In den Jahren 2004 und 2005 sprachen alle und die Rennsportbegeisterten und auch zahlreiche Fachleute in Hong Kong nur von Silent Witness (Foto). Jenem großartigen Sprinter, der Siege in den großen Rennen sammelte wie andere Briefmarken, nicht nur unschlagbar schien, sondern es dann auch für einen langen Zeitraum blieb.
In siebzehn Rennen blieb er ungeschlagen, bis ihm Bullish Luck dann die erste Niederlage beibrachte. Eine Niederlage, die er nicht einmal auf seiner eigentlichen Domäne, den Kurzstrecken, sondern auf der Meilendistanz hinnehmen musste. Offenbar hatten die Verantwortlichen dem in Australien gezogenen El Moxie-Sohn auch diese Strecke und damit etwas zuviel zugetraut, denn mit dem ersten Versuch war auch zugleich die erste Schramme in der bis dahin makellosen Bilanz des Hong Kong-Heros verbunden.
Nicht nur das, auch die Wahl zum Pferd des Jahres 2005-06, ein Wettbewerb, den er in den beiden vorangegangenen Jahren stets mit großem Vorsprung zu seinen Gunsten entschieden hatte, ging verloren und an seinen Bezwinger. Später folgten gesundheitliche Probleme, die auch schon die Fortführung seiner Rennkarriere in Frage stellten und von denen er sich einfach nicht mehr so recht erholen konnte.
Ein Tiefschlag im Glauben an die vollständige Wiederkehr der alten Klasse mussten Besitzer Arthur Antonio und Betty da Silva am Neujahrstag hinnehmen, als ihr Crack unerwartet schwach lief und im geschlagenen Feld einkam.
Wieder wurden gesundheitliche Probleme ausgemacht, die einen baldigen Abschied des achtjährigen Wallachs als sehr wahrscheinlich erachten lassen. Dabei war man am zweiten Dezember-Wochenende 2006 noch so happy gewesen, als Silent Witness beinahe nach 2003 und 2004 zum dritten Mal den Hong Kong Sprint gewonnen hätte. Unter Felix Coetzee zeigte der von Tony Cruz trainierte Crack, der zuvor in sechs Rennen in Folge ohne Sieg geblieben war, noch einmal fast einhundert Prozent.
Doch erwies sich dies als nicht ausreichend, um Absolute Power auch nur annähernd in Gefahr zu bringen. Dieser gewann nicht nur sein erstes Gruppe-I-Rennen, sondern empfahl sich auch nachdrücklich für die Rolle des Nachfolgers des großen Silent Witness auf den Sprintstrecken. Auch in seinem Fall handelt es sich um ein in Australien gezogenes Pferd, das mit David Hall von genau jenem Mann trainiert wird, der in Australien auch den jungen Silent Witness unter seinen Fittichen hatte.
Als Absolute Champion seine erste Saison in Hong Kong absolviert hatte, war er seinem Namen in keiner Weise gerecht geworden und nicht sonderlich positiv in Erscheinung getreten. Das sollte sich aber gründlich ändern, als er 2006 in den beiden Starts nach der Sommerpause ganz groß auftrumpfte und jedes Mal der Konkurrenz keine Chance ließ.
Wobei vor allem der zweite Erfolg, eben jener im Hong Kong Sprint, mit viereinhalb Längen Vorsprung vor Silent Witness (Foto) derart Eindruck hinterließ, dass er fortan in aller Munde war und bald in einem Atemzug mit dem Meiler Bullish Luck genannt wurde, der seine Klasse als Sieger der Champions Mile einmal mehr unter Beweis stellte.
Doch litt dessen Ruf im Herbst, als er als Vierter in der Hong Kong Mile und als Neunter und damit zwei Plätze hinter Silent Witness in einem Gruppe-III-Rennen am Neujahrstag hinter den Erwartungen zurückgeblieben war.
Das Hong Kong Derby 2006 wurde eine Beute von Viva Pataca, einem Marju-Sohn, der einst seine ersten Lektionen beim englischen Trainer Sir Mark Prescott unter dem Namen Comic Strip erhalten hatte. Nach Hong Kong und damit in die Obhut von Trainer John Moore gekommen, siegte er unter dem französischen Championjockey Christophe Soumillon. Der hatte sich bei seinen Gastspielen, die er nach Beendigung der französischen Rennsaison in den letzten Jahren stets unternommen hatte, schnell zum beliebtesten Jockey entwickelt, wofür er vor Wochen auch eine Auszeichnung erhielt.
So erzielte Soumillon während der Saison 2005-06 einen besseren Schnitt von Siegen zu Starts als der Hong-Kong-Champion Douglas Whyte, der sich zum sechsten Mal in Folge den Titel sicherte. Dessen 114 Siege und damit mehr als fünfzig Treffer mehr als der zweitplatzierte Brett Prebble (63) bedeuteten neuen Rekord in der ehemaligen britischen Kronkolonie.
Doch geradezu atemberaubend die Art, wie Soumillon, der ja nur 172 Ritte, aber 32 Siege und eine Gewinnsumme von 43.186.345 HK-Dollar/ca. 4.700.000 Euro und damit das drittbeste Ergebnis aller Jockeys erzielte, das Geschehen in Hong Kong während seines mehrwöchigen Aufenthaltes dominierte.
Die Szene bei den Trainern wird in den vergangenen fünf Jahren von John Size beherrscht, der sein viertes Championat erzielte, doch scheint ein weiterer Titel, der für 2006-2007 doch in weite Ferne gerückt zu sein, denn derzeit weist er als Vierzehnter der aktuellen Statistik einen klaren Rückstand auf den führenden Caspar Fownes auf.
Jener war in der vergangenen Saison Vierter, nachdem er erst zwei Jahre zuvor als Nachfolger des wegen Erreichung der Altersgrenze von 65 Jahren zurückgetretenen Vaters Lawrie die Lizenz erhalten hatte. An zwei herausragende Momente erinnert er sich immer wieder gerne. So erreichte er zum einen in der Sha Tin Trophy, einem Gruppe-III-Rennen mit seinen Pferden die Plätze eins, zwei, drei und vier und feierte zum anderen mit The Duke als Sieger der Hong Kong Mile seinen bislang größten Triumph seiner noch jungen Karriere.