Die Globalisierung macht auch vor dem Rennsport nicht halt. Im Gegenteil, allein ein Blick auf die Statistik bei den Jockeys, macht deutlich, dass es auch im deutschen Turf eine echte Multi-Kulti-Gesellschaft gibt. Doch auch bei den Pferden sind es schon lange nicht mehr nur jene aus der deutschen Zucht, die auf dem Grünen Rasen – oder auf Sand – den Ton angeben.
Importe, in erster Linie aus England, sind von den deutschen Bahnen kaum noch wegzudenken. Bester Beweis dafür war der letzte Renntag in Neuss, an dem mit Godfreyson, Wiltshire und Feelin Iie gleich drei Importe gewannen.
Insgesamt tummelten sich in der bald zu Ende gehenden Saison mehr als 60 aus dem Ausland eingeführte Pferde auf den deutschen Bahnen, die zusammen über 100 Rennen gewinnen konnten. Was macht die Pferde aus dem Ausland so interessant für deutsche Besitzer?
Champion Christian von der Recke, zusammen mit Mario Hofer wohl der Trainer mit den meisten und erfolgreichsten Importen, und gerade wieder in Newmarket auf der Auktion aktiv gewesen, nennt den Grund: „Es gibt in jedem Land ein anderes Rennsystem und dementsprechend auch Pferde, die in ihrem jeweiligen Land im System keine Chance mehr haben. Das kann in einem anderen Land aber wieder ganz anders aussehen. Ein Pferd wie Sky Crusader ist das beste Beispiel.
Der lief in England immer in großen Handicaps mit 20 oder 30 Startern und wurde dann Siebzehnter, aber nur wenige Längen vom Sieger geschlagen. Er kam im Ausgleich dann aber nicht sonderlich herunter und konnte nichts verdienen. Bei uns konnte er dann in Altersgewichtsrennen starten und sich eine neue Marke holen. Irgendwann ist ein Pferd dann aber natürlich auch in unserem System erfasst, aber dann kann man es in Verkaufsrennen in Frankreich aufbieten.‘
Mit Tarkheena Prince hat er in dieser Saison einen Import präsentiert, der sogar zum Listensieger avancierte. Ähnliches Kaliber vertrat Sky Crusader, den Recke Ende vierjährig für 12.000 Guineas, (damals ca. 18.000 Euro) erwarb. Damals hatte der Wallach gerade einmal zwei Rennen gewonnen, inzwischen sind es 17, sogar auf Gruppe-Parkett lief er in seiner alten Heimat in diesem Jahr ins Geld. Allerdings nicht mehr für von der Recke, denn nach einem Erfolg in einem Verkaufsrennen in Frankreich, blieb er im Nachbarland. Zwei der populärsten Importe hat Trainer Mario Hofer einst für den Galoppclub Deutschlandf trainiert.
Aljaarif und Capital Secret. Ca. 6800, bzw. 4500 Pfund kosteten sie, als der Krefelder Trainer sie bei Tattersalls in Newmarket erwarb. Beide steigerte der Österreicher aus der Sieglosenklasse bis in Grupperennen, wobei Letzterer auf diesem Parkett im Preis der Freien Hansestadt Bremen sogar erfolgreich war. 15 Rennen gewann der Wallach, während Aljaarif, dessen Highlight der Sieg im Sandbahn Grand Prix in Cagnes war, sogar noch zwei Rennen mehr gewann. Mit 175.081 Euro (Aljaarif) und 124.266 Euro verdienten sie ein zigfaches ihres Ankaufspreises. Ein echtes „Schnäppchen“ war natürlich auch Grantley, den die Besitzer des Frankfurter Stalles Splitt über das Internet erwarben. 14 Siege, darunter zwei auf Listenebene im Neusser Sandbahn Grand Prix und im Grand Prix-Aufgalopp brachte der speedstarke Oldie, der immer noch aktiv ist, bislang zustande, auch er verdiente weit über 100.000 Euro.
„Aktuell ist es natürlich auch günstig, dass der Euro gegenüber dem Pfund so stark ist“, erklärt von der Recke, der es eher als Zufall ansieht, das die Importe auch auf der Sandbahn so erfolgreich sind. „Die können meistens einfach alles, sind ja in der Regel auch erstklassig gezogene Pferde. Die großen Ställe misten oft auf den Auktionen aus, da kann man häufig interessante Pferde bekommen, die wenige Monate vorher noch gar nicht zu bezahlen gewesen wären. Aber diese Pferde können sich ja noch entwickeln oder haben irgendwelche Probleme, zu denen man den Schlüssel finden muss“, so der Champion, dessen erster absoluter Volltreffer einst das Hindernispferd Last Corner war, der für den Lebacher Besitzer Bernd Raber nicht weniger als sieben Listenrennen über Sprünge gewann und ebenfalls über 170.000 Euro verdiente.
„Gut war auch die Sache mit Kova Hall. Den wollte ich eigentlich für 14.000 Pfund kaufen, habe ihn dann aber meinem Freund Milton Harris überlassen. Ein Jahr später kaufte ich ihn dann für 3500. Er gewann hier drei Rennen, dann habe ich ihn für 8500 nach England zurückverkauft“, so Recke. Ein echter Glücksgriff war für die Familie Speiser im letzten Jahr auch der Wallach Feelin Irie. 800 Guineas mussten für ihn nur hingeblättert werden. Selbst wenn man die Transportkosten hinzunimmt (in der Regel ca. 1000 Euro mit Papieren) hinzunimmt, war der Sechsjährige ein echter Traumkauf, denn er gewann für Guido Speiser inzwischen neun Rennen und über 23.000 Euro. Ein echtes Importhighlight war Anfang der Neunziger Jahre der Day is Done-Sohn Time to go Home, der aus England in den Stall von Andreas Löwe wechselte.
Nachdem er als Zweijähriger nicht weniger als 22 (!) mal gelaufen war, avancierte er hierzulande zu einem der besten Pferde seines Jahrgangs, war auf Gruppeparkett platziert und zweimal in Listenrennen erfolgreich. Erfolgreiche aus dem Ausland eingeführte Pferde sind aktuell Etoile Nocturne, die aber in Frankreich erworben wurde und Poseidon Adventure, der allerdings nicht auf einer Auktion, sondern freihändig aus Coolmore-Besitz gekauft wurde.
Deutlich günstiger war sicher die zweijährige Stute Duty and Destiny, die Christian von der Recke am Dienstag für 18.000 Guineas bei Tattersalls ersteigerte. Als Jährling kostete sie das zehnfache, zweimal war sie Zweite. „Sie soll zunächst den Rennstall und dann die Zucht ihres Besitzers Wolfgang Heymann verstärken. Vielleicht hat Recke gerade wieder ein Schnäppchen gemacht…