Man kann nicht gerade behaupten, dass in Zeiten von Bankenkrise und Existenzkampf des Deutschen Rennsports die Investoren im Turf Schlange stehen. Deshalb ist es schon bemerkenswert, wenn jemand daher kommt, ein Gestüt in Deutschland, eines in England, einen Deckhengst, und dazu noch auf den wichtigsten europäischen Auktionen Mutterstuten und Rennpferde mit erstklassigem Blut erwirbt. Wolfgang Heymann, Unternehmensberater mit eigener Firma in Frankfurt, ist der Mann, der mit diesen Aktionen mit einem Schlag in das Blickfeld der Turfszene geraten ist. Vor fünf Jahren hatte der 57-Jährige mit dem Rennsport noch nichts zu tun. Doch wie es so häufig der Fall ist, gegen den Turfvirus kann man sich nicht wehren. Heymann wurde bei einem Besuch der Derbybahn in Hamburg-Horn im Jahr 2005 infiziert.
Der gebürtige Wuppertaler, der durch einen Freund auf die Rennbahn kam, war sofort Feuer und Flamme. „Eigentlich habe ich gleich an diesem Tag entschieden, dass ich eine Zucht aufbauen will. Andere kaufen sich vielleicht erst mal ein Rennpferd, aber mir war klar, dass ich es mit einem Gestüt versuchen will“, so Heymann, der sich dann gemeinsam mit seiner Frau Ulrike Feill auf die Suche nach einem passenden Gestüt machte. Fündig wurde man in der 15.000 Seelen-Gemeinde Bad Wurzach in Baden-Württemberg, die in einer weiten Niederung zwischen dem Allgäu und Oberschwaben am Rande des Wurzacher Rieds in 650 bis 800 Meter Höhe liegt. „Wir hatten ein Areal von 20 Hektar erworben und dachten, damit wären wir gut aufgestellt. Doch wir mussten schnell erkennen, dass wir damit niemals hinkommen würden, so haben wir inzwischen weitere 80 Hektar dazugekauft, haben also jetzt 100 Hektar Land. Das tolle ist, dass wir direkt bei den Pferden wohnen, es ist also kein Gestüt wie man es kennt, mit einem Herrenhaus und dann irgendwo die Stallungen. Wir sind direkt am Geschehen dabei und das macht richtig Spaß“, erklärt Wolfgang Heymann.
Ein Gestüt war nun also da, was noch fehlte waren die Mutterstuten, ohne die man eine Zucht natürlich nicht aufbauen kann. „Wir sind dann mit unserer damaligen Gestütsleiterin zur Auktion nach Baden-Baden gefahren, haben dort vier Mutterstuten gekauft. Eine Brümmerhoferin, eine aus der Eversfield-Zucht, eine vom Union-Gestüt und eine Fährhoferin. Mir wurde aber schnell klar, dass das bei weitem noch nicht ausreicht, denn ich bin jetzt 57 und möchte ja irgendwann auch noch die Ergebnisse und hoffentlichen Erfolge meiner Zucht miterleben. Also haben wir freihändig vier weitere Stuten erworben, von Etzean und Auenquelle. Da wir aber auch eine internationale Note in unsere Zucht bringen wollten, haben wir dann auch die Top-Auktionen im Ausland besucht.“
Goffs in Irland, Tattersalls in Newmarket und die Arqana-Auktion in Deauville waren die Reiseziele Heymanns in der nächsten Zeit. Und man kehrte nicht mit leeren Händen zurück, erwarb weitere Mutterstuten, sodass inzwischen 20 Mutterstuten im Gestüt Hofgut Heymann beheimatet sind. Ausgesucht hat Heymann die Pferde in der Regel selbst. „Einen Berater habe ich nicht gehabt. Ich habe mich natürlich sehr viel mit Freunden ausgetauscht und musste mich als Neuling natürlich tief in die Materie einlesen“, erklärt Heymann, der seit einiger Zeit neben dem Gestüt auch einen Rennstall unterhält. Unter dem Namen Stall Speedlegs GmbH (GmbH deshalb, weil ich die Gestüte und den Rennstall voneinander trennen möchte, ich halte nichts davon, alles zu vermischen“) stehen insgesamt zehn Pferde auf den Trainingslisten der Trainer Christian von der Recke, Waldemar Hickst und Wolfgang Figge.
„In erster Linie züchten wir zwar für den Markt, aber mit einem eigenen Rennstall, der jedoch nicht zu groß werden soll, gibt man den potenziellen Käufern natürlich auch ein Zeichen“, erklärt Heymann, der seine Trainer sorgfältig ausgewählt hat. „Wir hatten ein Profil und haben geschaut, wer dem entspricht, durch meinen Beruf habe ich in so etwas natürlich Erfahrung. Ganz am Ende hat sicher auch das Bauchgefühl noch eine Rolle gespielt. Ich denke, wir sind mit den Trainern sehr gut aufgestellt, es gibt sicher schlechtere Adressen im deutschen Rennsport“, so Heymann, der vor wenigen Wochen mit dem Kauf des Lone Oak Studs in Newmarket sogar für Schlagzeilen in der Racing Post sorgte. Gemeinsam mit seiner Frau und einem Geschäftsführer seines Unternehmens („durch ihn habe ich überhaupt die Zeit, mich um den Aufbau des Gestüts zu kümmern“) erwarb er die Zuchtstätte, die sich nun Great Bradley Oak Stud nennt, auch als Pensionsgestüt dienen soll und auf der mit dem in zahlreichen Gruppe-Schlachten bewährten Poseidon Adventure auch gleich ein neuer Stallion einzieht.
„Er ist uns von Herrn Wernicke angeboten worden. Wir haben uns dann genauer mit ihm befasst. Was ihm fehlt, ist zwar ein Gruppesieg, aber er hat im Gegensatz zu den meisten anderen Pferden eine unglaublich Härte bewiesen. Er war zudem immer gesund und ist auf dem höchsten Level ja oft nur ganz knapp am Sieg vorbeigeschrammt. Ein Pferd, dass auf diesem Niveau 30 Rennen bestreitet, gibt es nicht oft“, so Heymann. Für 6.000 Pfund deckt der Neu-Stallion 2010, unterstützt wird er natürlich von den heimischen Stuten. „Wir werden zehn Stuten zu ihm schicken. Die Idee zum Kauf des Gestütes kam uns, als wir im letzten Jahr mit vielen Stuten bei Darley in Irland waren. Ich denke, es ist für die deutschen Züchter, besonders für die kleineren, sehr interessant“, so der Durchstarter.
Eingebunden in den Aufbau des Gestüts ist Jürgen Werthenbach („Er kommt gleich nach mir und meiner Frau, ist hauptverantwortlich für unsere rennsportlichen Operationen“), der in allen Belangen das Vertrauen des „Chefs“ genießt. Die Frage, ob es in Zukunft auch Rennpferde in seinen Farben bei englischen Trainern geben wird, verneint Heymann. „Nein, das haben wir nicht geplant“, so der Züchter, der in den 90er Jahren geschäftsführender Gesellschafter bei der Firma CompuNet in Frankfurt war und sich durchaus auch eine verantwortliche Position im deutschen Turf vorstellen könnte.
„Man kann nicht immer nur den Verantwortlichen Haltungsnoten geben und sich selber nicht einbringen. In den nächsten Monaten werde ich sicher keine Zeit für eine Funktion haben, aber wenn man mit etwas an mich herantritt, kann ich mir schon vorstellen, mal etwas in dieser Hinsicht zu machen“, so Heymann, der auf seinem Gestüt im Allgäu auch fleißig mit anpackt. „Das ist im Gegensatz zu den meisten Gestüten der große Unterschied. Wir sind hier ganz dicht dran, ich habe die Zäune teilweise noch selber aufgezogen, habe jedes Pferd geführt, gebürstet etc., das macht richtig Spaß“, erklärt der Mann der aktuell von Null auf hundert im Turf durchstartet. Wobei ihm Erfolg zu wünschen wäre, denn Menschen wie Wolfgang Heymann können dem deutschen Rennsport nur guttun.