Niko Lafrentz

GaloppOnline.de: Wie kam es zu dieser für den deutschen Galopp-Rennsport doch ziemlich schnellen Entscheidung der Option, dass die Anteilseigner ihr Geld zurückerhalten, wenn gewünscht?

Niko Lafrentz: Ganz einfach. Wir halten uns an die Versprechungen aus dem Anleger-Prospekt und der Werbe-Broschüre. DVR-Präsident Albrecht Woeste schrieb damals: „Wohlgemerkt: Es geht nicht um Spenden, sondern um ein echtes Investment mit entsprechender Rendite- und Rückzahlungsplanung.“ Diese Planung haben wir nun umgesetzt.

GaloppOnline.de: Aber ziehen Sie mit dieser Aktion nicht gleich wieder unheimlich viel Geld heraus aus dem Rennsport? Investitionskapital wird dringend gebraucht.

Niko Lafrentz: Das glaube ich nicht. Neben den Privatanlegern haben sich auch viele Institutionen des Galopp-Rennsports beteiligt. Das Direktorium selbst, mehrere Rennvereine, die BBAG, die verschiedenen Besitzervereinigungen und Verbände. Da fließt die Rückzahlung mit der Rendite – wir reden von ca. einer Million Euro – direkt zurück in den Sport.

GaloppOnline.de: Aber es werden doch viele Privat-Anleger ihr Geld zurück wollen, oder sehen Sie das anders?

Niko Lafrentz: Sicherlich. Und zwar vor allem dann, wenn wir ihnen keine zukunftsfähige und finanziell attraktive Alternative anbieten. Wenn uns aber ein großer Schlag gelingt, dann wird sich das zur Verfügung stehende Anleger-Kapital eher verdoppeln als weniger werden.

GaloppOnline.de: Verdoppeln? Wie soll das denn gehen? Ist das nicht eher ein Wunschtraum?

Niko Lafrentz: Wenn man sich die aktuelle Kommanditisten-Liste genauer anschaut, dann fehlen da doch viele prominente Namen. Und bei einigen prominenten Namen fehlt die eine oder andere Zahl vor dem Komma. Wer sich heute hinstellt und über die Zukunft unseres Sports – und damit über die Verteilung der RaceBets-Gelder – mitbestimmen will, der sollte sich auch mitbeteiligen. Das ist zumindest meine Meinung.

GaloppOnline.de: Kommt das nicht einer dezenten Erpressung nahe?

Niko Lafrentz: Es ist eher eine freundliche Ermunterung. Wir haben schon bei der ersten Sammlung 2009 das Motto ausgegeben: „Jeder nach seinen persönlichen finanziellen Möglichkeiten.“ Das gilt heute erst recht. Dazu kommt, dass wir bewiesen haben, dass man mit Galopp-Rennsport in Deutschland als Anleger Geld verdienen kann.

GaloppOnline.de: Da sind wir beim Thema. RaceBets war, wenn das alles so eintritt wie geplant mit dem Anteil von 16 Millionen Euro, ein Glücksfall. Wie wollen sie das denn wiederholen?

Niko Lafrentz: Die RaceBets-Beteiligung war ein Einzel-Investment in einen sehr kleinen, aber höchst erfolgreichen Geschäftsbetrieb. Mit dem neuen Projekt müssen wir uns viel breiter aufstellen, neue Wege gehen. Die Pferdewette darf natürlich nicht fehlen, das war immer unser Geschäftszweck. Aber auch die Sportwette darf kein Tabu mehr sein. Wir haben Know-how und Strukturen, die wir Gewinn bringend weiter vermarkten können.

GaloppOnline.de: Ist der Kuchen des Sportwetten-Marktes nicht längst aufgeteilt und hat hier nicht schon ein harter Verdrängungswettbewerb eingesetzt?

Niko Lafrentz: Überhaupt nicht. Man braucht nur Visionen. Eine Frage: Wobei sind wir deutschen Galopper denn besonders gut im Wettgeschäft? Wir können Totalisator und wir stehen unter öffentlich-rechtlicher Aufsicht mit dem Segen der Politik. Wir sind die Guten unter den „bösen“ Zockern. Wenn nun irgendein deutscher Sportverband über das Wetten neue Gelder generieren will – und das kommt wie das Amen in der Kirche – dann sind wir logischer Partner, um die Genehmigungen zu erhalten.  Natürlich gegen Gebühr. Die Schweizer machen es uns vor. Kurz vor Weihnachten übertrug die ARD zur Primetime Skispringen aus Engelberg. Dabei standen Moderator Matthias Opdenhövel und Fachmann Dieter Thoma vor einer Wettkasse und diskutierten die Quoten vor dem zweiten Durchgang. Wettmathematisch ist das ein Rennen mit 30 Startern. Hier braucht man keine Festquoten mit riesigem Personal- und Daten-Apparat im steuergünstigen Ausland. Da kann man auch einen Totalisator hinstellen. 10 Euro auf Richard Freitag im Neujahrsspringen. Ein Riesengaudi im Schnee und die Abzüge teilen sich der betreffende Verband und wir, die Dienstleister. Da könnte German Tote all seine neuen Kassen gewinnbringend aus dem Winterschlaf holen.

GaloppOnline.de: Ist das eine der Ideen aus den so genannten Schubladen, von denen seit dem RaceBets-Geldsegen zu hören ist?

Niko Lafrentz: Das weiß ich nicht. Ich kenne nur die Konzepte aus den beiden Ideen-Wettbewerben von German Racing Next Generation. Da sind wahre unternehmerische Perlen dabei. Leider haben einige Bewahrer in unseren Verbänden diese Konzepte in die unterste Schublade gepackt und den Schlüssel weggeworfen. Die Angst vor Veränderung ist ja völlig verständlich. Aber sie ist leider immer der Anfang vom Ende. Ich wünsche mir, dass die Leute, die jetzt sagen, meine Frau hatte damals Recht gehabt mit German Racing, auf die Idee kommen, vielleicht hatte sie ja auch Recht mit den Konzepten von Next Generation. Bei uns liegt das oben in der Schublade und den Schlüssel haben wir auch noch.

GaloppOnline.de: Was liegt denn da so alles drin, von dem Sie glauben, dass das erfolgreich sein kann?

Niko Lafrentz: Als Züchter gefällt mir das Konzept zur Gewinnung neuer Besitzergemeinschaften mit gleichzeitiger Förderung der Durchschnittspreise bei der BBAG und Unterstützung der heimischen Zuchten und Trainings-Quartiere. Professionell umgesetzt wird das auf längere Zeit ein Profitcenter mit viel Win-Win-Potential. Stark ist auch der „wandernde Wettzirkel“ zur Förderung der Totalisator-Wetten auf den Rennbahnen. Und es gibt eine Champions-League, die den Namen auch verdient.

GaloppOnline.de: Wie soll es denn Ihrer Meinung nach jetzt weitergehen? Man hat zwar Zeit, dass das Geld aus dem RaceBets-Verkauf ja erst noch fließen muss, aber andererseits drängt die Zeit ja auch.

Niko Lafrentz: Am 25. Januar gibt es die Mitgliederversammlung des Direktoriums. Ich hoffe, dass man den  Beschluss fasst, einen internen Think Tank – also eine Denkfabrik aus den eigenen Reihen – mit dem weiteren Vorgehen zu beauftragen. Unsere Gremien als Ganzes eignen sich nicht, da gibt es zu viele Bedenkenträger und ewig Gestrige, wie ich es einmal formulieren würde. Das sind Zeitdiebe. Wir brauchen ein Team der besten und engagiertesten Kräfte, und bitte mit einer vernünftigen Frauen-Quote und einem Altersschnitt unter 50. Das muss übrigens nicht teuer sein. Allerdings müssen wir dieses Team räumlich vom Verband trennen. Und von Einzelinteressen. Am besten geht’s nach Berlin in ein Büro der hippen Start-Up-Türme. Da kann man in der Kantine gleich neue Besitzer-Gemeinschaften gründen. Ich denke, so können wir einige der jungen Querdenker, Fachkräfte und Talente aus der ersten Konzept-Phase zurückgewinnen, die sich in den letzten Jahren abgewendet haben. Sie haben umsonst gearbeitet und wurden vom Verband mehrfach vor den Kopf gestoßen. Der Stachel sitzt tief. Wir müssen ihnen nachhaltig versprechen: Wenn ihr jetzt in der neuen Konzept-Phase gute Arbeit leistet, dann könnt ihr den Job haben. So geht das heute. Erst neue Leute einstellen und sich dann über die Zukunft Gedanken machen, halte ich für einen fatalen Fehler, den wir nicht wiederholen sollten.

GaloppOnline.de: Das bedeutet aber, man braucht vor allem auch jemanden, der die Zügel in der Hand hält als verantwortlicher Manager. Der sich sein Team zusammenstellt, die Ideen abwägt und die guten mit Schwung umsetzt, oder? Irgendjemand als Einzelperson oder als kleines Führungsteam in den neuen Strukturen muss ja den Hut aufgesetzt bekommen.

Niko Lafrentz: Ich denke, eine Troika reicht: 1.) Rennsport, 2.) Wetten, 3.) Wirtschaft und Werbung. Jede(r) hat sein Fachgebiet, kann aber den/die andere(n) vertreten. So haben wir eine 24 Stunden – 7 Tage Führung. Und die brauchen wir auch. Darunter kommen die Teams, und es gibt immer ein Open House für alle, die die Zukunft mitgestalten wollen. Finanziell ist diese Phase ein kleines, aber über Budgets regulierbares Risiko. Und wichtige Kompetenzen werden in dieser Phase nicht abgegeben. Das müssten doch alle in der DVR-Hauptversammlung tragen können.

GaloppOnline.de: Sie haben Berlin angesprochen. Das ist ja bekanntlich ihre Heimatstadt. Sind Sie dabei?

Niko Lafrentz: Ich werde in zwei Jahren 60. Jung-dynamisch geht anders. Ich stelle mich aber gern als Mentor zur Verfügung, helfe gern beim Organisieren und öffne die Türen zu unseren Netzwerken. Wie schon vor sieben Jahre gesagt: Unser Antrieb ist, dass wir möchten, dass  unsere Kinder und deren nächsten Generationen so viel Spaß am Rennsport in Deutschland haben wie wir. Und wenn sich unsere gesamte Alt-Herrenriege im Direktorium – mich eingeschlossen – in diesem Prozess als Moderatoren versteht und nicht als Dominatoren, dann wird das auch was.

GaloppOnline.de: Aber noch mal: Moderieren reicht doch nicht, irgendwer muss doch „Machen“.

Niko Lafrentz:  Keine Angst, die finden wir schnell. Nur das ist jetzt wie vor einer Bundespräsidenten-Wahl. Wer einen Namen zu früh in die Runde wirft, verbrennt ihn. Ich werde gern im Januar wie andere auch drei-vier Vorschläge machen. Glauben Sie mir, unser Sport hat so viel Potential, dass wir mit ein paar Schneebällen die Lawine der Erneuerung ins Rollen bringen.

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