Jetzt heißt es Vorfahrt für seinen Sohn Thomas

Nach dem Rückzug des Vaters heißt es nun Vorfahrt für Thomas Horwart. Am Dienstagnachmittag um 14.30 Uhr bestieg Thomas Horwart in Neuss sein Auto, in der Hand einige Papiere, und machte sich auf die Fahrt nach Köln-Weidenpesch. Ziel war nicht etwa die Rennbahn, sondern das Direktorium, wo der 38-jährige seine Trainerlizenz einreichte. Daher also die Papiere mit der Liste der Pferde, für die er ab dem 1. August als Trainer zeichnet. Eine absolut problemlose und von beiden Seiten gewollte Übergabe der Verantwortung also im Hause Horwart von Vater Horst, 66, auf den Sohn Thomas, der diesem seit Bestehen des Trainingsbetriebes als Assistent zur Seite gestanden hatte.

Kontinuierlich – so würde man den Wechsel im Neusser Stall bezeichnen, denn schon in den Tagen, als der Entschluss zum Trainerberuf bei Horst Horwart reifte, war der spätere Stabwechsel an den Sohn in die Kalkulationen einbezogen worden. Im Oktober wären es zehn Jahre geworden, seitdem Horst Horwart mit dem Training begonnen hatte. Mit 1136 Siegen hatte er seine Jahrzehnte währende Laufbahn als Jockey beendet. Abgeschlossen mit dem Sieg auf der Stute Poppyland, die Wochen später im neuen Metier wieder eine entscheidende und wohl unvergessliche Rolle spielen sollte, als sie als erste Starterin auf der Neusser Rennbahn vom Trainer Horst Horwart in Empfang genommen werden konnte.

Dort wurde auch mit der von Neil Grant gerittenen Wavelet der erste Sieg erzielt. 198 sollten im Laufe der Jahre noch hinzukommen, der 200. und damit ein Jubiläumssieg blieb dem Pferdemann versagt, der im Mai des vergangenen Jahres ein besonderes Jubiläum feierte: 50 Jahre Rennsport und das bezeichnenderweise genau am Tag der Arbeit, besser konnte die Laufbahn des Mitglieds im „Club 1000“ der Jockeys nicht charakterisiert werden, denn Arbeit hat diese lange Zeitspanne stets ausgefüllt.

„Es wurde einfach Zeit für den Wechsel, schließlich hatten die damaligen Planungen ja daraufhin gezielt, dass Thomas eines Tages mich ablöst. Und dieser Tag ist jetzt gekommen. Einen 200. Sieger für mich wird es nicht mehr geben, denn in der Zeit bis zum offiziellen Ende meiner Tätigkeit gibt es keine passenden Rennen für unsere Pferde‘, erklärte Horst Horwart, um anzufügen, „außerdem will ich auch nicht mehr ständig unterwegs sein und reisen.‘ Jetzt soll weniger Hektik und Stress den Tag bestimmen, mehr die Familie und vor allem Ehefrau Dagmar von ihm haben.

Nicht zuletzt deren schwere gesundheitlichen Probleme, die das Schlimmste befürchten ließen, erfreulicherweise aber gemeistert wurden, dürften nicht unerheblich den Entschluss, bereits am 1. August die Verantwortung für die Vierbeiner im Stall in die Hände des Sohnes zu legen, beeinflusst haben, zumal auch ihn das eine oder andere Zipperlein drückt.

„Ich bin ja nicht weg, es gibt nur eine Art Rollenwechsel. Thomas ist jetzt der Chef und ich der Assistent, allerdings ein stiller‘, meinte der 66-jährige lachend. Er ist Rentner, aber ein aktiver. Er will das, was er in den Jahren seit der Stallübernahme geschaffen hat, an den Sohn weiter geben. Wie gut er gearbeitet hat, wird u. a. auch dadurch bestätigt, dass sämtliche Besitzer, darunter Georg Baron von Ullmann und das Gestüt Bona, den Wechsel mitmachen und Vertrauen in die Qualitäten des Trainers Thomas Horwart haben. Vor Wochen schon wurden sie davon informiert, und keiner zog ein Pferd ab.

Eine gute Basis nennt dies der Junior, der schon genaue Vorstellungen hat, was die Zukunft anbelangt. Den Stall auszulasten, verantwortlich zu sein für rund dreißig Pferde, das zählt zu den vorrangigen Zielen des neuen Trainers, der sich eines Ratschlags des Vorgängers auch gar nicht entziehen will.

Immerhin weist die Karriere des Trainers Horst Horwart auch große Siege auf. So gewann er fünf Gruppe-Rennen, schaffte es, mit mehreren Produkten der Samambaia zahlreiche Rennen zu gewinnen, die „Samba‘ aus der Zucht von Alfons von Mulert zu einer Qualitätsmarke machten. An der Spitze natürlich der zweimalige Gruppe-Sieger Sambaprinz, der während des Hamburger Derby-Meetings für den 199. und letzten Erfolg sorgte. Standesgemäß im Deutschen Herold-Preis, einem Gruppe-III-Rennen, und das als Außenseiter.

Eine Rolle, die auch Ardilan als erster Gruppe-Sieger (1996), Sambakönig (2000) oder auch Bonvivant als Gewinner und erster Bezwinger auf deutschem Boden von Samum im Großen Mercedes-Benz-Preis (2001) gespielt hatten. Nicht zu vergessen in der Auflistung der herausragenden Ergebnisse der Horwart-Pferde ist der dritte Platz von Albaran im Deutschen Derby von 1996 hinter Lavirco und Surako. Der Hengst ist mittlerweile elf Jahre alt und misst noch immer seine Kräfte, und dies erfolgreich, mit den besten Pferden Skandinaviens.

Dass dies mit Horst Horwarts letztem Starter, dem so groß gesteigerten und unverwüstlichen Frühtau, im Lotto Hessen-Pokal am vergangenen Sonntag nicht gelang, wurde aber mit den Worten „so ist halt Rennsport‘ hingenommen und abgehakt. Das Pferd hatte eben einen schwachen Tag, na und? Immerhin hat dieser kleine, zähe Bursche im Sommer 2001 mit zwei Ausgleich-I-Siegen und dem Listen-Treffer im schweizerischen Dielsdorf für eine nicht alltägliche Triplette gesorgt. Mit dessen Namen wird immer der einzige Auslandssieg sowie Fahrten nach Deauville und Longchamp verbunden bleiben.

Etwas hat Horst Horwart fast zehn Jahre lange geärgert, die bei einigen noch immer tief sitzende und des Öfteren auch öffentlich geäußerte Ansicht, wonach man in Neuss keine Pferde, schon gar keine Gruppe-Pferde trainieren könne. „Absoluter Unsinn und ein Vorurteil einer Bahn gegenüber, auf der sich in den letzten Jahren ohne Zweifel viel Positives getan hat. Wer sich einmal die Mühe macht und sich die Siegerlisten der großen Rennen der vergangenen Jahre ansieht, wird eines Besseren belehrt. Ein aktuelles Beispiel ist das erste Wochenende beim Hamburger Meeting, als Neusser Pferde am Freitag den Ausgleich I, am Samstag das Gruppe-III- und am Sonntag das Gruppe-II-Rennen gewannen. Und dann wird so etwas erzählt‘, kann er sich ereifern.

„Es wird einige Veränderungen geben, aber natürlich bleibt auch Vieles beim Alten‘, skizziert Thomas Horwart schon einmal im Groben die Zukunft. Er hat den Beruf von der Pike auf gelernt, hat als Amateur 64 Rennen gewonnen, hat bei Größen wie Heinz Jentzsch den täglichen Ablauf in einem der größten und erfolgreichsten deutschen Ställe kennen gelernt. „Die Zeit ist reif für den Generationswechsel, und wenn dieser den Vorstellungen beider Seiten entspricht, kann das der ganzen Sache nur dienlich sein‘, meint der ehemalige Amateurrennreiter, der u. a. auch international erfolgreich agierte und Siege in Moskau und den USA erzielte.

Beginnen wird er seine Trainerkarriere mit Sambaprinz, den er für die Kölner Meile, ein Gruppe-III-Rennen, und damit eine sehr anspruchsvolle Aufgabe eingeschrieben hat. Womit auch in diesem Fall die Kontinuität gewahrt bleibt, denn dieser sorgte bekanntlich als Gewinner des Deutschen Herold-Preises (Gr.III) in Hamburg für den letzten Treffer des Vaters.

Wahrscheinlich wird Jockey Eduardo Pedroza, der Sambaprinz schon einmal geritten hat, für die Premiere verpflichtet, der sich fünf Tage später Starts auf der Neusser Heimatbahn anschließen sollen. „Ich freue mich auf die neue Aufgabe“, so der Neutrainer, der demnächst auch den Altersdurchschnitt der Neusser Trainer nach unten senkt. „Bangemachen gibt es nicht, als packen wir’s an‘, ab dem 1. August hat Thomas Horwart dazu reichlich Gelegenheit.

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