So sicher, wie jedes Jahr der Weihnachtsmann kommt, so sicher zaubert der Kölner Trainer Andreas Löwe jedes Jahr eine erstklassige Stute aus diesem Hut. Diese Saison sogar zwei. Das Rennen, auf das er in den letzten Jahren schon eine Art Abonnement hat, die 1000 Guineas, den Klassiker im Frühjahr in Düsseldorf, den hat er mit Lolita gewonnen. Und genau diese Prüfung wird das erste wichtige Ziel 2007 für die Stute sein, die am Sonntag zum Abschluss und Höhepunkt des Sales & Racing Festivals vor 8700 Zuschauern in Baden-Baden den Preis der Winterkönigin gewann.
Shane siegte im Stil eines richtig guten Pferdes, behielt auch beim zweiten Auftritt auf der Bahn ihre weiße Weste und die Euphorie anschließend war in ihrem Team groß: „Sie ist noch viel, viel besser als ihre Schwester“, verkündete Löwe in seiner ersten Reaktion, „ist noch gar nicht richtig ausgereift, nicht einhundert Prozent da, wird erst nächstes Jahr das Optimum zeigen.“ Und die rechte Schwester, das ist immerhin Shapira, die vor zwei Jahren die 1000 Guineas gewann.
Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte Shane vor einem Jahr auf der Herbstauktion der BBAG in Iffezheim, wo sie von ihrem Züchter, dem Gestüt Schattauer Hof der Familie Kreutz angeboten wurde. Erstaunlicherweise war das Interesse an der Kornado-Tochter übersichtlich, obwohl Shapira im Jahr zuvor klassische Siegerin war.
Und so wurde der heute 51 Jahre alte Ulrich Zerrath, Insolvenzverwalter aus Münster, seit vielen Jahren Besitzer im Galopper- und Traberlager, für 49 000 Euro Eigner von Shane. „Eigentlich gehört das Pferd meinem Sohn“, bekannte er in Iffezheim, „ich habe es ihm zum Geburtstag geschenkt. Eine Bietestufe mehr wäre ich damals übrigens nicht mehr dabei gewesen.“ Gesteigert hatte damals im Übrigen Helmut Kappes, der mit Zerrath telefonisch verbunden war. Eine Stunde nach dem Zuschlag war auch klar, dass Andreas Löwe das Pferd trainieren würde.
Schon früh hatte man in dem Kölner Stall eine hohe Meinung von Shane, sie unterstrich das beim Debut mit einem souveränen Sieg in Krefeld. Und die Erwartungen vor dem Iffezheimer Laufen waren hoch, sehr hoch. „Man darf das ja gar nicht sagen“, gab der Trainer später zu Protokoll, „aber wir waren vorher schon fest davon überzeugt, dass wir nicht verlieren können. So gut war sie drauf, so gut hat sie gearbeitet.“
Andreas Helfenbein ritt sie aber auch mit viel Vertrauen, war alsbald im Fahrwasser der lange aussichtsreich erscheinenden Mitfavoritin Sybilia, um dann Mitte der Geraden den entscheienden Satz zu machen. Auch die am Toto am stärksten nachgefragte Touch my Soul, die noch sehr gut ins Bild kam, konnte sie nicht ernsthaft gefährden.
Dabei hatte es im Verhältnis zwischen Andreas Löwe und Andreas Helfenbein vor Wochen erhebliche Irritationen gegeben, es kam auch offiziell zum Ende des Arbeitsverhältnisses des Reiters am Stall. „Trotzdem reitet er noch gelegentlich in der Morgenarbeit und auch im Rennen“, bekräftige Andreas Löwe bei der Siegerehrung, „das Verhältnis ist unverändert gut. Und ich bin auch fest davon überzeugt, dass Andreas Helfenbein auch im kommenden Jahr der Reiter von Shane sein wird. Da kenne ich den Besitzer zu gut, da müsste schon irgend etwas passieren, wenn sich da etwas ändert.“
Ob die Stute, die in Iffezheim ideale Bedingungen antraf („Fester durfte der Boden nicht sein“), vor Düsseldorf noch einmal antritt, ist derzeit noch unklar, doch scheint Löwe dazu zu neigen, direkt den Klassiker anzupeilen. Eines wird gegenüber den Vorjahren aber sicher anders sein: In der Regel gehörten seine Vertreterinnen nicht zu den stark gewetteten Pferden. Das dürfte bei dieser Stute, die ihren in jüngster Zeit etwas in den Hintergrund geratenen Vater Kornado wieder höchst modern gemacht hat, aber anders sein.
Der Preis der Winterkönigin hat sich in den vergangenen Jahren in der Regel als wichtiger Gradmesser für die großen Stutenrennen des kommenden Jahres herausgestellt, das dürfte diesmal nicht anders sein. Touch my Soul ist sicher ein Name, den man sich für die kommende Saison merken sollte, eine blendend herausgebrachte Tiger Hill-Stute, ein „klassisches“ Pferd.
Doch auch Hashbrown und Pakama liefen gut, allenfalls Sybilia lief enttäuschend, die war geschlagen, als es ernst wurde. Ihr Trainer Mario Hofer meinte anschließend, dass die Distanz letztendlich doch etwas zu weit gewesen sein dürfte.
Das letzte Wort ist wohl noch nicht gefallen, ob die Schlenderhan/Ullmann-Abteilung in Krefeld Ende des Jahres aufgelöst wird, was bedeuten würde, dass Sybilia von Mario Hofer zu Jens Hirschberger wechseln würde. Wie von Besitzerseite zu hören war, will man aber wohl den kompletten deutschen Rennpferdebestand auf der neuen Trainingsanlage konzentrieren.
Die „Winterkönigin“, in der dank eines dicken Jackpots in der Viererwette auch kräftig gewettet wurde, war natürlich der Höhepunkt eines würdigen Jahresabschlusses in Iffezheim. Das Meeting wird an anderer Stelle zu analysieren und zu kommentieren sein, doch konnten die Zahlen gegenüber dem Vorjahr zumindest stabil gehalten werden.
Neben dem Hauptereignis stand der Flieger-Cup im Blickpunkt des Interesses, er blieb durch die antrittsschnelle Fantastica in der Region, zumindest was den Besitzer anbetrifft, denn hinter dem Namen Stall Dipoli steht Siegfried Müller aus Achern. Die Stute wollte vor zwei Jahren bei der BBAG-Auktion zunächst gar keiner haben, erst anschließend wechselte sie für einen höchst übersichtlichen Betrag den Besitzer.