„Den Menschen den Sport näherbringen“

Viel ist in den vergangenen Wochen bei verschiedensten Gelegenheiten über das Prinzip von Besitzergemeinschaften im Rennsport gesprochen und geschrieben worden. Die Herangehensweise und die Organisation solcher Syndikate können mannigfaltig sein, doch eines haben sie alle gemeinsam: Für einen überschaubaren Betrag wird es vielen Menschen ermöglicht, am Rennsport als Besitzer zu partizipieren. Dieses Credo hat sich auch der Club Rosé auf die Fahne geschrieben, als man sich 2019 dazu entschloss, eine Besitzergemeinschaft zu gründen. Das Besondere: der Club Rosé ist ein reiner Damen-Club.

„Die Idee ist am Ostermontag-Renntag natürlich bei einem Glas Rosé entstanden“, erinnert sich Nadine Siepmann, die im Club den Titel der Schirmherrin erhalten hat. Sie, Kimberley Scheid, Marina Hintze und Melanie Reichau überlegten damals sich ein eigenes Rennpferd zuzulegen. „Die Idee oder besser gesagt das Ziel war es, uns mit einem eigenen Rennpferd die Renntage zu verschönern.“ Schnell war klar, dass man dies am besten als Besitzerinnengemeinschaft wird schaffen können. Natürlich war Kern der Überlegungen, was ein Rennpferd kosten würde. „Wir haben mit 2000 Euro gerechnet und überlegt, was jeder monatlich aufbringen kann“, berichtet sie weiter. 150 Euro hielt man für machbar. Schnell waren 12 weitere „Mädels“ von dem Projekt überzeugt und schlossen sich den vier Initiatorinnen an. „In unserem Freundeskreis stieß die Idee auf große Zustimmung, so dass wir schnell auf 16 Personen kamen.“ Diese fand man zum Teil direkt im Sport, aber auch komplette Neulinge konnte man für den Club Rosé gewinnen.  

Am Ende ist es ein Hengst geworden

Was den Damen natürlich fehlte, war der Galopper. Hier konnte man sich letzten Endes auf seine Kontakte innerhalb der Szene verlassen, was die gesamte Angelegenheit entschieden einfacher machte. Seit Herbst des vergangenen Jahres hat man A winning warrior in seinen Reihen. Hilfe bekam man dabei von Henk Grewe, bei dem Nadine Siepmann schon ihren Be My Sheriff trainieren lässt. Der Champion-Trainer stellte den Kontakt zum Gestüt Ohlerweiherhof her. Auch hier war man begeistert von der Idee und wollte den neuen Club Rosé unterstützen. Doch musste man auch feststellen, dass im Rennsport vieles nicht planbar ist.  Das erste Pferd des Stalles sollte – ganz im Stil eines Damen-Vereins – zunächst natürlich eine Stute sein. „Wir hatten schon zwei Stuten in Aussicht, doch aus verschiedenen Gründen kam es nicht Vertragsunterzeichnung“, erinnert sich Nadine Siepmann. „Aber das Gestüt Ohlerweiherhof wollte uns mit einem guten Pferd unterstützen und wir haben einen guten Deal abschließen können.“ Nun ist es also der zweijährige A winning warrior, dem man am vergangenen Samstag einen ersten gemeinsamen Besuch im Weidenpescher Park abstattete. Hier fühlt sich der Hengst, quasi als Hahn im Korb, sichtlich wohl. „Gut die Hälfte unserer Mitglieder waren am Samstag dort. Er ist ein tolles Pferd mit einem super Charakter, hat sich auch nach der Arbeit von allen ganz ruhig streicheln lassen.“ Auch Clement Lecoeuvre, der am Samstag seinen ersten Arbeitstag am Grewe-Quartier hatte und der den Tai Chi-Sohn ritt, war nach Angaben von Nadine Siepmann zufrieden mit dem Zweijährigen, der unter anderem eine Nennung für den Preis des Winterfavoriten besitzt. Dass am Samstag nicht alle Damen anwesend waren, hing auch mit der Tatsache zusammen, dass die einzelnen Mitglieder nicht nur im Kölner Raum geschweige denn in Nordrhein-Westfalen zu Hause sind, sondern beinahe aus allen Ecken der Republik stammen. „Wir haben Mitglieder aus Berlin, Braunschweig, Hannover, Köln und der Pfalz“, erzählt Nadine Siepmann. Allerdings stellt dies für den Club Rosé kein Hindernis dar. Heutzutage spielen in einer digitalen Welt größere Distanzen ohnehin so gut wie keine Rolle. „Wir haben eine WhatsApp-Gruppe, in der wir uns auf dem Laufenden halten. Dazu ist auch Natascha Grewe, die Frau des Trainers, Mitglied bei uns. Sie berichtet immer direkt aus dem Stall, schreibt auch, wenn das Pferd mal eine Schramme hat. Wir wollen hier einfach transparent sein“, so Siepmann, der man die Vorfreude auf die Karriere von „Winnie“, so wird er intern gerne genannt, anmerkt. Natürlich hofft man auch im Club Rosé darauf, dass A winning warrior seinem Namen alle Ehre machen wird. „Spaß und Freude stehen natürlich im Vordergrund, aber die Idee ist auch, ein Pferd kostendeckend laufen zu lassen.“ Und das liegt zum Großteil in den Händen von Henk Grewe. „In Sachen Planung verlassen wir uns voll auf den Trainer“, sagt Nadine Siepmann, denn natürlich kommen bei 16 Mitgliedern mindestes doppelt so viele Meinungen zusammen, wenn es um das Management eines Rennpferdes geht. Da ist es nur recht, wenn man dem Trainer vollständige Handlungsfreiheit lässt, auch wenn man sich von 16 Damen bestimmt leicht um den Finger wickeln lassen kann.  

Vorbild sein

Der Club Rosé will mehr sein als eine „normale“ Besitzergemeinschaft. Man will Vorbild sein für andere Menschen, die mit dem Gedanken spielen, sich ein Rennpferd anzuschaffen, und zeigen, dass es am Ende eben nicht (nur) der Sport der Schönen und Reichen ist. „Mit 16 Leuten sind wir an A winning warrior beteiligt. Für alle, die sich in Zukunft vorstellen können, an einer Besitzergemeinschaft teilzunehmen, bieten wir an, sich bei uns zu melden, wir stehen gerne mit Rat und Tat zur Seite“, sagt Nadine Siepmann weiter. Man selbst stellte fest, dass alles im Vorfeld nicht so einfach ist, auch wenn man innerhalb des Clubs mit Kim Scheid und Marina Hintze zwei Mitarbeiterinnen von „Deutscher Galopp“ hat. „Da hatten wir natürlich kurze Wege“, erklärt Siepmann weiter. „Aber das ganze Thema ist schon ziemlich komplex.“ Ein Neuling muss sich hier erst einmal zurechtfinden: „Man muss die Leute auch hier an die Hand nehmen und ihnen helfen. Vom Pferdekauf bis hin zu den Rennfarben.“ Die „Hürde“ Rennfarben hat der Club Rosé längst genommen, auch wenn man seine erste Idee von einem einfarbigen Renndress nicht realisieren konnte. „Unsere erste Versammlung hatten wir am 6. September bei einem After-Work-Renntag in Köln. Wir wollten einen einfarbigen Dress in Rosé, aber der war schon vergeben, daher haben wir uns für ein wenig Silber entschieden.“ Über all solche Dinge berichtet der Club Rosé in den sozialen Medien. Das Projekt auch medial zu begleiten, ist ein wichtiger Bestandteil im Club-Leben, der somit ganz nah und direkt junge Zielgruppen ansprechen will und dies auch tut. Auf Instagram folgen runde 340 Personen dem Club Rosé. 340 Menschen, mit denen die Mädels ihre Freude am Rennsport teilen, die sie über den Rennsport informieren und über die sie so neue Freunde für den Sport gewinnen können.
So konnte man miterleben, wie A winning warrior in den Rennstall einzog, oder wie er seine erste Arbeit absolvierte. Rennsport und Besitzerleben hautnah.  „Wir wollen den Menschen einfach den Sport näherbringen. Wir denken, das ist eine sinnvolle Sache, auch um Kritikern zu begegnen“, erklärt Nadine Siepmann einige der Intentionen. Doch neben Instagram und Co. wird auch der analoge Weg nicht vernachlässigt. „Wir hoffen natürlich, dass auch über unsere Mitglieder neue Fans für den Sport gewonnen werden können.“

Der Sport ist die eine Sache, das Syndikats-Leben abseits der Rennbahn die andere, denn auch das gehört dazu. Wer auf den sozialen Kanälen des Clubs unterwegs ist, der wird freilich auch über die außersportlichen Aktivitäten informiert. Die Liebe zum Vollblut verbindet die Club-Mitglieder, die sich aber auch ansonsten gut verstehen. Auch hier hilft die limitierte Mitgliederzahl sicherlich. Jeder kennt sich, man kommt gut miteinander aus.  „Wir versuchen uns natürlich oft beim Pferd zu sehen, aber unser nächstes Treffen haben wir Baden-Baden, wo wir gemeinsam essen gehen“, verrät Nadine Siepmann. Eines scheint dabei jedoch klar zu sein: Auch beim gemütlichen Zusammenkommen wird A winning warrior Thema sein. Das Träumen hat logischerweise auch im Club Rosé längst begonnen, was nur allzu verständlich ist.  

 

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