‘Er ist ein geiles Pferd!’

Array

Siegerehrung zum Preis der Sport-Welt am letzten Samstag auf dem Neusser Hippodrom. Der zehnjährige Wallach Saint Jean hat dieses stark besetzte Handicap in nahezu leichter Manier gewonnen, markierte seinen dritten Treffer in Folge. Als sein Betreuer Christof Schleppi die beiden Ehrenpreise für Trainer und Besitzer in Empfang nimmt, weist er darauf hin, dass er dieses Rennen vor genau zwei Jahren schon einmal gewonnen hat. Natürlich mit Saint Jean.

Es war am letzten Wochenende der elfte (!) Sandbahnsieg für den Armistice-Day-Sohn. Damit ist er nach Anzahl der Siege in Neuss das erfolgreichste Sandbahnpferd. Drei in Folge hat er nun gewonnen, vier an der Strippe gelangen ihm Ende 2002/Anfang 2003. Nun soll beim nächsten Start diese Viererserie wiederholt werden. „Es wird schwierig, denn mit einer aktuellen Marke von 72 Kilo muss er im mittleren Handicap einiges an Gewicht schleppen“, betont Christof Schleppi, der allerdings auch darauf hinweist, dass sich sein zehnjähriges „Sandbahnwunder“ in der Form seines Lebens befindet.

Eigentlich nach jedem Erfolg von Saint Jean kommt es im Neusser Absattelring aus Schleppis Mund heraus. „Ein geiles Pferd“, und er fügt an: „Es ist für mich einfach unbegreiflich, wie er immer wieder zu solch einer Leistung fähig ist. Denn mittlerweile ist es durch die Neuregelung mit dem Sandbahnhandicap ja alles andere als leicht.

Früher konnten wir uns auf Gras im Sommer herunterlaufen, das geht ja nun nicht mehr.“ Und das Schöne dabei sei, so Schleppi, dass Saint Jean mittlerweile sogar mit einem Erlaubnisreiter klar käme. „Ich habe am letzten Samstag zu Dana Majchszak gesagt, es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder er bietet sich unterwegs von selber an, dann zieht er wie ein rotes Moped, oder du verhungerst obendrauf.“

Wie man sich überzeugen konnte, bot sich Saint Jean von selbst an. Seine junge Reiterin: „Er fing auf einmal an zu brummen, da wusste ich im Verlauf der Südseite, dass wir gewinnen können. Ein sensationelles Pferd.

Das war beileibe nicht immer so der Fall. Christof Schleppi: „Wenn Andre Best, der früher meist der Partner von Saint Jean gewesen war, ihn in jungen Jahren in der Gegenseite nicht so richtig aufgemuntert hätte, wäre der Bursche an keinem Pferd vorbeigezogen, wäre als 40 Kilo-Pferd in die Geschichte eingegangen.“ So ist es dann nicht gekommen, mittlerweile hat der Armistice Day-Sohn das Dutzend an Siegen voll gemacht.

Neben den elf Neusser Treffern passierte Saint Jean im März 2002 auch in Frankfurt und somit auf Turf als Sieger die Linie. Dies war genau drei Wochen nach seinem ersten Sieg überhaupt, als er unter Andre Best einen Rennquintett-Ausgleich in Neuss zur Riesenquote von 464:10 gewonnen hatte.

Christof Schleppi zeichnet nicht nur als Trainer und Besitzer, er ist auch Züchter von Saint Jean. Im Millenniumsjahr und somit dreijährig, trug der Armistice Day-Sohn aus der Park Romeo-Tochter Silver Lady erstmals Seide. Und zwar in Straßburg und auf der Hindernisbahn.

„In diesem Metier sollte eigentlich seine Zukunft liegen. So war er zu diesem Zeitpunkt auch nicht bei mir, sondern bei Manfred Weber in Training. Mit einem vierten Platz debutierte er gut genug, so dass wir einige Wochen später sogar in Enghien antraten. Auch dort verkaufte er sich nicht schlecht“, erinnert sich Christof Schleppi.

Vierjährig war dann zum Saisondebut in Herxheim der erste Flachstart fällig, dann wagte man in Wissembourg wieder einen Versuch über Hürden. Schleppi: „Er hatte mich nicht überzeugt, wir beschlossen nun, ihn nach diesem Start heim zu holen.“ Der nichtssagende Auftritt war im Mai, nun bekam Saint Jean eine lange Pause, lief später noch zwei Mal im Jahr, ohne nennenswerte Steigerung.

Fünfjährig überraschte der spürbar gesteigerte Wallach gleich mit zwei Siegen und zum Saisonausklang war in Neuss ein weiterer Treffer fällig. Die Saison 2003 begann der Schleppi-Schützling mit einem Hattrick, so dass ihm insgesamt vier Erfolge in Serie auf der Neusser Sandbahn gelangen. Beim letzten Saisonstart war dann ein weiterer Treffer fällig. Natürlich in Neuss, wo er längst als Sandbahnspezialist galt. Nach einem weiteren Sandbahnerfolg im Februar 2004 wagte man noch einmal einen Auftritt zwischen den Flaggen.

Der Trainer erinnert sich: „Ich hatte den letzten Streichungstermin für ein Listen-Hürdenrennen in Mannheim verpasst und mir gedacht, dann soll er auch dort laufen. Michael Rosport hat ihn dann bei Weber noch einmal gesprungen. Das klappte sehr gut, wir hatten uns Chancen ausgerechnet. Vielleicht hätte er sogar gewonnen, wenn er nicht an der letzten Hürde krass zu Boden musste. Er tat sich zwar nichts, doch danach war für uns das Kapitel Hindernissport mit Saint Jean endgültig beendet.“

2005 markierte der Armistice Day-Sohn früh im Jahr einen Treffer, 2006 gelang ihm beim letzten Saisonstart ein Sieg, nun die beiden Erfolge in dieser Saison. Der Hattrick ist wieder einmal gelungen, nun will man erneut die Viererserie packen.

„Entweder wir laufen im Handicap, oder in einem Altersgewichtsrennen. Im Ausgleich müssen wir natürlich Gewicht herunter nehmen. Christopher Ceballos-Sanchez soll ihn reiten. Dana Majchszak hat zuletzt nichts falsch gemacht, aber es wäre zuviel Blei in der Satteltasche und somit totes Gewicht“, so Christof Schleppi.

Wann Saint Jean seine Rennlaufbahn beendet, das entscheidet, so der Betreuer, das Pferd selbst. „Er geht mittags mit den anderen Pferden auf die Koppel, buckelt zurzeit wie ein junges Pferd, fühlt sich pudelwohl“, so Christof Schleppi, der aktuell fünf Pferde betreut. Unter anderem auch Abacco und Romanello, die beide in diesem Winter auch schon in Neuss zum Zuge gekommen waren. Auffallend ist, dass überwiegend Neuss das Ziel der Schleppi-Pferde ist.

Doch dafür gibt es einen simplen Grund. „Dortmund ist noch einmal knapp hundert Kilometer weiter. Das zieht sich doch sehr. Wir haben schon bis Neuss knapp über 300 Kilometer zu fahren“, erklärt Christof Schleppi, der mit seinen Pferden, wenn sie längere Pausen zwischen den Rennen einlegen, zum Training nach Zweibrücken fährt. „Ich habe mich der Trainingsgemeinschaft Zweibrücken angeschlossen.

Die Bedingungen sind dort im Winter besser als auf meiner Anlage, wir brauchen auch nicht lange reisen, Zweibrücken liegt 25 Kilometer von uns entfernt.“

Sein Geld verdient Christof Schleppi, dessen Sohn Stefan auch bereits die Besitzertrainerlizenz besitzt und in Budapest Tiermedizin studiert, mit seinem wirtschaflichen Betrieb plus Pensionshaltung von Pferden aller Eignungen. Der Vollblutzucht frönt er auch weiter, Saint Jeans Mutter ging 2004 ein, ihre vierjährige Tochter könnte einmal ihr Erbe antreten. „Sie ist nun bald startklar, ich schließe aber auch nicht aus, dass ich sie verkaufen werde“, meint der Coach aus dem saarländischen Bexbach über die von Acambaro stammende Samantha Jones.

Auch für seinen Sandbahncrack gab es im Verlauf der letzten Jahre nicht nur ein Angebot, doch sie wurden alle ohne große Überlegung ausgeschlagen. „So ein Pferd wie Saint Jean besitzt du als kleiner Besitzertrainer nur einmal im Leben“, so Christof Schleppi, der in wenigen Tagen seinen Transporter für Saint Jeans 48. Ausflug auf die Neusser Sandbahn volltanken wird.

Nächste Renntage

Galopprennen in Deutschland
So, 01.10. Düsseldorf
Mo, 02.10. Honzrath
Di, 03.10. Berlin-Hoppegarten
Sa, 07.10. Dortmund
So, 08.10. Köln, Leipzig
Fr, 13.10. Baden-Baden
Galopprennen in Frankreich
So, 01.10. ParisLongchamp, Straßburg
Mo, 02.10. Marseille-Borely, Pornichet
Di, 03.10. Bordeaux, Auteuil
Mi, 04.10. Chantilly, Toulouse
Do, 05.10. Saint-Cloud, Nantes
Fr, 06.10. Compiegne, Lyon la Soie