Die Geschichte der Lolita

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Schaut man sich die Ergebnisse der tragenden Rennen des vergangenen Wochenendes an, dann können diese einem „kleinen“ Züchter oder Besitzer nur Mut machen. Keine der ganz großen Zuchtstätten waren nach dem pferdewetten.de-Stutenpreis oder dem Gerling-Preis im Brennpunkt, keine Besitzer, die in der Regel die Statistiken anführten.

Auf dem Podium standen ein Metzgermeister aus Hilden mit seiner Gattin und ein Pensionär aus Hamburg. Besitzer, die mit relativ bescheidenem Einsatz ihr Hobby pflegen. Und, wie im Fall von Egon Schulz, als Züchter erstmals aktiv werden, wenn die Siebzig schon überschritten sind.

Das Beispiel der klassischen Siegerin Lolita mag zeigen, dass derartige Pferde auch mit sehr übersichtlichen Mitteln gezogen werden können. Es begann alles bei einer Auktion von Tattersalls in Newmarket, die der Münsteraner Staatsanwalt Wilhelm Jackson besuchte, seit vielen Jahren ein engagierter Züchter und Besitzer, ein Cousin von Hendrik Pape.

Beim Blick in den Katalog fiel ihm die damals drei Jahre alte Little Movie Star auf. „Ehrlich gesagt sprang mir zunächst der Name ins Auge“, gesteht er heute, „aber sie war auch interessant gezogen.“ Immerhin tauchte der Name Kornado im Pedigree auf, der Gruppe I-Sieger und aktuelle Deckhengst auf dem Schattauer Hof ist der Bruder von Little Movie Stars Mutter Yukosan.

Trotzdem war es kein Pedigree zum Niederknien. Little Movie Star stammte von Risk Me, ein Hengst, der nur wenige Treffer hatte, die Mutter, eine halbwegs nützliche Sprinterin, hat den auch nicht aufregenden Schimmel Absalom als Vater.

Die Stute selbst stand bei Brian Meehan, der sie extrem früh an den Start brachte, schon beim zweiten Start im Mai zweijährig ein Rennen auf der Allwetterbahn in Southwell gewonnen hatte. Später lief sie sogar während Royal Ascot in den Norfolk Stakes auf Gruppe-Ebene, wurde Sechste. Das war Mitte Juni ihr bereits fünfter Start, seitdem wurde sie auf der Rennbahn nicht mehr gesehen. Immrhin bekam sie eine Timeform-Marke von 81.

Dreijährig wurde sie bereits gedeckt, von dem auch nicht gerade spannenden Bijou d’Inde, der nicht zu Unrecht inzwischen aus England exportiert wurde. Das erste Fohlen starb bei der Geburt, sie wurde nochmals von Bijou d’Inde gedeckt, doch stellte man kurz vor der mutmaßlichen Geburt fest, dass sie gar nicht tragend war.

Jackson wechselte das Gestüt, ließ die Stute von dem Danzig-Sohn Mujahid decken. Der Sieger in den Dewhurst Stakes ist im Gestüt bisher auch nicht sonderlich ausgefallen, doch mit Little Movie Star brachte er Lamarqgue. Der wechselte bei der Jährlingsauktion der BBAG für 14 000 Euro in den Besitz der Familie Reibel. Ein guter Kauf, denn der Hengst hat sich zu einem überdurch-schnittlichen Flieger entwickelt, war im vergangenen Jahr Listensieger über 1300 Meter und dort hinter Lucky Strike auch Zweiter auf Gruppe-Ebene.

Zurück in Deutschland ging der Weg nach Fährhof, zu Lavirco. Dessen Familie taucht interessanterweise auch in der vierten Generation von Little Movie Star auf, denn dort ist seine dritte Mutter Love In zu finden, eine der großen Mutterstuten, die Walther Jacobs importierte. Aufgezogen wurde Lolita bei Dr. Werner Spangler in Suderburg. Von dort wurde sie zur Riemer Herbstauktion geschickt, „für 6000 Euro wäre sie damals verkauft worden“, sagt Jackson, doch dafür fand sich niemand.

Zurück ging es nach Suderburg, im Februar des letzen Jahres dann zu Roland Dzubasz, der sie in Hopegarten auf die Breeze Up-Auktion vorbereitete. Dort hatte sie einen Reservepreis von 12 000 Euro, das ging nicht, Reibels Stall Maban wurde schließlich für 6000 Euro Eigner – das Ergebnis ist bekannt.

Im Jahr danach war Little Movie Star güst nach Tannenkönig, wurde dann ein Jahr an das Gestüt Sommerberg verpachtet, das einen aktuellen Jährling namens Laokoon von Areion hat. Ein Jahr setzte Jackson mit ihr aus, jetzt steht sie im Gestüt Trona, ist aktuell tragend von Noroit. „Als Frau Spangler im Frühjahr nach Frankreich fuhr, wollte sie die Stute schon mitnehmen, zu Lavirco bringen“, erzählt Jackson.

Das könnte nächstes Jahr ein Thema sein. Der Fährhofer, immerhin Sieger im Derby und im Preis von Europa, hat im Gestüt bestimmt noch nicht alle Erwartungen erfüllt. Fight Club ist bisher sein bestes Pferd gewesen, es gibt noch die Listensieger Larana, Soterio und Zorn. Er steht im französischen Nationalgestüt in Pau-Gelos, kostet 2200 Euro Decktaxe. Doch oft kommen gerade solche Hengste groß heraus, die gerade eingegangen, unfruchtbar oder irgendwohin verkauft sind. Lavirco, der eigentlich schon vergessen war, hat sich mit Lolita wieder nachdrücklich in Erinnerung gebracht.

Für Wilhelm Jackson war es im Übrigen nicht das erste Erfolgserlebnis in diesem Rennen. Vor x-Jahren stand er schon einmal auf dem Treppchen, zusammen mit einer Handvoll ehemaliger Studienkollegen, die er im Stall Zollern gebündelt hatte.

Da hatte Rose of Zollern gewonnen, die später für gutes Geld in die USA verkauft wurde. Jackson: „Den Partnern vom Stall Zollern hatte ich auch Lolita angeboten. Doch die wollten nicht, der eine brauchte Geld für eine Lebensversicherung, der andere hatte eine Urlaubsreise vor.“ So ist das Leben: Manchmal wiederholt sich halt die Turfgeschichte.

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