Ein Pferd als Geldanlage? So ein börsenähnliches Geschäft kann funktionieren. Vor allem, wenn es sich um ein leistungsbereites, hartes Pferd handelt, das nichts übel nimmt. Doch Linux ist ein Sonderfall. Dem immerhon schon siebenjährigen Wallach gelang ein Kunststück, das vor ihm wohl noch kein anderes Pferd geschafft hat. Vier Siege innerhalb von zehn Tagen, alle in Bad Harzburg, alle in neuen Farben. „Das war ein Novum“, sagt Norbert Sauer. „Auch für mich, denn das Pferd hat allein beim Sieg im Ausgleich I 12.000 Euro verdient.“
Vor dem Top-Treffer am vergangenen Samstag lagen drei Siege in gut ausgesuchten Altersgewichtsrennen, die mit jeweils 1350 Euro für den Alwuhush-Sohn honoriert waren. Eine beachtliche Ausbeute, wenn man bedenkt, dass Linux ein absolutes Schnäppchen war. „Uli Kerick, Mitbesitzer vom Stall Laurus, hatte sich das Pferd vor einem Verkaufsrennen in Hamburg ausgeguckt“, erzählt Sauer über den früheren Schützling von Martin Rölke, in jungen Jahren in einem österreichischen Listenrennen erfolgreich.
„Uli wusste, dass Linux keine aktuelle Gewinnsumme drückte und er in Harzburg überall reinpasste. Für 7500 Euro war der Wallach in Hamburg eingesetzt, wir haben 7520 Euro geboten. Es gab keine andere Offerte, so dass wir ihn bekommen haben.“
Wichtig sei nur ein kurzer Check gewesen. „Ich habe mich davon überzeugt, dass er gesund ist. Entscheidend war zudem, dass er im Verkaufsrennen nicht ganz hinten war. Dort wurde er Fünfter und war nicht weit geschlagen.“ Verletzt sei Linux auch in der jüngeren Vergangenheit nicht gewesen. Norbert Sauer: „Er wurde kastriert und war im Gestüt seiner früheren Besitzerin. Sie hat das Pferd wenig laufen lassen und allmählich wieder aufgebaut.“
Natürlich wird man sich jetzt schon ein wenig ärgern, Linux abgegeben zu haben. „Da muss man aber realisitisch sein. Ich glaube kaum, dass er sonst nach Harzburg gekommen und dort viermal gelaufen wäre. Wenn man in einem Verkaufsrennen startet, dann muss man halt damit rechnen, dass das Pferd auch einen neuen Besitzer findet.“
Dass Linux nun auf der Bahn am Weßen Stein zum Seriensieger avancierte und 16.050 Euro innerhalb kürzester Zeit eingaloppierte, ist natürlich in erster Linie ein Verdient des Pferdes. „Ich muss Linux ein Kompliment machen. Er hat die Rennen immer unheimlich gut weggesteckt. Das war schon phänomenal“, berichtet der Coach und verweist auf eine erstaunliche Tatsache. „Von Donnerstag bis Samstag, also zwischen seinem dritten und vierten Start, hat Linux zwölf Pfund gefressen, in einer Nacht allein acht Pfund. Er hat voll mitgespielt und auch im Ausgleich I richtig durchgezogen.“
Man hatte den Eindruck, dass Linux und Bad Harzburg einfach zusammengehörten. „Er liebt die Bahn, ist wendig, hat einen schnellen Antritt. Jose Luis Silverio, der bei zwei Erfolgen im Sattel saß, sagte mir, Linux habe in der Geraden von allein angezogen, man habe ihn gar nicht auffordern müssen“, lässt Norbert Sauer durchblicken, der selbst nach jedem Renntag wieder nach Dortmund gefahren ist. „Ich muss mich ja auch um die anderen Pferde kümmern.“
Auch vor dem Top-Handicap, das mit 20.000 Euro stattlich dotiert war, sei man optimistisch gewesen. „Wir haben uns sehr viel ausgerechnet.’ Hana Mouchova machte ihre Sache ausgezeichnet, führte den Wallach zu einem leichten Erfolg. Die Viererserie war perfekt.
Natürlich war die Stimmung nicht mehr zu toppen. „Wir haben im Pavillon gefeiert. Das Ehepaar Schulz vom Stall Löwenherz und Herr Schäfer vom Stall Le Vite waren auch dabei. Anschließend sind wir nach Hause gefahren, haben aber auch dort noch weitergefeiert. Es war eine tolle Sache, wobei die Besitzer vom Stall Laurus mit Herrn Baumgarten, dem Präsidenten in Harzburg befreundet sind. Es war also auch ein Engagement dem Rennverein gegenüber. Wir wollten ihn unterstützen“, schildert Norbert Sauer, der die Kritik an der neuen Bahn nicht verstehen kann.
„Ich bin den Kurs selbst abgegangen und war überrascht, dass man so etwas Tolles daraus machen konnte. Lange war ich in der Rennbahnprüfungskommission. Die Leute haben sich unheimlich viel Mühe gegeben.“
Man werde im nächsten Jahr auf alle Fälle wieder in den Harz zurückkehren. „Man kann die Bahn nur empfehlen. Dass sich Pferde das Bein brechen, passiert auch auf einer großen Bahn. Nur spricht dann kein Mensch darüber. Wenn das auf einer kleinen Bahn vorkommt, werden die Fälle hochgespielt.“
Eine Rückkehr mit Linux auf seine Paradebahn werde es aber wohl nicht geben. Denn dann dürfte er kaum noch den Dress des Stalles Laurus tragen. „Möglich ist nun ein Start in einem Ausgleich I in Baden-Baden, aber wahrscheinlich gehen wir in ein Verkaufsrennen nach Frankreich“, versichert Sauer, der Kritik daran nicht gelten lässt. „So ist das Leben. Man muss als Trainer glücklich sein, wenn man Besitzer hat, die neu investieren. Und dann muss man auch Pferde verkaufen. Der Stall bleibt damit im Gespräch. Wenn man jahrelang dieselben Pferde in seinem Quartier hat, kann man nichts gewinnen.“
Dann können Pferde auch zu einer Geldanlage werden. Wie Linux, der Herrscher über Bad Harzburg.