„Dubai ist eine völlig andere Welt“

Lange war Gregor Axler im Ausland, nun ist er zurück in Deutschland und arbeitet am Kölner Stall von Waldemar Hickst. Zuletzt war er als Arbeitsreiter bei Stephane Cerulis in Deauville beschäftigt, doch der 48-Jährige ist weitaus mehr im internationalen Rennsport herumgekommen. Im November 2003 machte sich Gregor Axler, dem als Jockey 168 Siege gelangen, auf in die weite Welt und begann in Dubai für Godolphin und Trainer Saeed bin Suroor zu arbeiten. In den letzten fünf Jahren in Deutschland war er am Asterblüte-Stall von Peter Schiergen beschäftigt. Hier war er unter anderem der Pfleger von Boreal, der im Jahr 2001 das Deutsche Derby gewinnen konnte. Im Mai 2015 endete die Zeit in Dubai und es zog ihn nach Newmarket zu Trainer Simon Crisford. Später folgten noch vier Monate in Bahrain bei Coach Alan Smith, ehe es nach Deauville und zurück in seine Heimatstadt Köln ging. Grund genug für die „Sport-Welt“, sich mit Gregor Axler auf einen Kaffee zu verabreden.

Lehre bei Heinz Jentzsch
Wir treffen uns in der Konditorei „Adolphs“ in Weidenpesch, nur einen Steinwurf von der Kölner Rennbahn entfernt, dort wo im Jahr 1985 alles begann. Beim legendären Trainer Heinz Jentzsch absolvierte Gregor Axler im Kölner Norden der Domstadt seinerzeit seine Ausbildung. „Die Adresse Nummer eins“, sagt Gregor Axler, der als Quereinsteiger zum Rennsport fand. „Ich habe mit Dressur- und Springreiten begonnen, war aber immer sehr klein. Mit 16 Jahren wog ich 40 Kilo und wurde gefragt, ob ich nicht Jockey werden wollte. In den Osterferien habe ich dann bei Heinz Jentzsch geritten und die Tatsache, dass man im Galopprennen gewinnen konnte und die generelle Competition fand ich cool.“ Die Mittelschule brach er daraufhin ab und 16 Monaten nach Beginn der Lehre durfte Axler seine ersten Rennen bestreiten. Der Beginn einer aufregenden Lebensgeschichte, die sportlich mit dem dritten Platz auf Harro Remmerts Apanage im Arag-Preis (Gr. II) von 1989 ihren Höhepunkt fand. Über Stationen als Jockey bei Harro Remmert, Bruce Hellier, Erika Mäder, Ralf Suerland, Horst Steinmetz, Michael Blau, Hans-Albert Blume und Peter Remmert gelangte Axler im Oktober 1998 an den Asterblüte-Stall von Peter Schiergen, für den er ab 2001 als Reisefuttermeister tätig war. „Ich war zunächst dritter Mann bei Schiergen und die Ritte wurden zu diesem Zeitpunkt weniger, ich habe mich daher bewusst zu diesem Schritt entschlossen“, erinnert sich Gregor Axler.

„Es war Zeit für Veränderung“
In seiner Zeit bei Peter Schiergen führte ihn sein Weg erstmals auch nach Dubai. „Mit Catella, Sumitas und natürlich Boreal reisten wir dorthin. Die drei Wochen dort waren der Himmel auf Erden“, blickt der 48-Jährige zurück. Damals wurden die Rennen in Dubai noch auf der Rennbahn Nad Al Sheba entschieden, aber die Eindrücke waren derart einschneidend, dass Axler „unbedingt dorthin wollte.“ Und zwar länger. „Nach 13 Jahren Rennen reiten, war es Zeit für eine Veränderung.“ Im Jahr 2003 bot sich dann die Gelegenheit für den damals 33-Jährigen. Auf Vermittlung von Billy Newnes heuerte er bei Scheich Mohammeds Godolphin-Imperium an. Ein Traumjob im internationalen Rennsport. „Man kann sich das so vorstellen, wie wenn man von Fortuna Köln zu Real Madrid wechseln würde“, sagt Gregor Axler. „Billy Newnes hat damals ein gutes Wort für mich bei Simon Crisford eingelegt und im November 2003 habe ich in Dubai angefangen.“ Im europäischen Winter war Axler nun in der Sonne Dubais, im Winter ging es mit Trainer Saeed bin Suroor nach Newmarket. Doch Newmarket hat ihn nie so sehr gereizt wie Dubai. „Das ist eine andere Welt. Wir waren in Dubai 40 Arbeitsreiter für 150 Pferde. Man musste schon Glück haben, auch einmal auf einem richtig guten Pferd zu sitzen. Aber die Arbeit da war fantastisch. Man musste nur reiten. Die Pferde wurden fertig gemacht, man ist aufgestiegen, ist geritten und fertig. Man musste keine Boxen ausmisten und die Pferde wurden von den Grooms trocken geführt“, beschreibt Axler die tägliche Arbeit. „Als Ausländer bei Godolphin stehst du natürlich in der Hierarchie erstmal ganz unten und musst dich hocharbeiten. Aber durch solche Erfahrungen gewinnst du letztlich nur an Souveränität, und ich kann jedem nur empfehlen, derartige Erfahrungen selbst zu machen. Man muss nur den Mut haben es zu tun. Was ich in den 14 Jahren im Ausland erlebt haben, hätte ich in drei Leben nicht in Deutschland erlebt“, blickt der gebürtige Kölner, der jetzt in Neuss wohnt, zurück und man merkt ihm immer noch die Begeisterung an.

„Die letzten drei Jahre in Dubai war ich dann vornehmlich Pacemaker für die Jockeys Frankie Dettori und Ted Durcan. In Dubai wird der amerikanische Trainingsstil praktiziert. Das heißt, der Trainer gibt eine zeitliche Vorgabe, die man mit dem Pferd einhalten musste und die mit der Stoppuhr gemessen wurde. Ich hatte da immer eine große Trefferquote. Sieben von zehn Mal war ich in der Zeit oder nur eine Sekunde drüber beziehungsweise drunter.“ Axler selbst war zu einer Zeit in Dubai, als der dortige Rennsport einen Boom erlebte. Mit dem Ausbau der Rennbahn in Ascot wollte auch Scheich Mohammed nachziehen und die gerade erste neu erbaute Bahn Nad Al Sheba musste Meydan mit seiner gigantischen Tribüne weichen. „Wenn man im deutschen Rennsport anfängt, denkt man, das ist alles so groß, doch dann sieht man so etwas.“ Dubai, das sind andere Rennsport-Dimensionen, auch das Drumherum war und ist mit deutschen Verhältnissen nicht zu vergleichen. „Ein Weihnachtsfeier fand nicht beim Italiener auf der Ecke, sondern in einem Fünf-Sterne-Beach Resort statt.“
Auch einsame Stunden

Doch wie so oft im Leben, war auch in Dubai nicht alles perfekt. „Man hat, wenn man so weit von Familie und Freunden weg ist, natürlich auch einsame Stunden. Man braucht mental viel Kraft, denn es ist nicht alles Sonnenschein“, erzählt der ehemalige Godolphin-Angestellte, der im Sommer dann auch immer wieder nach Deutschland zurückkehrte, um etwa bei den Meetings in Hamburg oder Baden-Baden zu sein und natürlich alte Bekannte zu treffen. „Die Freundschaften im Ausland sind nicht mit denen in Deutschland, wie etwa mit Filip und Andrasch, die ich 30 beziehungsweise 30 Jahre kenne, zu vergleichen. Während meiner Zeit in Dubai und auch später in anderen Ländern musste ich sehr oft Tschüss sagen. Meistens brach der Kontakt dann völlig ab.“

Abgebrochen hat Gregor Axler dann auch seine Zelte in Dubai. „Bei Godolphin fielen im Jahr 2014 einige Personalentscheidungen, auch auf Grund der Doping-Geschichte um Mahmood Al Zarooni. Neue Leute wollten einige Sachen ändern und haben nun Dubai und England getrennt. Ich habe gesagt, wenn sie mir Dubai wegnehmen, dann bin ich weg und nach Newmarket wollte ich nicht. „Ich bin ein Stadtmensch und einen Winter in Newmarket konnte ich mir nicht vorstellen.“ Nach Erhalt der Abfindung von Godolphin im Mai 2015 heuerte Axler bei Godolphins Ex-Racing Manager Simon Crisford an. Er blieb dort ein halbes Jahr, nahm sich aber nach fehlgeschlagener Jobsuche für den Winter in Dubai eine viermonatige Auszeit. Erstmals seit Jahren feierte er wieder Weihnachten mit seiner Mutter und besuchte seinen Vater in Spanien. Mitte Februar flog er dann zurück nach Dubai.
 

Intermezzo in Bahrain
Von Dubai ging es dann erst einmal nach Katar zu Marvin Suerland. „Ich wollte gucken, ob ich in Katar etwas finde.“ Doch auch in Doha bot sich nichts für den deutschen Weltreisenden. Dafür aber in einem Land, von dem man sonst nicht gerade oft im Rennsport Notiz nimmt. „In Katar ging nichts, aber eines Abends beim Essen habe ich Jockey Andrew Elliot kennengelernt, der mir sagte, dass Trainer Allan Smith in Bahrain Leute sucht. Also bin ich rüber geflogen, das war an einem Freitag Ende Februar. Ich habe Smith meinen Lebenslauf gezeigt und er fragte, wann ich anfangen könne. Ich sagte, Montag, und so habe ich die Saison bis Mai in Bahrain gearbeitet.“ Wieder nimmt Gregor Axler neue Eindrücke mit, sammelt weitere Erfahrungen. „Eine andere Sprache, eine andere Kultur. Das alles sind Erfahrungen, die dich größer machen“, sagt er, auch wenn der Sport in Bahrain nicht der größte ist. „Jeden Freitag sind dort Rennen, die besten Pferde haben vielleicht Listenklasse.“ In Bahrain hat Axler dann Tristan Normand aus Deauville kennengelernt. „Deauville ist das St. Tropez der Pariser und einfach toll.“ Und er machte sich auf in Richtung Frankreich. „Mit der Zeit fielen die Abschiede auch nicht mehr ganz so schwer“, erklärt er den Schritt zurück nach Europa.
In Deauville die Liebe gefunden

Die Station bei Stephane Cerulis sollte die letzte für Gregor Axler im Ausland sein. „Hier habe ich meine jetzige Freundin Katharina kennengelernt. Sie arbeitet bei Sascha Smrczek und es war nun der richtige Zeitpunkt, zurückzukommen. Ich war ehrlich gesagt auch ein bisschen müde“, so der 48-Jährige, der nun seit Anfang Februar bei Waldemar Hickst ist. „Der Kreis schließt sich“, sagt er. „Ich habe mich für Waldemar Hickst entschieden, weil der Stall gut organisiert und strukturiert ist. Beim Pferdematerial stimmt die Mischung aus Quantität und Qualität und es herrscht gute Fachkompetenz in den führenden Positionen.“ Aktuell ist Axler, der dank guter Kontakte auch bei Andre Fabre oder John Gosden hätte arbeiten können, als Arbeitsreiter beschäftigt, aber er würde jederzeit auch wieder den Reisefuttermeister machen. „Wenn im Sommer auf drei oder vier Bahnen veranstaltet wird, ist immer Not am Mann, und ich würde auch diesen Job gerne wieder machen.“ Ob er sich in Zukunft noch  einmal auf in die weite Welt machen wird, will ich von ihm wissen. „Nein, das Kapitel ist abgeschlossen.“ Nach Dubai würde er jedoch jederzeit wieder fliegen. Aber nur als Reisefuttermeister für ein Pferd seines neuen Arbeitgebers Waldemar Hickst. Axler ist angekommen, dort wo Mitte der 80er alles begann. Er hat ein Leben im Rennsport geführt, von dem die meisten nur träumen können und dennoch – oder auch gerade deswegen – ist er voll auf dem Boden geblieben, weiß er doch um den Wankelmut des Lebens. „Das Schicksal von Frederik Tylicki etwa lässt einen demütig werden. Der Junge hatte es mit 30 Jahren endlich geschafft, doch dann trifft ihn das Schicksal mit ganzer Härte. Ich stehe mit ihm im Kontakt und habe ihn im Januar besucht. Wenn man so etwas mitbekommt, dann sieht man viele Dinge mit anderen Augen. Von seiner Entschlossenheit und wie er sein Schicksal annimmt, können sich andere eine Scheibe abschneiden“, sagt Axler, der einst mit Frederik Tylickis Vater Andrzej zusammengearbeitet hatte und Frederik schon als Kleinkind kannte. „Frederiks Einstellung sollte Inspiration und Vorbild für uns alle sein.“
 

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