
Christoph Freiherr von Gumppenberg gilt schlichtweg als personifizierte Institution auf Deutschlands Galopprennbahnen und ist einer von drei Ausgleichern, oder anders gesagt Handicappern, die in Deutschland eine der wichtigsten Aufgaben im hiesigen Galopprennsport inne haben, nämlich die Pferde gemäß ihrer im Rennen gezeigten Leistung mithilfe von Gewichten zu beurteilen: Annähernd 40 Jahre agiert der heute 62-Jährige im Dienste des Rennsports.
Der passionierte Dressurreiter ist verheiratet, lebt in Bergisch-Gladbach auf der rechtsrheinischen Seite vor den Toren Kölns. Seine Liebe zum Pferd hat fortwährend eine übergeordnete Rolle in von Gumppenbergs Leben gespielt. „Für andere Hobbies, wie z. B. Reisen hatte ich zwar Lust, darüber hinaus bin ich vielseitig interessiert, so z.B. für Kunst, Literatur und Archtitektur, aber die Zeit fehlt halt nicht selten. Pferde nehmen, wie gesagt, eine große Rolle in meinem Leben ein, sie habe ich immer in den Vordergrund gestellt, respektive die Rasse Vollblut.
Im Rennen habe ich zwar nie geritten, dafür aber in der Morgenarbeit, damals bei dem für das Gestüt Waldfried tätigen Bruno Schütz. Nicht zuletzt die Erfolge als anspruchsvoller Dressurreiter bis zur S-Klasse stehen für von Gumppenbergs reiterliches Können. „Einer meiner größten Erfolge war, dass ich einen Vollblüter bis in die Grand Prix-Klasse geführt habe.“
Die Aufgabe, neben Harald Siemen (Norddeutschland, Frankfurt, Baden- Baden) sowie Hartmut Faust (Neue Bundesländer) als Handicapper tätig zu sein und eine solch verantwortungsvolle Tätigkeit auszuüben, bedeutet für Christoph von Gumppenberg (NRW und Südwesten), mehr als nur eine Profession. Seinen ersten Kontakt zu Pferden hatte der heutige „Kilo-Gott“, einen Ausdruck, den von Gumppenberg übrigens gar nicht mag, als Zehnjähriger.
Seine Eltern waren mit Uwe und Alexandra Scherping (die Inhaber von Gestüt Waldfried), die im bayerischen Hochschloß Pähl lebten, befreundet. Jahre später, wir schreiben das Jahr 1974, holte der legendäre Scherping, damals Präsident der Kölner Schaltzentrale des deutschen Galopprennsports, den damals noch im Jurastudium befindlichen gebürtigen Münchner ins Rheinland. „Scherping hatte damals immer das Talent, die unterschiedlichsten Interessen an einen Tisch zu bekommen und ausgleichend zu wirken.
Als Mitglied im Münchner Rennverein war ich zu jener Zeit Assistent der Geschäftsführung.” Die folgenden Lehrjahre in Köln waren für Christoph von Gumppenberg nach eigenen Angaben facettenreich und vielseitig. „Organisation, Vertragsgestaltung, ich war auch viele Jahre für das damalige Renn-Quintett zuständig, bis hin zum Ausgleicher, wobei mich Vorgänger Ernst Barthel gewissenhaft eingearbeitet hat”, prägen die Jahre, in der auch die Zeit von Hans-Heinrich von Loeper fällt, der ab dem Jahre 1974 als Generalsekretär tätig war und „dem ich sehr viel zu verdanken habe, was in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben darf.”
Vieles hat sich im Laufe der Jahrzehnte verändert im Galopprennsport. „So haben wir damals unsere Erkenntnisse mittels Karteikarten verwaltet, heute ist die Kommunikation und der Computer, sprich die moderne Technik eine sehr große Hilfe bei der täglichen Arbeit. Ich kann mir mit Hilfe des Rennbahnfernsehens die Rennen so oft ich will anschauen, und aufgrund der heutigen Datenübermittlung sind die Marken nach den regelmäßig am Montagmorgen stattfindenden Konferenzen bereits mittags ins System eingepflegt, eine tolle Sache.“
Immer schon umwehte den Handicapper so etwas wie der Hauch der Unnahbarkeit. Hier und da fühlen sich Trainer und Besitzer auch schon einmal ungerecht behandelt, kritisieren die erhaltenen Marken. Hier wird von Gumppenberg nicht müde, das Handicap-System als ausgeklügeltes wie bewährtes System (in 100 Jahren auf der ganzen Welt bewährt, wenn auch mit einigen Modifizierungen) zu beschreiben. „Wir wenden dabei strikt unsere Rennordnung an, sind stets auf den Bahnen gesprächsbereit, wenn der gegenseitige Respekt gewahrt bleibt.“ Aber eine Sache hat von Gumppenberg auch während der alljährlich im Herbst stattfindenden Trainerlehrgängen immer und immer wieder in seinen Vorträgen beschrieben.
„Ein guter Trainer muss immer vor allen Dingen ein guter Manager sein. Das „richtige“ Rennen zu finden ist stets das A und O. Wir beurteilen, wie gesagt, strikt die gezeigte Rennleistung.” Gerne erzählt von Gumppenberg auch als Beispiel die Geschichte des Trainers einer Stute, die nach dessen Meinung zu hoch im Ausgleich stand.
„Der Trainer kam zu mir, bat um Nachlass, damit die Stute noch das eine oder andere Rennen gewinnen könne. Kurze Zeit später verletzte sich das Pferd, lief anschließend nicht mehr und sollte in die Zucht wechseln. Schließlich kam derselbeTrainer wieder zu mir, bat um eine höhere Marke, die für die Zucht von Vorteil sei”, erzählt der Ausgleicher nicht ohne ein Schmunzeln in den Mundwinkeln. „Seien Sie gewiss, dass wir als geschulte Beobachter die vielfältigen Problematiken in einem Rennen, sei es Rennverlauf, Bodenbeschaffenheit, Distanz, Taktik usw. mit in unsere Betrachtungen einfließen lassen.”
Bei der Frage nach einer „Lieblingsrennbahn”, spricht von Gumppenberg lieber über Kriterien, die ihn in den Jahren als Vorsitzender der Rennbahnprüfungskommission immer begleitet haben. „Was machen die Verantwortlichen in punkto Geläufspflege und was wird für das wettende Publikum getan, damit es sich wohlfühlt. Wir leben in erster Linie von den Wetten in den Toto. Jede Veranstaltung muss als Event aufgezogen werden.“
Und schon sind wir beim größten Dilemma, in dem sich der deutsche Turf in einem aggressiven Freizeitmarktumfeld je befunden hat. Zwar hat hierbei Christoph von Gumppenberg trotz seiner Lebenserfahrung kein Patentrezept, fügt jedoch an: „Galopprennen haben in der Historie so manche Klippe umschifft und Krisen bewältigt. Es wird sie auch in Zukunft geben, davon bin ich fest überzeugt.“