GaloppOnline.de:
Hallo, Herr Schikora, wir hören im Hintergrund Geräusche. Sind Sie beim Werkeln?
Alessandro Schikora:
Das ist richtig, ich bin gerade beim Dübeln. Selbst ist der Mann, ich kann so etwas.
GaloppOnline.de:
Dann haben Sie sich schon wieder in Deutschland eingelebt?
Alessandro Schikora:
Ja, das kann man sagen, nur die Kälte macht zu schaffen.
GaloppOnline.de:
Wie sind Sie mit den derzeit herrschenden Temperaturen klar gekommen?
Alessandro Schikora:
Das war schon eine gewaltige Umstellung, aus dem warmen Asien in die kalte Heimat zu kommen.
GaloppOnline.de:
Das muss doch wie ein kleiner Schock für Sie gewesen sein.
Alessandro Schikora:
Das kann man schon so sagen. Vor allem, weil man uns gesagt hatte, als wir das Flugzeug bestiegen, dass zu Hause achtzehn bis zwanzig Grad Wärme herrschen würden. Die Ankunft fiel dann im wahrsten Sinne des Wortes frostig aus.
GaloppOnline.de:
Hat sich das Abenteuer Macau für Sie gelohnt?
Alessandro Schikora:
Ja, gelohnt in jeder Beziehung. Ich habe Erfahrungen gesammelt, Erfolg gehabt, fünfzehn Rennen gewonnen. Das sind Momente, die mir keiner mehr nimmt. Die Zeit dort war doch viel, viel besser, als wenn ich im Westen geblieben und auf den Sandbahnen bei schlechtem und kaltem Wetter zum Einsatz gekommen wäre, ohne vielleicht eine derartige Siegzahl zu erreichen.
GaloppOnline.de:
Wie sind Sie mit den dortigen klimatischen Bedingungen zu Recht gekommen?
Alessandro Schikora:
Die erste Woche bereitete ohne Zweifel Schwierigkeiten wegen der hohen Luftfeuchtigkeit. Als ich mich dann im Laufe der weiteren Tage akklimatisiert hatte, war der Aufenthalt in Ordnung, traten auch keine Probleme mehr auf.
GaloppOnline.de:
Was überwog, das Finanzielle oder das Kennenlernen einer anderen Welt, einer anderen Kultur?
Alessandro Schikora:
Der Erfolg ist zum Glück auf meiner Seite gewesen. Dort Rennen zu gewinnen, ist vor allem gut für den Kopf und das Selbstvertrauen. Dass dabei auch Geld heraussprang, war ein willkommener Nebeneffekt.
GaloppOnline.de:
Wo liegen in erster Linie die Unterschiede zwischen den Rennen in Macau und in Deutschland?
Alessandro Schikora:
In Macau werden in erster Linie Speedrennen gelaufen, Rennen auf Distanzen zwischen tausend und vierzehnhundert Metern. Aus der Maschine heraus gibt es Riesentempo. Die Macau-Rennbahn Taipa erinnert ein wenig an Frankfurt, hat nur nicht ganz so scharfe Ecken. Und in Frankfurt habe ich schon immer gut abgeschnitten, insofern kam mir Taipa entgegen.
GaloppOnline.de:
Wie ist die Qualität des Sports in Macau zu sehen?
Alessandro Schikora:
Zweifellos gut. Derartige Sprinter haben wir in Deutschland nicht. Rennen auf Mittel- bzw. Steherdistanzen gibt es vielleicht einmal im Monat. Der Sport wird in erster Linie für auf Schnelligkeit gezogene Pferde ausgeschrieben. Die meisten sind Importe, kommen aus Neuseeland und Australien.
GaloppOnline.de:
Wie wurden Sie aufgenommen, fühlten Sie sich als Ausländer?
Alessandro Schikora:
Ich habe mich nie wie ein Ausländer fühlen müssen. Torsten Mundry, der in den gemeinsamen Tagen viel für mich getan hat, brachte mich mit den entscheidenden Leuten wie Trainern und Besitzern zusammen. Sie haben mich gleich akzeptiert und die ganze Sache hat funktioniert. Man muss natürlich auch Glück haben. Nach drei Renntagen hatte ich bereits vier Rennen gewonnen, was die Geschichte zusätzlich erleichtert hat. Damit war man einer von ihnen. Ohne diese Erfolge wäre es möglicherweise wohl schwerer geworden.
GaloppOnline.de:
Wären Sie auch länger geblieben, oder gab es kein Angebot?
Alessandro Schikora:
Ich hatte durchaus die Chance, länger zu bleiben. Doch so etwas muss man im Vorfeld auch länger planen. Ich bekam das Angebot ja praktisch im Urlaub. Beim nächsten Mal würde vorher alles anders ablaufen, würde man anders planen. Und wenn es dahin gehende Anzeichen geben sollte, bin ich wieder da. In Deutschland komme ich nie mehr unter die Top Ten. In Macau war ich dagegen beim Ende des Aufenthaltes Elfter. Torsten ist übrigens noch immer Vierter. Da die dortige Saison bis zum 30. August geht, wird er diesen Platz aber nicht halten.
GaloppOnline.de:
Haben Sie die Ereignisse in Deutschland verfolgt, was sagen Sie zum wiederum verkürzten Jahresprogramm?
Alessandro Schikora:
Als Torsten noch da war, wussten wir in etwa Bescheid, was sich auf den Sandbahnen tat. Später habe ich das nicht mehr verfolgt. Zum Rennjahr 2003 nur so viel: Wieder sind einige Renntage gestrichen worden. Gelsenkirchen ist gar nicht mehr dabei, eine traurige Entwicklung, die einen eine Chance im Ausland noch schneller ergreifen lässt.
GaloppOnline.de:
Werden Sie also wieder nach Macau gehen?
Alessandro Schikora:
Wenn sich die Chance bietet, ja, auf jeden Fall. Dann aber bereits zu Beginn der Saison im Spätherbst.