Jockey Paul Roberts ist ‚Mister Zuverlässig‘

‚Wenn Du einmal aus dem Geschäft bist, ist es schwer, wieder hereinzukommen. Wenn Dein Name in keiner Statistik auftaucht, haben Dich die Leute schnell vergessen.‘ Der Mann, der das sagt, weiß, wovon er spricht, denn Paul Roberts, 30 Jahre, Jockey am erfolgreichen Stall von Christian von der Recke in Weilerswist, hat eine Zeit hinter sich, die für ihn nicht besonders erfreulich war.

Doch das ist nun vergessen, denn in den letzten Wochen hat der Engländer verstärkt auf sich aufmerksam gemacht. Zunächst mit dem Listensieg mit Mariella im Großen Stutenpreis in Krefeld und dann mit einem hocherfolgreichen Meeting in Bad Harzburg, als ihm vier Siege (u.a. im Ausgleich II) und zahlreiche Platzierungen gelangen.

„Die letzte Saison war einfach grauenhaft‘, blickt Roberts, der als 14-jähriger beim englischen Trainer Jack Berry, einem Spezialisten für Kurzstrecken-Pferde, anfing, dort elf Jahre blieb, zurück. „Ende April zog ich mir im Training bei einem Sturz von Crafty Politician einen Schlüsselbeinbruch zu. Die ganze Sache war sehr kompliziert, insgesamt musste ich dreimal operiert werden. Da war die Saison natürlich gelaufen. Und wie gesagt, dann ist es nicht so leicht, wieder Fuß zu fassen.

Umso mehr, da gegen Ende des Jahres, als Roberts wieder reiten konnte, auch Carolin Lippert auf den Plan trat, die mit ihrer großen Erlaubnis viele Rennen gewann und viele Pferde des Stalles geritten hat. „Natürlich würde ich lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht selber gerne die Pferde geritten hätte, aber als ich Auszubildender war, wollte ich auch immer reiten. Bei Jack Berry waren wir 10 Stifte, da war der Stalljockey auch sauer, wenn wir geritten haben. Aber deshalb gibt es hier keine Probleme‘, sagt Roberts, der elf Jahre bei Jack Berry blieb, in England 64 Rennen gewonnen hat. „Mein größter Erfolg war der Sieg im Wokingham Handicap während Royal Ascot, ein mit über 50.000 Pfund dotiertes Rennen, das ich mit Salhurst Park Flyer gewann.‘

Im Jahre 1999 wechselte Roberts nach Belgien. „Jemand sagte mir, dass es dort sehr gut sei, ich wurde Stalljockey bei Claude Dondi, dem damals erfolgreichsten Trainer in Belgien. Im ersten Jahr war ich mit 47 Siegen Champion. Doch im Jahr darauf lief es bei ihm nicht so, die Pferde waren größtenteils hochgelaufen. Außerdem ging es mit dem belgischen Rennsport stark bergab‘, sagt Roberts, der in dem Benelux-Staat aber nicht nur Rennen gewonnen hat, sondern auch das Herz seiner Freundin Latitia, mit der er die mittlerweile zweijährige Tochter Lily-Rose hat.

„Wir sind eine internationale Familie. Meine Freundin hat auch Rennen geritten, war belgische Nachwuchs-Championesse, hat dort über 60 Rennen gewonnen. Zuhause sprechen wir deutsch, englisch und französisch‘, sagt Roberts, der leicht verspätet zu unserem Interview-Termin erschien, dafür aber entschuldigt ist.

„Er musste noch mit Besitzern aus Belgien etwas essen gehen, die heute bei uns am Stall waren. Wir haben ihnen einige Pferde verkauft. Paul ist durch seine sehr guten Kontakte nach Belgien natürlich eine große Hilfe, er kennt dort viele und hat dort einen guten Namen. Auch bei den Verkäufen von Palmridge und Nebelsturm an JP McManus hat er eine Rolle gespielt, hat sich als Dolmetscher betätigt und die Engländer betreut. Wir profitieren beide davon, sagt Roberts‘ Chef Christian von der Recke, der ohnehin fast nur lobende Worte für seinen Angestellten findet.

„Er ist absolut zuverlässig, trinkt nicht, macht keine Dummheiten, kam in der gesamten Zeit, seit er bei uns ist, nicht einmal zu spät. Zudem ist er gegenüber dem Stall hundertprozentig loyal. Er weiß auch, dass er nicht alle Pferde des Stalles reitet, aber wenn Leute wie Suborics oder Starke auf den Pferden sitzen, dann kann er das akzeptieren. Es ist ja nicht so, dass er Leute vor die Nase gesetzt bekommt, die genauso gut oder gar schlechter sind als er‘, sagt Recke, der auch Roberts‘ Qualitäten als Arbeitsreiter lobt.

„Die Auskunft, die er einem Besitzer über die Pferde gibt, hat schon Hand und Fuß. Selbst ein erfahrener Pferdemann wie Hans-Heinrich von Loeper, der ja bei uns die Pferde des Stalles Quadriga hat, weiß das zu schätzen‘, so Recke.

Dass Roberts, der von 6.00 bis 11.30 Uhr am Stall arbeitet, nicht nur reitet, sondern auch Boxen macht, sich auch für das Verkaufen von Pferden interessiert, hat seinen Grund. „Ich kann nicht mein ganzes Leben Jockey sein, man muss auch sehen, was später einmal ist‘, sagt der Jockey, der neben seinem belgischen Championat noch ein weiteres erringen konnte, nämlich das Championat bei den Araberrennen im Jahre 2002.

„Ich habe damals viel für Weißmeiers geritten, die ja sehr viele Araber trainieren. Sie gehörten auch zu den ersten, die nach meiner Verletzung wieder angerufen haben und mir Chancen gegeben haben. dafür bin ich Ihnen sehr dankbar‘, so Roberts.

In der Statistik in Deutschland gewonnener Rennen, liegt der Engländer, der seine Deutschland-Karriere bei Urs Suter in Iffezheim begann („dort habe ich aber fast nur in der Schweiz geritten, bekam letztendlich nicht genügend Chancen‘) mit neun Treffern nur im Mittelfeld, doch kommen hierzu noch vier Siege im Ausland auf in Deutschland trainierten Pferden (Larssarto, Osmane in Belgien, sowie Mariella zweimal in Bratislava), sowie noch mehrere in Belgien auf Pferden von dortigen Trainern.

„Wenn ich für Christian in Belgien reite, kriege ich auch immer noch Ritte für Leo Braem, da habe ich dann immer gute Chancen. Auch ist es gut für mich, dass mittlerweile viele belgische Trainer ihre Pferde in Deutschland laufen lassen, da bin ich immer schon mal im Programm‘, sagt der Jockey, der sich neben den Schlüsselbein-OP’s früher auch schon einer Bandscheibenoperation unterziehen musste.

„Wenn ich hinfalle, dann weiß ich schon wie‘, scherzt er, der mit Mariella demnächst voraussichtlich in Bremen auch auf Gruppe-Parkett ins Geschehen eingreifen kann. „Ich hoffe natürlich, dass ich sie wieder reiten darf. Mit einem Sieg hatte ich vor dem Krefelder Rennen nicht unbedingt gerechnet. Wir wussten, nicht genau, was die Formen aus der Slowakei wert waren, was sie dort geschlagen hat. Aber im Rennen ging alles super. Wir wurden vorne in Ruhe gelassen, zu Beginn der Geraden ist sie abgesprungen, und alles ging ganz leicht.‘

Seit Ende Juni 2001 ist Roberts nun in Weilerswist, wo es ihm augenscheinlich bestens gefällt. „Ich habe damals für Christian ein paar Pferde in Le Touquet geritten, vorher auch in Bremen mit Insolito mein erstes Rennen für ihn gewonnen. So kam der Kontakt zustande‘, sagt Roberts, der sich für diese Saison kein festes Ziel gesetzt hat. „Das Wichtigste ist, gesund zu bleiben und so oft wie möglich zu reiten, und soviele Rennen wie möglich zu gewinnen‘, so Roberts.

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