Bye Bye Dave Richardson

David Kenneth Richardson verlässt nach mehr als 40 Jahren Rennsportkarriere die Turfbühne. Er zählt zweifellos zu den Großen im Deutschen Galopprennsport, ein professioneller Sportsmann, der nicht zuletzt mit seinem englischen Humor, seinem stets freundlichen wie aufgeschlossenen Wesen eine weitere Lücke in der Szene hinterlassen wird.

„Lebbe geht weiter“ hat einmal Dragoslav Stepanovic, ehemaliger Eintracht Frankfurt-Trainer gesagt, genau diesen Satz machte sich „Sparks“, wie er noch heute von seinen Freunden genannt wird, zum Lebensmotto.

„Sparks“ bedeutet so etwas wie Funke oder auch einfach lustiger Kerl. Okay, nicht alles war lustig im Leben von Dave Richardson, Höhen und Tiefen, wie das Leben nun mal so spielt. Doch beide Interpretationen stimmen zu einhundert Prozent, schaute man beispielsweise in Daves funkelnden Augen nach großen Erfolgen respektive wunderbaren Feiern.

Seinen ersten Derbystart absolvierte Dave Richardson auf den Epsom Downs im Jahr 1969. Mitsouki hieß Daves Pferd, als Pacemaker für den Sieger Blakeney engagiert. Richardson wurde 26. von 26 Pferden. „Damals sollte ich Blakeney freie Bahn verschaffen, ein unvergessenes Erlebnis, schon die Parade mit Größen wie Yves Saint-Martin, Lester Piggott oder Greville Starkey“.

Ca. 80 Rennen gewann Dave in seiner Heimat und stand schließlich vor der Wahl, trotz seines Talents in England in der zweiten Reihe zu stehen oder im Ausland zu versuchen, erster Jockey zu werden. In England gab es viele gute Jockeys, aber auch viele, die ihr Brot hart erarbeiten mussten. Richardson entschied sich für die Fremde, wollte ursprünglich nach Kenia, wobei die Formalitäten schon erledigt schienen. Doch es kam schließlich anders.

„Herbert Eversfield (Gestüt Langenberg) sah mich bei einer seiner Englandreisen in Sandown reiten und sprach mich an, er ließ bei Herbert Cohn in Krefeld trainieren, war auf mich aufmerksam geworden und lud mich nach Deutschland ein“.

Und überhaupt, es lief gleich wie am Schnürchen in der neuen Heimat, nicht zuletzt dank seiner offenen jovialen Art schlug Richardson im Rheinland prompt ein. Sein eleganter Reitstil und offenes Wesen taten das Übrige. Dave wurde einer der beliebtesten Jockeys in Turfdeutschland.

Bereits in seiner ersten Saison in Deutschland landete der Engländer mit dem Derbyritt auf dem Pantheon-Sohn Lauscher gleich einen Volltreffer. Der bereits früh als Geheimtipp gehandelte Lauscher setzte sich dabei gegen Madruzzo durch, an einem Tag, wo die Sonne lachte, eben auch für den jungen Dave Richardson. Lauscher siegte als 220:10 Außenseiter, nicht zuletzt weil in Lauschers Vorbereitungsrennen der Boden eher weich war, ein Umstand, den der Hengst nicht mochte, und man ihn somit auf gutem Geläuf sträflich unterschätzte.

Von da an ging es jedenfalls für den jungen Reiter Dave Richardson bergauf. „Vom fünfprozentigen Sieggeld kaufte ich mir einen Opel Manta in den Rösler-Farben orange-schwarz, eben wie das Dress des Siegers“. Drei Jahre ritt Dave für Herbert Cohn in Krefeld, danach folgten acht Jahre bei Arthur-Paul Schlaefke in Köln, dann ging es zu Theo Grieper nach Röttgen und anschließend zu Jutta Schultheiss nach Warendorf.

Erinnert sei in seiner Röttgener Zeit an den Moritzberger Ziethen, der in Derbyvorprüfungen 1977 zum Aushängeschild für Richardson wurde. “Auch wenn es gegen den überragenden Surumu kein Ankommen gab im Blauen Band. Ich wurde abgeschlagen Vierter“. Zu den besten Pferden, die Dave Richardson je geritten hat, zählt zweifellos sein Derbysieger aus dem Jahr 1980, Navarino. Dieser kam als heißer Favorit an den Ablauf, doch Richardson war die Ruhe selbst vor dem Rennen, so ruhig, dass seine Frau Bobbie ihn am Tag des Rennens sogar wecken musste.

Er war voller Vertrauen in den Madruzzo-Sohn aus dem Besitz von Hugo Einschütz, der von dem Pferd abstammte, das Richardson 1971 mit Lauscher geschlagen hatte. Allerdings musste der Engländer seine ganze Jockeyship gegen den 1.108:10 Aussenseiter Arcosanti aufbieten, wo er aus dem Nichts, aus schier aussichtsloser Position kam.

Selbst TV-Moderator Addi Furler, der die damals einstündige Übertragung vom Derby kommentierte, fragte: “Wo bleibt Navarino, vom Favoriten ist noch nichts zu sehen“. „Führer war damals übrigens der heute in Frankfurt als Trainer arbeitende Toni Potters, der uns tränenüberströmt in Empfang nahm“, erinnert sich Dave Richardson. Er hatte an diesem Tag extra keinen anderen Ritt angenommen.

Derbysieg Nummer drei war schließlich 1986 fällig, auf Philipo. „Trainer Hartmut Steguweit hatte mir schon früh im Jahr die Zusage gegeben, mich für alle Rennen auf Philipo bis zum Derby zu setzen. Die Arbeiten waren im Übrigen auch Chefsache bis zum Busch-Memorial, als ich den Hengst in der Abschlussarbeit reiten durfte. Nach zwei Behinderungen in der Union, als Orfano und Oldtimer an uns vorbeiliefen, zogen wir unsere Lehren aus dieser Niederlage.“

Das Rennen der Rennen selbst war schließlich nur Formsache. Der vom Gestüt Falkenstein gezogene Hengst war angeblich kein Steher, doch im Derby zog Philipo 400 Meter vor der Linie bereits entscheidend an. Seine Gegner Night Line, El Salto und Orfano waren chancenlos und für Dave Richardson ging zum dritten Mal die Derbysonne auf.

Nach 949 Siegen im Rennsattel hing Richardson schließlich die Stiefel an den Nagel und suchte eine neue Herausforderung: Am 15. November 1991 übernahm er in Frankfurt-Niederrad den Stall des kurz zuvor verstorbenen Andreas Hecker. „Eine Gelegenheit, die ich damals beim Schopfe packte. Wir fingen damals bescheiden an mit Pferden vom Stall Three Girls, Freifrau von Oppenheim und RW-Design“.

Der Wechsel kam auf die Initiative von Reinhold Wolfermann, dem Schwiegersohn von „Anderl“ Hecker und Prof. Lasch zustande, „Menschen, denen ich viel zu verdanken habe. Die besten Pferde in den darauffolgenden zwanzig Trainerjahren waren Anzillero und Touch Down. Erstgenannter war auch der etwas Schwierigere im Umgang, aber auch ein Rennpferd, wie er im Buche stand“.

Erstmals nach siebzehn Jahren hatte man in Frankfurt nach dem Etzeaner Nandino (Zweiter unter Bruce Raymond, Trainer Heinz Hesse) wieder ein Derbypferd mit Chancen. „Wir wurden schließlich Achter hinter Samum, Subiaco und Acamani, doch gewann Anzillero ein Jahr später noch in Düsseldorf den Deutschland-Preis auf Gruppe I-Level.“ Und schließlich Touch Down, heute Deckhengst im Gestüt Ohlerweiherhof, den Richardson auf einer Auktion entdeckte und aussuchte.

„Er ist wohl das Pferd mit dem besten Phlegma gewesen, unheimlich lieb. Er hat in der Arbeit immer nur das gemacht, was er tun musste. Der Sieg im Gruppe-Rennen von Baden-Baden bleibt unvergesssen“. Aber auch u.a. Borobudur, Tajawall, Indian Point, Sign of Nike oder Carus waren dankbare Pferde auf Listenniveau oder auch Toccota, San Severo, Mity Dancer, Spatzolita, Ogilvy, Shebar, Outback oder Crystal Fire.

„Deutschland und der Sport haben mir im Übrigen viel gegeben, wir haben wunderschöne Jahre erlebt, wo es dem Galopprennsport richtig gut ging. Ich hoffe innigst, dass diese Zeiten wieder kommen werden“, bringt es der heute 67-Jährige auf den Punkt. „Nach langer und reiflicher Überlegung gemeinsam mit meiner Familie ist es nun Zeit diesen Schritt zu gehen. Es waren mehr als 40 Jahre als Jockey und als Trainer und ich möchte mich an dieser Stelle sehr herzlich bei meinen Besitzern, bei meinem Team und bei allen Rennsportfreunden bedanken. Ein besonderer Dank geht vor allen Dingen an meine Frau Bobbie, die mich in guten wie in schwierigen Zeiten immer unterstützt hat.

Wir werden nach all diesen Jahren nun wieder ins Rheinland ziehen, genauer gesagt nach Krefeld. Dort haben wir eine hübsche kleine Wohnung gefunden. Jetzt freue ich mich besonders auf viele Rennbahnbesuche als Rennsportfan und wünsche mir und uns allen, dass der Galopprennsport wieder in die Erfolgsspur kommt.“

Und auch fürs Golfen wird sich Dave Richardson nun die Zeit für die ein oder andere Partie nehmen können, „wait and see“, Dave. Man sieht sich aber hoffentlich auch weiterhin auf der Rennbahn. „Da freue ich mich ganz besonders drauf, aber nur als Rennsportfan“, fügt er mit seinem typischen Lächeln an.

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