Der deutsche und der französische Pferderennsport haben am Mittwoch im Gestüt Röttgen ihre neue Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wetten vorgestellt. Bereits am 8. Januar hatten die PMU (Pari Mutuel Urbain), Europas größter Anbieter von Pferdewetten, und die German Tote GmbH, eine einhundertprozentige Tochter des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen, einen Kooperationsvertrag über die Wettvermittlung in Deutschland auf die französischen Rennen in den dortigen Totalisator unterschrieben.
Direktoriums-Präsident Jochen Borchert und sein französischer Kollege Louis Romanet sprachen im Rahmen der Jahrespressekonferenz des Direktoriums unisono von einem „historischen“ Moment.
Schon am Dienstag gingen in einer Pilotphase zwei Wettannahmestellen in Baden-Baden und Gelsenkirchen ins Netz, im Mai folgen 28 weitere Wettannahmestellen, bis zum Oktober soll in allen, rund achtzig angeschlossenen Annahmestellen direkt in den französischen Toto gewettet werden können.
Dabei handelt es sich um die die von den Galopp- und Trabrennvereinen betriebenen Geschäfte sowie die in der WTG zusammengefassten Läden. Das sind in der Regel ehemalige Champions- und Sisal-Annahmestellen.
Angeboten wird das komplette Spektrum der PMU-Wetten, von der Sieg- und Platz- bis zur Quinte-Wette. Das Geld fließt in den Toto, das Geld der deutschen Wetter wird also mit dem der französischen vereint. Nach Monaco und der Schweiz ist Deutschland das dritte Land, in dem diese Möglichkeiten angeboten werden.
In der französischen Schweiz schreiben die rund 200 Annahmestellen seit einigen Jahren positive Zahlen, der Umsatz beträgt im Jahr über 100 Millionen Schweizer Franken, Tendenz steigend. Ohne die daraus gewonnenen Provisionen wäre der Rennsport in unserem Nachbarland nicht lebensfähig.
„Der Spielraum für eine Ertragssteigerung auf der Rennbahn ist begrenzt“, erläuterte Borchert die Initiative des Direktoriums, „deshalb müssen wir uns außerhalb der Rennbahn neue Möglichkeiten suchen. Außerdem gibt es in den Wettannahmestellen der Galopper und Traber unter der Woche zu wenige Angebote, derzeit konzentriert sich alles auf das Wochenende.“
Eher unverbindlich waren die Aussagen zur Rendite-Lage. „Alle Erträge kommen ausschließlich dem Rennsport zugute“, erklärte Borchert, rund sechs Prozent vom Umsatz sollen bei den jeweiligen Annahmestellen verbleiben. Wie die Ausschüttung dieser Beträge erfolgt, konnte allerdings nicht präzisiert werden. Nach Sport-Welt-Informationen werden in der Schweiz Provisionen in zweistelliger Höhe gezahlt.
Positiv wurde die neue Art der Zusammenarbeit von der hochkarätigen französischen Delegation bewertet. „Unsere Anwesenheit zeugt von der Bedeutung dieses Projektes“, sagte Bertrand Berlinguier, der Präsident der PMU, „erfreulicherweise haben wir auch die Traber mit an Bord und ich finde es faszinierend, dass demnächst die Wetter in Lille, Nantes, Hamburg und Köln in ein und dasselbe Rennen wetten können.“
Ähnlich sah es Frankreichs Galopper-Präsident Louis Romanet: „Mein Vater hat schon vor vielen Jahren einen gemeinsamen Wett-Pool angeregt“, erinnerte er sich, „wir waren immer der Meinung, dass man so etwas machen sollte. Man muss den internationalen Austausch der Wetten fördern.“ Deutliche Wetteinbussen der deutschen Rennvereine werden vom Direktorium nicht gesehen. „Man kann natürlich darüber philosophieren, ob Wetten abwandern oder nicht“, meinte Borchert dazu.
Karl-Dieter Ellerbracke, Präsident der Besitzervereinigung, verwies darauf, dass „das, was jetzt erfolgt, eine zwangsläufige Folge der Internationalisierung auf kommerzieller Basis“ ist. Das Direktorium bemüht sich dem Vernehmen nach auch um eine Zusammenarbeit mit den englischen Stellen. „Wir werden versuchen, es kurzfristig zu realisieren, dass in den englischen Toto gewettet werden kann“, hieß es dazu.
Die aktuelle Lage des deutschen Galopprennsports nahm bei dieser Pressekonferenz einen untergeordneten Teil ein. Jochen Borchert wies auf die „Gewinnsumme in sensationeller Höhe“ hin, die deutsche Pferde im Jahr 2002 im Ausland erzielt hatten, nannte die Namen Boreal und Paolini, erwähnte insbesondere die in Deutschland gezogene Kazzia.
„Froh und stolz“ sei der deutsche Rennsport auch, dass mit Marienbard ein Pferd den Prix de l’Arc de Triomphe 2003 gewonnen hat, das zuvor Gruppe I-Rennen in Düsseldorf und Baden-Baden für sich entscheiden konnte. „Rennpreise und Züchterprämien konnten gesteigert werden und entgegen der Annahme ist der Durchschnittsrennpreis pro gelaufenem Pferd gestiegen“, fügte Borchert hinzu.
„Die übrigen Zahlen sind allerdings ernüchternd“, sagte er, „Der statistisch erfasste Wettumsatz ist zurückgegangen, doch ist es eine Tatsache, dass viele Wetten ins Ausland vermittelt werden. Alle müssen erfasst werden, wir arbeiten an einer Novellierung der Rennwettsteuer.“ Den Platzzwilling bezeichnete Borchert als „erfolgreichste Neuerung der letzten Jahre“, meinte, dass der deutliche Rückgang der Außenwette mit „Problemen mit den Buchmachern“ zu tun habe.
Mit der Interessensgemeinschaft Freier Europäischer Buchmacher (IFEB) hoffe man auf eine baldige Einigung. „Wir müssen allerdings auch kritisch überprüfen, wie wir den Bahnbesuch weiter verbessern können“, ergänzte Borchert.
Das Ende der Telewetten-Sendung auf n-tv wurde nicht näher kommentiert. „Wir stehen mit mehreren Sendern in intensiven Verhandlungen“, wurde nur gesagt.
‚Die PMU steht derzeit auch kurz vor dem Abschluss mit dem englischen Programm „Attheraces“, wobei es um die Übertragung und das Bewetten von französischen Rennen geht. Ähnlich wie bei dem deutschen Modell wird direkt in den französischen Toto hineingewettet.