Mit H. J?rgensen

GaloppOnline.de: Wie geht es Ihnen aktuell, Herr Jörgensen?

Hans-Heinrich Jörgensen: Danke der Nachfrage, besser! Ich habe mich bereits zwei Mal wieder auf die Rennbahn nach Bremen getraut und nehme überhaupt regelmäßig großen Anteil am Sport, den ich via TV im Übrigen auch mitverfolge.

GaloppOnline.de: Und das Training der eigenen Pferde?

Hans-Heinrich Jörgensen: Da habe ich sehr zuverlässige Leute, zwei Vollzeitmitarbeiter und zwei Lehrlinge, aktuell stehen 19 Pferde auf der Trainingsliste. Das Training verfolge ich selbst mit einem Elektroscooter, der es mir erlaubt, dabei zu sein. Und es läuft auch sehr gut, wir haben glaube ich bereits neun Siege in der laufenden Saison eingefahren, wobei es natürlich schön wäre, das Championat von 2008 der Besitzertrainer zu wiederholen. Aber auch der Südwesten ist wie immer sehr stark vertreten.

GaloppOnline.de: Wie sind Sie auf die Pferde gekommen bzw. dem Rennsport nähergekommen?

Hans-Heinrich Jörgensen: Ich hatte in meiner Heimat urprünglich das Fliegen gelernt, aber schnell gemerkt, dass dies auf Dauer eher langweilig war, in einem eng begrenzten Gebiet – ich nenne es mal einen Nudeltopf – zu fliegen und habe schließlich einen Sport mit Action gesucht. Meine ersten Pferde waren Holsteiner, damit fing alles an, die ich dann zu Beginn der Siebziger Jahre gegen Vollblüter ausgetauscht habe.

Von Kurt Stoof kaufte ich beispielsweise meinen ersten Deckhengst. Und ich stellte fest, dass der Zielpfosten wesentlich objektiver war als der Turnierrichter, der nicht selten nach Nasenfaktor entschied. Die ersten Rennpferde standen übrigens bei Friedel Willenbrock. Doch stand für mich immer das Arbeiten mit den Pferden im Mittelpunkt und es sollte nicht lange dauern, da bin ich kurzerhand selbst zur Besitzertrainerprüfung gefahren, die ich dann auch gleich bestanden habe.

GaloppOnline.de: Apropos Besitzertrainer. Ärgert es Sie nicht, wenn wir regelmäßig diese Klischees von den Schönen und Reichen, der High Society mit den Hüten, die sich im Zeitalter leerer Kassen gerne selbst feiern in der Öffentlichkeit bedienen und ein völlig falsches Bild vom Galopprennsport in den Medien gezeichnet wird?

Hans-Heinrich Jörgensen: Es hat zweifellos in den 28 Jahren, die ich als Präsident dem Verein Deutscher Beitzertrainer e.V. vorstehe, einen gesellschaftlichen Wandel gegeben. Galopprennen sind nicht mehr wie damals ein Sport einiger weniger Firmeninhaber, Fürsten oder Bankiers, die reiten und trainieren haben lassen. Im Wandel der Zeit ist der Galopprennsport mehr und mehr Breitensport geworden. Wir haben mit 17 Mitgliedern im Keller der „Alten Post“ auf der Neusser Str. in Köln begonnen, heute sind wir über 400 Mitglieder. Und diese Leute tragen den Sport letztendlich. Ohne die Basisrennen würde es keinen Rennsport mehr geben. Das predige ich seitdem ich den Vorsitz inne habe.

Wenn nur noch Ullmann, Jacobs, Ostermann und Baum gegeneinander laufen, wäre der Rennsport am Ende. Die Schere zwischen Grupperennen und Basisrennen hat sich nicht weiter auseinander entwickelt, das reguliert sich bereits selbst. Und das wir heute Sitz und Stimme im Vorstand des Direktoriums haben, war ein Kampf über viele Jahre und ist ein Stück Rennsportgeschichte. In all den Jahren war es schon mal zum Haare raufen, wir haben viele gute Leute in den Führungsetagen gehabt, die aber oft nicht verstanden haben, das der Basissport gestärkt werden muss. Dafür bin ich angetreten, dieses Ungleichgewicht zu novellieren.

GaloppOnline.de: Auch die Profitrainer beklagen sich nicht selten, dass heute fast jeder trainieren könne?

Hans-Heinrich Jörgensen: Wenn man glaubt, wir würden den Berufstrainern die Butter vom Brot nehmen, ist das nicht zu Ende gedacht. Ich sage es gerne noch einmal. Eine breite Basis ist das Lebenselixier das Rennsports, ohne Besitzertrainer würden diese auf Wald und Wiese veranstalten oder zur Military abwandern. Auch die Bundesliga braucht ein breites Fundament und hat Spieler, die irgendwann einmal auf einem Dorfanger begonnen haben.

GaloppOnline.de: Sie reisen immer noch viel und halten nicht nur naturheilkundliche Vorträge.

Hans-Heinrich Jörgensen: Meine Heilpraktikerpraxis habe ich Ende vergangenen Jahres aus gesundheitlichen Gründen geschlossen. Im Jahr waren es so um die 50 Vorträge, ob in der Naturheilkunde oder an der Kölner Pferdeakademie oder bei Besitzertrainer- Lehrgängen bei der Landwirtschaftskammer oder als Vizepräsident im biochemischen Bund Deutschlands. Ich bin in der Tat viel unterwegs gewesen, zuletzt noch Anfang Juni in Bünde zum Thema Diabetes.

GaloppOnline.de: Ihre schönsten Erlebnisse mit Pferden?

Hans-Heinrich Jörgensen: Also das einzige Mal, wo ich mit dem Sport in all den Jahrzehnten schwarze Zahlen geschrieben habe, war die Geschichte mit Black out. Dem Angebot konnten wir einfach nicht widerstehen. Der Name ist übrigens so entstanden, als ich mit zwei Fohlen nach Hause kam und meine Frau kommentierte: „Da hast du wohl einen Black out gehabt“. Ich konnte an diesem tollen Fohlen, das uns Wilhelm Feldmann im damaligen Gestüt Rheinberg gezeigt hatte, einfach nicht vorbeigehen.

Und Garamond nicht zu vergessen, der zwar keine Sterne vom Himmel gepflückt hat, aber regelmäßig seinen Hafer verdiente. Auf ihm, der kein einfaches Pferd war und der auch schon mal dreifach die Bremse im Rennen einlegen konnte, gewann Thorsten Wäldchen sein erstes Rennen, damals 1989 in Gelsenkirchen. Anschließend trug ihn der Jockeydiener Schmitz auf den Schultern zurück zur Jockeystube.

GaloppOnline.de: Was macht den Virus Galopprennsport für Sie aus?

Hans-Heinrich Jörgensen: Wenn man eine weite Reise zu den Rennen macht, dreimal hintereinander Letzter wird, 14 Tage unter Depressionen leidet und über das Aufhören spricht, anschließend schon wieder mit den Hufen scharrt, ob nicht irgendwo noch ein passendes Rennen ausgeschrieben ist.

GaloppOnline.de: Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Sports?

Hans-Heinrich Jörgensen: Da ich ja oft im Lehnstuhl sitze und mir die Rennen über Sirius anschaue bin ich der Überzeugung, das genau dieses Spezielle ein Fehler war, weil wir nur die Leute erreichen, die dem Sport schon wohl gesonnen sind. Von Astra wegzugehen war ein großer Fehler. Um neue Leute für den Sport zu begeistern muss die Pferdeszene einen eigenen Kanal haben, wo auch der Rennsport einer breiten Öffentlichkeit seine Inhalte präsentieren sollte. Und gerade dadurch kriegt man viele neue Interessenten, denn diese benötigen wir unbedingt. Nicht beachtet zu werden führt zu einer Entwöhnung, denn dann sind wir irgendwann nur noch unter uns.

Dann wünsche ich mir natürlich bessere Erträge, am besten auf dem Niveau der Neunziger Jahre, das wäre schon in Ordnung. Mit der neuen Internetplattform ist ein guter Anfang gemacht. Angst habe ich davor, dass der Gesetzgeber das Kulturerbe Pferd und die dazugehörigen Arbeitsplätze mit einer neuen Gesetzgebung dahingehend verändert, das als Folge weitere Umsätze wegbrechen. Hoffentlich wird die Pferdezucht-förderung nicht auf Hühner- bzw. Straußenzuchtniveau novelliert. Aber den Rennsport wird es, auf welchem Level auch immer, weiter geben, davon bin ich überzeugt.

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