Man sah die Traurigkeit in den Augen der zahlreichen japanischen Rennbahnbesucher. So sehr hatten sie sich gewünscht, dass ihr Orfevre am Sonntag in Longchamp den Prix de l‘Arc de Triomphe erstmals nach Asien entführt. Und so nahe dran war der Ausnahmehengst aus Fernost. Klar in Front liegend, schien es lediglich um den Vorsprung zu gehen, den der Hengst im Ziel haben würde. Doch dann wendete sich mit einem Mal das Blatt.
Solemia, die vierjährige Poliglote-Tochter der Gebrüder Wertheimer, die eigentlich nur noch um Platz zwei zu kämpfen schien, bäumte sich noch einmal auf und nach einem heroischen Finish hatte sie es auf den letzten Metern geschafft, dem Favoriten den Sieg zu entreißen und den japanischen Traum wie eine Seifenblase platzen zu lassen. Es hatte wieder einmal nicht sein sollen. So nahe waren die Japaner wohl noch nie, auch wenn El Condor Pasa 1999 und Nakayama Festa 2010 auch nur mit minimalem Abstand unterlagen.
Hinter den Führpferden Ernest Hemingway und Robin Hood sowie Mikhail Glinka sah man Solemia von Beginn an im Vordertreffen. Hinter ihr folgten unterwegs Great Heavens, Masterstroke und der innen liegende Camelot. Orfevre lag im Mittelfeld, während man Shareta und die anderen Aga Khan-Pferde in hinteren Regionen suchen musste. In der Zielgeraden waren die Pacemaker schnell auf dem Rückzug, sodass Solemia quasi kampflos an die Spitze kam. Doch ein Blick nach außen und die Schreie der japanischen Zuschauer genügten, um zu wissen, dass Christophe Soumillon außen Orfevre längst in Position hatte.
In nahezu gigantischer Haltung marschierte der Fuchs auf, lief leicht und locker an Solemia sowie dem ebenfalls stärker werdenden Masterstroke vorbei und schien einem ungefährdeten Sieg entgegenzustreben. Doch als er vorne war, wo er dann an die Rails lief, hielt er sein Tempo nicht durch, sodass Solemia, die noch einmal die zweite Luft bekam und noch einmal herankam. Meter um Meter machte die Poliglote-Tochter auf den 45:10-Favoriten gut. Spätestens fünfzig Meter vor der Linie konnte man erahnen, dass es für die Stute aus dem Stall von Carlos Laffon-Parias noch reichen würde.
Auf der Linie hatte sie einen Hals-Vorteil vor dem Japaner, bis zum Dritten, Masterstroke, waren es dann schon sieben Längen. Ihre beste Leistung hatte Solemia, die vor einem Wechsel in die Zucht noch im Breeders‘ Cup Turf starten soll, zuvor im Prix Corrida im Mai in Saint-Cloud gezeigt, als sie u. a. Shareta geschlagen hatte. Bei ihren zwölf Starts vor dem Arc blieb sie viermal siegreich und fünfmal platziert. Zuletzt im Prix Vermeille war sie als Dritte noch hinter Shareta gewesen. Orfevre lief auch als Zweiter ein großes Rennen, die Japaner sind im „Arc“ einfach nicht vom Glück verfolgt.
Eine solche Niederlage hat man selten gesehen, denn 300 Meter vor dem Ziel schien der Stay Gold-Sohn der klare Sieger zu sein. Sehr gut zog sich als Dritter der Monsun-Sohn Masterstroke aus der Affäre, der gut 400 Meter vor dem Ziel einen ganz starken Moment besaß und ein Gruppe-I-Rennen sicher bald gewinnen sollte. Natürlich kam ihm der nach starken Regenfällen am Vortag durchlässige Boden am Sonntag entgegen. Da der Hengst sich von Start zu Start verbessert zeigte, sollte er ein noch besserer Vierjähriger werden können. Nahezu sensationell lief als Vierte die Lando-Tochter Haya Landa, die mit einer Eventualquote von 1330:10 zu den längsten Außenseitern im Feld zählte. Sie machte sich am Ende noch gut bemerkbar.
Ganz offensichtlich kam der Stute aus dem Quartier von Trainerin Sylvie Audon – obwohl von Lando stammend – die Bodenverhältnisse entgegen. Gleiches gilt für die Monsun-Sohn Tochter Yellow and Green auf Platz fünf, durch die ein drittes Pferd eines deutschen Deckhengstes im Geld landete. Dahinter war die Nathaniel-Schwester Great Heavens, auf die aufgrund der Bodenverhältnisse am Sonntag noch viel Geld kam, die vierte Stute unter den ersten sechs Pferden, was sicher bemerkenswert ist, denn schon im Vorjahr schlug sich das „schwache Geschlecht“ im Arc hervorragend, als es sogar die drei Erstplatzierten stellte. Camelot, der sich schon am Start mächtig bitten ließ und schwitzte, fehlte der entscheidende Dash.
Für den zweiten O‘Brien-Schützling St Nicholas Abbey war das Geläuf nicht passend, was gleichermaßen für die Vorjahreszweite Shareta und den französischen Derbysieger Saonois gilt. Beide waren zu keinem Zeitpunkt besser im Rennen. Sea Moon, der lange in hinteren Regionen lag, konnte in der Zielgeraden zwar noch einige Plätze gutmachen, hatte aber auch keine Chance auf mehr. Recht blass lief Meandre, der Sieger aus dem Großen Preis von Berlin konnte keine Akzente setzen und wurde nur Zwölfter.