Der letzte Arbeitstag des Jockeys Boschert

Ein letzter Gang auf die Waage, in den Führring. Die letzte Order, der finale Ritt. Für Andreas Boschert schließt sich an diesem Sonntag der Kreis, nach über zwanzig Jahren im Rennsport ist Feierabend. Den Jockey Andreas Boschert wird es ab Montag nicht mehr geben, und auch sonst wird er mit dem Rennsport kaum noch etwas zu tun haben. „Es wird kein Zurück geben“, sagt er, „das ist definitiv“.

Wien, seit seiner Hochzeit vor zwei Jahren ohnehin schon eine Art neue Heimat, wird nun endgültig zum Lebensmittelpunkt, dort wird er sich im familiären Umfeld beruflich neu orientieren.

„Besser jetzt als mit Mitte vierzig“, sagt der Noch-Jockey, der am 10. November 38 Jahre alt wird. Es hat sich angedeutet, dass der Vorhang bald fällt, schon im vergangenen Jahr hat Boschert darüber nachgedacht, doch dann war die Saison gut und die Perspektiven verlockend. Was man von 2007 kaum sagen kann, ein Handbruch setzte ihn im Sommer über viele Wochen außer Gefecht, im Stall lief wenig zusammen.

Doch noch nach dem Sieg von Schützenjunker im Auktionsrennen in Baden-Baden nickte er auf Fragen, wie es denn weitergeht, ja, er könne sich das nicht vorstellen. Er wollte es Uwe Ostmann nicht in der Öffentlichkeit sagen.

Es geschah am gleichen Abend, und es ist ihm schwer gefallen, „weil es ganz eindeutig eine der besten Stationen meiner Laufbahn war. Ich war ja schon öfter da im Gespräch, nie hatte es geklappt und so war ich froh, dass ich doch noch einmal mit ihm arbeiten konnte. Uwe Ostmann ist einer der letzten Gentlemen in diesem Sport. Es wurde sich an Absprachen gehalten, wenn etwas nicht in Ordnung war, dann wurde das kurz und schmerzlos ausgeräumt. Es war schön, dass wir in Baden-Baden noch ein großes Rennen gewinnen konnten.“

Doch auch Ostmann konnte Boschert nicht umstimmen. „Die Belastung war am Ende doch zu groß“, sagt er, „montags und dienstags habe ich in der Arbeit geritten, bin dann nach Wien geflogen, samstags zurückgekommen. Und dann kommen die finanziellen Perspektiven. Es gibt immer weniger Renntage, es gibt halt immer weniger zu verdienen.“

Stationen im Schnelldurchgang: Erste Erfahrungen und Erfolge im Ponysattel im Badischen, Beginn der Lehre bei Heinz Jentzsch im November 1985, schon als Lehrling Verlust der Erlaubnis, später in zahlreichen prominenten Ställe wie Peter Lautner oder Andreas Wöhler tätig, in den letzten Jahren Privatjockey für das Gestüt Ittlingen, zuletzt Stalljockey bei Uwe Ostmann. „Das Ausland“, sagt er, „das habe ich schon etwas vernachlässigt. Wenn ich noch einmal Anfang zwanzig wäre, dann würde ich nach Australien gehen. Eher als nach Asien.“

Die Frage nach den größten Erfolgen bleibt nicht aus, doch kommt als Replik: „So ganz kann ich nicht das nicht sagen, ich weiß nicht einmal, wie viele Rennen ich gewonnen habe. Das Italienische Derby mit Kallisto war toll, die Sieger mit Tryphosa und Lomitas, der war ohnehin das vielleicht beste Pferd, das ich geritten habe. Und dass ich zum Schluss auch noch einmal Mi Emma reiten konnte, das hatte auch schon etwas. Aber ich weiß nicht einmal die Zahl meiner Gruppe-Siege.“

Hat er Fehler in seiner Karriere gemacht? „Wenige“, sagt er, „das Ausland halt, dorthin hätte ich mich früher orientieren müssen Und vielleicht war ich ein, zwei Jahre zu lange bei Andreas Wöhler. Auch wenn es dort eine tolle Zeit war.“ Was nach ihm kommt, das sieht er mit Skepsis.

„Das ist doch das nächste große Problem des deutschen Galopprennsports: Es gibt keinen Nachwuchs mehr. Wenn zeitgleich an zwei Tagen Rennen sind, ist es doch schon schwer, entsprechende Reiter zu finden.“ Die Jahre sind nicht spurlos an hm vorbeigegangen.

Weniger äußerlich, eher im Innern. Er ist dünnhäutiger, zurückhaltender geworden. Niederlagen, Rückschläge, Kritik: In fortgeschrittenem Alter geht man halt nicht mehr so locker mit so etwas um.

Champion ist er nie geworden, das Deutsche Derby hat er auch nie gewonnen, aber wenn wir so zurückschauen, dann können wir schon konstatieren: Das war schon ganz in Ordnung so. Und noch eines kommt einem, mit großem Bedauern, in den Sinn: Wieder einer weniger.

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