„Schoss im Einlauf aus dem Hintertreffen durch das Feld, siegte in riesigem Stil“. Das Pferd, das aus Sicht des Beobachters eine solch euphorische Kommentarzeile nach dem Erfolg eines Gruppe-III-Rennens kreiert bekommt, dürfte noch zu weit Höherem berufen sein. Die Rede ist von Delectation, die am Ostermontag in der Tat im Stile einer Classic Lady die wichtige Kölner Generalprobe für die großen Stutenklassiker gewann. Nach einem Rennen aus der Reserve hatte Eduardo Pedroza mit der von Andreas Wöhler trainierten Stute am Ende keine Mühe, ein kämpfendes Rudel, das auf der Linie von Alicante und dann mit Hargeisa und Peace in Motion im toten Rennen angeführt wurde, locker auf Distanz zu halten. Der Richterspruch lautete: „Leicht 2 Längen – Hals – totes Rennen.“ Dabei habe die Delegator-Tochter noch nicht einmal ein schönes Rennen gehabt, wie sich ihr Betreuer im Weidenpescher Park äußerte. Und dennoch habe sie in leichter Manier gewonnen. So nannte Andreas Wöhler in Köln auch schon das nächste Ziel für Delectation: Es sind die Poule d‘ Essai des Pouliches am 13. Mai in Deauville.
Ein richtig gutes Auge
Das muss man dem Team von Australian Bloodstock lassen. Sie und ihre Scouts sind regelmäßig richtig erfolgreiche Einkäufer, wenn es darum geht, in Pferde aus dem Training für ihren Rennstall zu investieren. Wie im Falle von Turfdonna, als man die Auenquellerin nach dem Sieg eines Maidenrennens in Hoppegarten erwarb, die bekanntlich nur wenige Monate später den Henkel Preis der Diana auf Gruppe I-Ebene gewann. Nun war es mit Delectation ähnlich, allerdings kaufte man die Delegator-Tochter bereits als Zweijährige. Auch in diesem Fall nach dem Erfolg in einem Maidenrennen in Thirsk, wo die von Bryan Smart trainierte Stute als große Außenseiterin zum Zuge gekommen war. „Wir haben Delectation nach ihrem Maidensieg gekauft“, so Jamie Lovett, Mitbesitzer von Australian Bloodstock am Dienstag gegenüber der „Sport-Welt“. Der erste Start war dann auch ein Einstand nach Maß, als die Stute wenige Wochen nach ihrem Maidensieg im schottischen Ayr die zur Gruppe III zählenden Firth of Clyde Stakes über 1200 Meter gewann. Erneut war sie als Außenseiterin zum Zuge gekommen, damals auch noch für Trainer Bryan Smart. „Wir haben Delectation dann zu Andreas Wöhler gestellt, weil er einer der besten Trainer in Europa ist. Über den Preis, den wir bezahlt haben, möchte ich nichts sagen, das ist unser kleines Geheimnis“, so Jamie Lovett weiter. Es darf jedoch angenommen werden, dass es sich um ein gutes Geschäft gehandelt hat. Aktuell hat Delectation bereits 85.746 Euro verdient. Nun freut sich Jamie Lovett auf Deauville und hofft, „noch eine Menge Spaß mit der Stute zu haben.“ Immerhin wird Delectation als eine auch nach drei Starts ungeschlagene Stute in die „Poule“ gehen.
Kein Interesse auf der Auktion
Als Jährling befand sich Delectation im Angebot der Tattersalls October Yearling Sale. Für 3.000 Guineas wurde sie damals allerdings zurückgekauft, denn es war kein Interesse im Käuferkreis vorhanden. So kam die Stute zu Bryan Smart in Training. Delectation stammt aus dem ersten Jahrgang des Dansili-Sohnes und Spitzensprinters Delegator, der 2016 mit zehn Jahren bereits abgetreten ist. Ihre Mutter Chushka, eine Pivotal-Tochter, gewann als Dreijährige ein Rennen und ist eine Halbschwester des in den TNT July Stakes auf Gruppe II-Ebene siegreichen Desert Style-Sohnes Captaine Hurricane. Es handelt sich um die Familie von Niche, die die Falmouth-Stakes (Gr.II), Lowther Stakes (Gr.II), Nell Gwynn Stakes (Gr.III) und Norfolk Stakes (Gr.III) gewann. Auch der Riesensteher Little Wolf zählt zu Delectations Verwandtschaft. Englands damals bester Steher und Ascot Gold Cup-Sieger musste allerdings hierzulande 1982 im Großen Preis von Berlin auf dem Düsseldorfer Grafenberg dem von Sven von Mitzlaff für das Gestüt Zoppenbroich trainierten und von Peter Alafi gesteuerten Orofino den Vortritt lassen. Wie breit distanzmäßig diese Familie aufgestellt ist, belegt Sheikh Albadou, der im Gegensatz zu Little Wolf 1992 zum Champion Sprinter in Europa aufstieg.