Wenn man glaubt, dass im Rennsport alles schon einmal da gewesen ist, dann wird man mit ziemlicher Sicherheit schnell eines Besseren belehrt. Wie am Sonntag nach dem 37. Grossen Preis der Badischen Unternehmen.
Da passierte der 29:10-Mitfavorit It’s Gino unter dem australischen Jockey Kerrin McEvoy als überzeugender Gewinner den Zielpfosten und schreibt genau in diesem Moment Turfgeschichte. Denn noch nie hatte es einen fünfjährigen Grand-Prix-Sieger in Deutschland gegeben, der in seiner Laufbahn zu diesem Zeitpunkt noch unbesiegt ist.
Nach Overdose war es nun binnen weniger Tagen das zweite Mal, dass in Iffezheim ein ungeschlagenes Pferd dass Turfpublikum begeistert. Es sind genau diese Geschichten, die über die Grenzen beachtet werden und in den entsprechenden Rubriken der Tageszeitungen auftauchen. Der Rennsport benötigt sie dringender denn je.
Die Emotionen schlugen nach dem Hauptereignis des Frühjahrs-Meetings wellen, denn neben einem viel umjubelten Sieger wusste keiner so richtig, was man von der Vorstellung des erwartungsgemäß klar favorisierten Oriental Tiger halten sollte.
Er schrammte früh mit Längen vor das Feld, baute seinen Vorteil gegenüber auf mehr als zehn Längen aus. Doch schon im Schlussbogen kam das Feld heran, im Einlauf verschwand der Auenqeller nach hinten, ohne dass sein Jockey ihn unterstützte.
„Er war heute völlig indisponiert. Ich bin überzeugt, hätte ich die Hände vom Zügel genommen, wäre er ausgebrochen. Er hing ständig nach außen“, fasste es Terry Hellier zusammen. Uwe Ostmann meinte: „ Aus dem heutigen Rennen können wir nur eine Lehre ziehen. Oriental Tiger wird nie mehr auf einem Linkskurs starten.“ Und Mitbesitzer Peter-Michael Endres meinte ziemlich fassungslos: „Ich dachte, die Flausen wäre ausgeräumt.“
Zurück zum Siegerteam, das in einer Kutsche vom Absattelring aus auf die Bahn zur Siegerehrung gefahren wurde. Überglücklich erzählte Trainer Pavel Vovcenko, dass er nun hoffe, dass dieser Sieg auch neue Besitzer bringen werde. Der Trainer aus Bremen-Mahndorf: „Ich trainiere aktuell 38 Pferde, solch ein Erfolg und die ganze Laufbahn mit It’s Gino tut unserem Stall doch so richtig gut. Ich wusste schon immer, dass er ein sehr gutes Pferd ist. Nun wissen wir auch, wo wir mit dem Hengst stehen. Der Hansa-Preis könnte das nächste Ziel sein, dann folgen große Ziele im Herbst. Fernziel ist der Prix de l’ Arc de Triomphe“
Erstmals nach solch einem Rennen stand Tanja Rogge, Mitbesitzerin des Stall 5 Stars. Sie stellte sich erst einmal dem Publikum vor: „Ich kommen aus Australien, lebe aber in Bremen. Zum Stall gehören noch zwei Mitbesitzer in Australien. Der Name 5 Stars kommt daher, weil wir fünf Pferde besitzen. It’s Gino ist der aber der Beste. Und wir werden mit Sicherheit zum Großen Preis von Baden wiederkommen.“
Die Iffezheimer Zeremonie der Siegerehrung war für Kerrin Mc Evoy hingegen absolut nichts Neues. Im Gegenteil, der Australier in Diensten bei Godolphin als zweiter Mann hinter Frankie Dettori, kann einen untadeligen Schnitt in Baden-Baden vorweisen. Drei Ritte – drei Siege. Zweimal mit Warrsan im Großen Preis von Baden, nun mit It’ s Gino im Topereignis des Frühjahrs-Meetings. So meinte McEvoy auch folgerichtig: „Baden-Baden ist meine Glücksbahn.“
Auch in der Niederlage war man im Lager von Egerton nicht unzufrieden, wenngleich Peter Rau zu Recht etwas mit dem Rennverlauf handerte: „Es war sicherlich Pech, dass wir nach außen getragen wurden, das hat Kraft gekostet.“ Auch Torsten Mundry blies ins gleiche Horn: „Ich muss erst einmal Jean-Pierre Carvalho fragen, was er sich im Schlussbogen gedacht hat, als er weit nach außen wich.“
Poseidon Adventure verdrängte mit den letzten Galoppsprüngen Lord Hill vom dritten Platz, damit war man in beiden Lagern zufrieden. Natürlich sorgte die Abmeldung am Sonntagmorgen von Adlerflug nebst seinem Pacemaker Sommertag für viel Gesprächsstoff. Kurz angerissen hatte man sie bereits am Samstag mit der Begründung, dass der Derby-Sieger nicht laufen würde, wenn es nicht regnen würde.
Es regnete in den beiden Nächten vor dem Grand-Prix, doch offenbar nicht genug, so dass man sich zur Abmeldung des eigentlich Starts des Rennens entschloss. Für den Veranstalter und das Publikum natürlich sehr bedauerlich.