Epsom Derby, Prix du Jockey Club, Irish Derby und IDEE 150. Deutsches Derby am vergangenen Sonntag. Das „Blaue Band“ ist inzwischen in den vier bedeutendsten europäischen Rennsport-Ländern entschieden worden. Für uns Zeit, einen Blick auf das wichtigste Dreijährigenrennen des Jahres zu werfen, und diese zu vergleichen. Dass das nur bedingt möglich ist, liegt auf der Hand, und alleine schon daran, dass das Derby in Frankreich beispielsweise nur über 2100 Meter führt, was natürlich schon ein deutlicher Unterschied gegenüber den Derbys in Deutschland, Irland und England ist, wo es über 2400 Meter bzw. 2410 Meter (in England) geht. Rennverlauf, Bodenverhältnisse, Kursführung, aber auch die Anzahl der Starter tuen ihr Übriges, aber dennoch kann man sich ja mal die einzelnen Derbys ansehen.
Anthony Van Dyck beständige Größe
Fangen wir mit dem Epsom Derby an, das in der langsamsten Zeit gewonnen wurde, und in dem am Ende fünf Pferde (vier davon aus dem Stall von Aidan O‘Brien) nicht einmal eine Länge voneinander getrennt, über die Linie kamen. Das spricht eigentlich dafür, dass der Sieger kein überragender war, allerdings war die Speedleistung von Anthony Van Dyck schon beeindruckend, zumal er auch noch ein klein wenig auf Slalomkurs zum Sieg stürmte. Und die Pferde, die hinter ihm waren? Madhmoon war anschließend Vierter im Irish Derby, Japan gewann mit den King Edward VII Stakes eine normal besetzte Gruppe II-Prüfung überlegen, Broome belegte im Irish Derby den sechsten Platz, Sir Dragonet, zuvor Gruppe III-Sieger, kam nicht mehr an den Start, und Circus Maximus, der im Derby auf zu weiter Distanz antrat, gewann die St. James‘s Palace Stakes. Mit einem britischen Rating von 118 hat es der Galileo-Sohn im in dieser Woche veröffentlichten Longines World‘s Best Racehorse Ranking auch nicht unter die besten 29 Pferde geschafft. Dennoch ist der O‘Brien-Schützling eine feste Größe, denn im Irish Derby konnte er seiner Favoritenrolle zwar nicht gerecht werden, belegte aber den zweiten Platz und ließ bis auf den Überraschungssieger Sovereign alle Gegner recht deutlich hinter sich. Im irischen „Blauen Band“ auf dem Curragh, in dem nur acht Pferde starteten, von denen fünf auch noch aus dem Stall von Aidan O‘Brien kam, war der Rennverlauf schon sehr speziell, denn Sovereign, zuvor nur Maidensieger und Zehnter im Epsom Derby, sowie Norway, auch als Außenseiter angetreten, wurden von den Favoriten völlig unterschätzt und liefen quasi weit vor der Konkurrenz ihr eigenes Rennen. Auf dem guten Boden kam Sovereign aber nicht zurück und siegte am Ende ungefährdet vor Anthony Van Dyck. Schon ein Ergebnis, das zumindest einige Frage offen lässt.
Was kann Sottsass?
Höchsteingeschätzter Dreijähriger aus Europa im angesprochenen Longines-Ranking ist (gemeinsam mit dem Irish 2.000 Guineas-Sieger Phoenix of Spain) Jean-Claude Rougets Sottsass, bei dem man eigentlich noch gar nicht genau weiß, was er kann. Der Siyouni-Sohn gewann drei seiner fünf Rennen. Nach dem überlegenen Listentreffer gegen Battle Of Toro ließ er in Chantilly im Derby des Nachbarlandes auch dem Favoriten Persian King mit zwei Längen Vorsprung keine Chance, und der wurde immerhin zuvor nach seinen bereits erstklassigen Zweijährigenformen sowie den überzeugenden Siegen im Prix de Fontainebleau und der Poule d‘Essai des Poulains als kommender europäischer Superstar gehandelt. Die weitere Distanz könnte Sottsass, der nun gezielt auf den Prix de l‘Arc de Triomphe vorbereitet wird, für den er aktuell hinter der Favoritin Enable an zweiter bzw. dritter Stelle im Wettmarkt geführt wird, nach der Art und Weise seines Erfolges durchaus entgegenkommen. Das Verbesserungspotenzial ist bei wohl größer als bei den englischen und irischen Derbysiegern, die schon zehn bzw. neun Starts absolviert haben.
Laccario kann ein Star werden
Genau wie Sottsass ist der Sieger des Deutschen Derbys, Laccario, ein Pferd, das sich von Rennen zu Rennen verbessert hat, und bei dem noch gar nicht klar ist, was es überhaupt kann. Jede Stufe auf der Karriereleiter hat der Scalo-Sohn aus dem Wöhler-Stall bislang genommen. Und das sowohl beim ersten Versuch auf Listenebene als auch im Union-Rennen, und seiner bislang schwersten Aufgabe, dem Derby, in ganz souveräner Manier. In Hamburg war es zwar kein überlegener Sieg a la Sea The Moon, doch die Art und Weise, wie der Ittlinger im Endkampf gegen Django Freeman 200 Meter vor dem Ziel noch einmal in den höheren Gang schaltete, sah schon sehr gut aus. Da hinter dem Hengst die komplette Favoritengruppe auf den weiteren Plätzen über die Linie kam, und das Ergebnis somit reeller als beispielsweise jenes aus dem Irischen Derby ist, hat die Form schon einen gewissen Wert. Und weitere Verbesserung muss bei Laccario ganz sicher nicht ausgeschlossen sein, das hat sein Betreuer nach dem Derby ja auch bereits angedeutet. Zumindest hierzulande kann Laccario ein neuer Star werden, vielleicht aber sogar ein Pferd, mit dem man auf höchstem internationalen Level bestehen kann. Verstecken muss sich der Deutsche Derbysieger bei seinem nächsten Start, egal wo dieser erfolgt, ganz sicher nicht.