GaloppOnline.de:
Sie haben einen neuen Start im Stall: Next Desert. Ist er wirklich der beste Zweijährige, den Sie bisher hatten und wie gut ist er?
Andreas Schütz:
Ich bin mir ziemlich sicher, das er der beste Zweijährige ist, den ich bisher trainiert habe. Wie gut er insgesamt ist, ist natürlich jetzt schwer zu sagen. Zumal ich eigentlich kein Zweijährigen-Trainer bin. Ich bin keiner, der die Pferde 2-jährig puscht, denn das Hauptziel ist und bleibt die Dreijährigen-Saison. Ich habe mit Cheirokratie zwar den Winterfavoriten des letzten Jahres trainiert, würde Next Desert aber noch höher einschätzen.
GaloppOnline.de:
Das Championat, das zweite nach 2000, ist in greifbarer Nähe. Ist die Titelverteidigung Ihr Ziel?
Andreas Schütz:
Nein, eigentlich nicht direkt. Jetzt kommt aber langsam die Zeit, wo man schon mal mit einem Auge dort hinschielt. Mit einem ganz großen Erfolg hat es in diesem Jahr ja leider nicht geklappt und da wäre das Championat am Ende des Jahres ein schöner Erfolg und ein guter Ausklang der Saison.
GaloppOnline.de:
Bei Ihnen ist Andrasch Starke Stalljockey. Peter Schiergen hat keinen Mann für die nächste Saison. Ein Ullmann-Angebot ist da nicht auszuschließen. Wie sehen sie die Situation?
Andreas Schütz:
Ein solches Angebot hat es schon gegeben und ist bereits abgelehnt worden. Andrasch und ich sind uns einig, dass wir auch im nächsten Jahr wieder zusammen arbeiten werden. Bei uns wird da nicht so ein Wind drum gemacht wie in manch anderem Stall. Und deswegen sind wir damit auch nicht an die Öffentlichkeit gegangen. Aber wir beide sind uns schon lange einig.
GaloppOnline.de:
Könnte man in einem so großen Stall ohne festen Stalljockey arbeiten oder wäre das nicht denkbar?
Andreas Schütz:
Doch, das ist auf jeden Fall denkbar. Darüber habe auch ich im letzten Jahr einmal nachgedacht. Wir kommen bei den Einkommensverhältnissen der Jockeys langsam in Regionen, die im deutschen Galopprennsport nur schwer zu bezahlen sind. In Deutschland steht nicht ein Scheich dahinter und finanziert den Jockey. Diese verdienen aber zum Teil nicht wesentlich weniger, als es im Ausland der Fall ist. Ich glaube, dass wir in einigen Jahren eine Situation wie in Amerika haben könnten, wo die großen Ställe mit Freelancern arbeiten.
GaloppOnline.de:
Wie schätzen sie die Arbeit eines Stalljockeys ein?
Andreas Schütz:
Ich kann mir derzeit nicht vorstellen, ohne ein Team von Stalljockeys zu arbeiten. Die sind für den Erfolg ungemein wichtig und spielen bei der Vorbereitung der Pferde eine große Rolle. Vor allem bei den jungen Pferden spielen die Jockeys eine große Rolle. In jeder Arbeit sitzen bei mir die Jockeys im Sattel und wir tauschen uns nach dem Training über diverse Dinge wie Boden, Distanz und bei den jungen Pferden auch Reife aus. Für solchen Sachen sind Stalljockeys natürlich sehr wichtig.
GaloppOnline.de:
Sie sind seit fast vier Jahren Trainer und haben dabei sehr viel gewonnen. Was war der wichtigste Erfolg?
Andreas Schütz:
Also ich denke, dass der größte Erfolg bisher schon die drei Erstplatzierten im Deutschen Derby im letzten Jahr waren. Dazu kommt natürlich das Doppel mit Samum durch den Erfolg im Großen Preis von Baden. Auf den ersten großen internationalen Erfolg warte ich ja noch immer. Schön war auch das Doppel-Championat im letzten Jahr mit meiner Frau.
GaloppOnline.de:
Wie wichtig ist das Team eines Rennstalles, das zumeist im Hintergrund wirkt?
Andreas Schütz:
Das Team im Hintergrund ist sehr wichtig und spielt für den Erfolg eine große Rolle. Eine gute Mannschaft ist der Grundstock für erfolgreiches Arbeiten. Und wir haben eine gute Mannschaft. Ich lege sehr großen Wert darauf, dass es innerhalb des Teams sehr wenige Wechsel gibt. Wir arbeiten sehr gut zusammen und die Stimmung unter den Leuten ist auch sehr gut. Das Team ist so gut eingespielt, dass ich mir, auch wenn ich mal für eine Zeit wie zum Beispiel mit Caitano weg bin, keine Sorgen machen muss.
GaloppOnline.de:
Das Samum-Comeback steht für Sie nicht infrage. Wird er anders auf die Rückkehr vorbereitet als andere Pferde?
Andreas Schütz:
Nein, er wird nicht irgendwie speziell vorbereitet. Er wird den Winter über leichtes Training machen und wird an den Tagen, an denen es nicht friert, auch galoppieren, um wieder aufzuholen. Caitano absolviert schon die letzten drei Jahre über Winter Arbeiten. Diesem Training wird sich Samum nun anschließen und dann ist ein frühes Comeback im nächsten Jahr geplant.
GaloppOnline.de:
Wieviel Einfluß hatte Ihr Vater auf ihre jetzige Arbeit?
Andreas Schütz:
Er hatte sehr, sehr großen Einfluss. Ich habe an der Seite meines Vaters sehr viel sehen, erleben und lernen dürfen. Das Training meines Vaters habe ich weitestgehend übernommen und fahre auch sehr gut damit. Er hat mit sehr viele Dinge mitgegeben. Zum Beispiel im Umgang mit Besitzern oder beim Training der zweijährigen Pferde. Auch, als er schon sehr krank war, hat er mir noch wertvolle Tipps gegeben und mir gezeigt, was die wichtigen Werte sind und was es nicht zu vernachlässigen gilt. Ich glaube, ich und meine Arbeiten entsprechen seinem Wunsch und er wäre, wenn er noch da wäre, nicht böse mit dem, was ich fabriziere.
GaloppOnline.de:
Und was machen Sie völlig anders als ihr Vater?
Andreas Schütz:
Also ich kann nicht sagen das ich etwas anders mache, als es mein Vater getan hat. Es gibt Leute, die haben schon nach der ersten und zweiten Saison gesagt, dass es Unterschiede geben würde. Ich erkenne aber keine. Ich trainiere die Pferde relativ nach Gefühl und Auge. Es gibt jede Woche etwas Neues und es heißt, das Training immer wieder den neuen Begebenheiten anzupassen. Was ich mache, mache ich nicht nach festen Regeln. Gefühl und Auge sind entscheidend. Und der Erfolg ist ein Barometer dafür, ob man richtig fährt. Und da bestätigen uns die letzten Jahre.
GaloppOnline.de:
Warum laufen die Schütz-Pferde im Frühjahr immer so schnell? Gibt es da ein Geheimrezept?
Andreas Schütz:
Das Geheimrezept ist ganz einfach die Tatsache, dass wir kontinuierlich durcharbeiten. Auch über Winter werden die Pferde gearbeitet, wenn es die Witterung zulässt. Da geht es am 5. Januar schon wieder zur Sache. Ich muß da immer an einen Satz des französischen Trainers Andre Fabre denken. Dieser hat gesagt: "Pferde brauchen keine Pause. Die, die die Pause brauchen, sind wir Menschen"
GaloppOnline.de:
Würde es Sie reizen, im Ausland zu trainieren und wie sind Ihre Ziele definiert?
Andreas Schütz:
Im Moment würde mich ein Job im Ausland nicht reizen, da ich mich hier in Deutschland sehr wohl fühle. Das hängt aber natürlich auch von der wirtschaftlichen Situation im Rennsport hierzulande ab. Wenn es irgendwann nur noch auf drei Rennbahnen Rennen gibt und es im Hauptrennen um 8.000 Mark geht, bin ich mit Sicherheit nicht mehr in Deutschland.
GaloppOnline.de:
Wie sind die Trainings-Bedingungen aktuell in Köln? Träumen sie manchmal von Trainingsbedingungen wie im Ausland?
Andreas Schütz:
Ich halte die Trainingszentrale in Köln schon für sehr gut. Zumal man sich in letzter Zeit auch intensiv um die Bahn bemüht hat. Das soll aber nicht heißen, das es in Köln nicht noch Spielraum für Verbesserungen geben würde. Die Grastrainierbahn ist zum Beispiel noch stark zu verbessern, wird von mir daher auch nicht so häufig genutzt.
GaloppOnline.de:
Wer sind ihre Derbyhoffnungen für 2002?
Andreas Schütz:
Das ist um diese Zeit noch schwer zu sagen. Es gibt in unserem Stall noch einige verheißungsvolle Kandidaten. Einer ist aktuell natürlich Next Desert. Bei ihm bin ich mir aber noch nicht sicher, ob er auch stehen kann.
GaloppOnline.de:
Benjamin Clös ist aktuell in aller Munde. Wie gut sind diese Hoffnungsträger wirklich?
Andreas Schütz:
Also Benni ist sicherlich einer der besten und talentiertesten Nachwuchsreiter der letzten zwei bis drei Jahre. Aber man sollte ihn nicht als den neuen Superstar sehen. Dafür macht er einfach noch zu viele Fehler, was aber auch normal ist. Es steckt noch viel Arbeit darin, aus ihm einen Klasse-Jockey zu machen. Sehr viel Talent hat er aber. Das ist unumstritten.
GaloppOnline.de:
Benjamin Clös hat zuletzt eine Denkpause erhalten. Das hatte Starke früher auch. Üben sie also auch pädagogischen Einfluss auf ihn aus und wie wichtig ist das in der Startphase?
Andreas Schütz:
Er hat die Denkpause erhalten, weil er sich nicht an die Regeln gehalten hat. Ich wollte ihm damit zeigen, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit, auch für ihn, ist. Wie ich schon gesagt habe, ist das Training der Grundstock des Erfolgs. Dazu gehört auch der Anteil von Benni und den, den er dazu leisten muss. Es macht aber Spaß, sich um den Jungen zu kümmern, da man durch den Erfolg bestätigt wird und er es gerne aufnimmt. Auch Andrasch hilft ihm und gibt ihm Tipps. Er durfte bei uns im Stall schon lange reiten. Wir haben uns dann aber entsprechend Zeit genommen, ihn dem Publikum "rennfertig" vorzustellen. Das war uns ganz wichtig.
GaloppOnline.de:
Was ist für Sie der größte Fehler, der im deutschen Galopprennsport gemacht wird?
Andreas Schütz:
Der größte Fehler und das größte Problem im Sport ist die Tatsache, dass die meisten Leute noch nicht begriffen haben, dass wir eine Einheit sein müssen und wir nur zusammen erfolgreich sein können. Hier gibt es Grabenkämpfe und Feindschaften, die uns in keinster Weise nach vorne bringen. Der Sport muss vom Kopf her professioneller gestaltet werden, mit einem Team von Profi-Managern an der Spitze. Nicht einer, sondern eine ganze Mannschaft muss es sein. Die Rennvereine sollten durchaus zentralisiert werden. Des weiteren sollten die Aktiven in praktische und renntechnische Fragen mehr einbezogen werden. Auch im Bereich Sponsoring muss sich etwas tun. Es sollte den einzelnen Personen wie Jockeys gestattet sein, Werbung zu machen.