20.000 Euro dotiert.

Damit erreicht man am Weißen Stein fast das Rennpreisniveau von Hamburg, wo in der höchsten Handicapklasse 21.000 Euro ausgelobt wurden. Das Rennpreisvolumen inklusive Züchterprämien beträgt 325.000 Euro. An den sieben Tagen des Meetings werden rund 60 Rennen gelaufen. Angestrebt werden neun Rennen pro Veranstaltung.

Nach den guten Erfahrungen während des Hamburger Derbymeetings soll auch die „Wettchance des Tages“ – die sogenannte Viererwette – eingeführt werden. In diesen Rennen war stets ein überdurchschnittlicher Wetteinsatz zu konstatieren.

Problem: Es müssen mindestens 12 Pferde laufen. Und das dürfte in Harzburg nicht leicht zu realisieren sein. Mit dem Mindesteinsatz von 0,50 Euro bei der Dreierwette ist man seitens des Veranstalters nicht eben glücklich.

„Binnen kürzester Frist ist der Pferdebestand in Deutschland von 4.500 auf 3.000 gesunken und es werden jährlich nur noch 80 Hindernisrennen gelaufen,“ gab Wilhelm Baumgarten zu bedenken. „Bevor das erste Rennen gestartet ist, haben wir schon feste Kosten in Höhe von 150.000 Euro,“ hieß es. Immer noch sind die Wetteinnahmen der wichtigste Posten im Finanzierungskonzept.

Da hier die Spirale aber eher abwärts geht, müssen Synergieeffekte entsprechend genutzt werden. Dazu gehört auch ein gedeihliches Mit- und Nebeneinander mit dem Golfclub, der dank geeigneter Gerätschaften das Rasenmähen übernommen hat.

Mit Erfolg wurde auch die Mitgliederwerbung betrieben. 35 neue Mitglieder ließen den Gesamtbestand auf über 350 Mitglieder anwachsen. Eine erfreuliche Entwicklung! Zur besseren Kostendeckung trugen auch Eintrittsgelder von 45.000 Euro bei, nachdem die Freikartenaktion – nicht ohne Opposition – im vergangenen Jahr abgeschafft wurde.

Im administrativen Bereich soll Rolf Meyer in Zukunft als ehrenamtlicher Geschäftsführer fungieren, während James Lachmund als Steuerberater sich mit den Finanzen beschäftigt. Es geht also voran im Verein. Hilfreich kann auch eine Umfrage der Kur-Tourismus- und Wirtschaftsbetriebe GmbH (KTW) über die Rennwoche sein, denn solche Erhebungen sind sehr selten und können zu neuen Aufschlüssen führen. Eine nüchterne, aber selbstbewusste Darstellung gab Bürgermeister Ralf Abrahms, der dem Verein als Vorstandsmitglied sehr verbunden ist.

„Wir haben eine günstige Lage. Seit 1990 befinden wir uns im Mittelpunkt von Deutschland,“ führte er aus. Tatsächlich ist der geographische Mittelpunkt Deutschlands in Niederdorla nur 100 km von Bad Harzburg entfernt.

Die Beschaffenheit des Geläufs bleibt die Kardinalfrage. Kein Thema wird so emotionell behandelt – wie auch jüngst in Hamburg geschehen – und das zu Recht. Der Verein wird weiterhin alles tun, um die Bodenverhältnisse optimal zu gestalten. Das war auch im Vorjahr so, wo trotzdem einige tote Pferde zu beklagen waren. „Ohne die neue Bahn wäre der Verein und die Rennen bald am Ende gewesen,“ prognostizierte der Präsident.

Jedes Jahr wird von der Rennbahnprüfungskommission des Direktoriums zusammen mit einer hochkarätigen Tierschutzkommission die Rennbahn abgenommen. Momentan herrschen sehr gute Bodenverhältnisse. „Aber gegen sintflutartige Regenfälle sind wir nicht gefeit,“ meinte Wilhelm Baumgarten. Signifikante Veränderungen sind wohl auch in Zukunft nicht zu erwarten.

Das siebentägige Meeting hat sich bewährt. „Wir wollen ein Familienfest mit Eventcharakter und spannendem Sport. Dazu passt auch die Wolldecke und der Picknickkorb,“ lautete das Credo des Vereinsvorsitzenden.

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