Einst deckten im Gestüt Harzburg solch Turfgrößen wie Luciano oder Platini. Zuletzt startete auf diesem traditionsreichen Boden am Fuße des Brockens der Schlenderhaner Derbysieger Adlerflug in seine fulminante Karriere als Deckhengst. Mittlerweile deckt er in seinem Heimatgestüt in Quadrath-Ichendorf. Aktuell ist durch die Rennwoche Leben im Gestüt, die Gastpferde sind dort untergestellt. Doch nach dem Ende der Renntage im Harz ist von einem Pferd im Gestüt wenig zu sehen. Zur Erinnerung: Auch vor einem Jahr war die Harzburger Rennwoche ein voller Erfolg gewesen, dennoch war längst nicht alles eitel Sonnenschein. Da die Nord/LB ihre Anteile am Gestüt Harzburg verkaufen und sich zurückziehen wollte, suchte man postwendend nach anderen Mitteln und Wegen, das Traditionsgestüt zu retten. Es wurde eine Interessensgemeinschaft gebildet, Private Investoren zeigen sich bereit, Summen in den Erhalt des Gestüts zu investieren. Auch wurde deutlich gemacht, dass der Wegfall des Gestüts ein nicht zu kompensierender Verlust für den Rennverein sei und eine Durchführung der Rennwoche nahezu unmöglich macht, zudem die Einbußen für den Tourismus in der Region enorm wären.
Im September letzten Jahres wechselte Adlerflug für zunächst zwei Jahre nach Schlenderhan. Die Nord/LB hatte ihren Anteil von 62,5 Prozent an Adlerflug an die gegründete Gestüt Harzburg GmbH verkauft. Die anderen Syndikatsmitglieder Gestüt Schlenderhan, Gestüt Görlsdorf, Gestüt Brümmerhof, Gestüt Bona, Katharina Lafrentz und Gregor Vischer stimmten dem Verkauf zur Rettung des Standortes Harzburg einstimmig zu. Weiter hieß es vor einem Jahr: „Um einen zeitgemäßen Gestütsbetrieb zu ermöglichen, plant das Land Niedersachsen als Eigentümer des 40 Hektar umfassenden Areals umfangreiche Sanierungsmaßnamen in der kommenden Zeit. Dabei ist der Übergang des Eigentums der Liegenschaft vom Land an die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (SBK) vorgesehen. Land und Stiftung haben ihre grundsätzliche Bereitschaft dazu erklärt. Die Gestüt Harzburg GmbH plant, vom neuen Eigentümer die Anlage zu pachten und nach der Sanierung von Gebäuden, Wohnungen und Koppeln das neue Gestüt Harzburg zu betreiben. Dafür werden in den nächsten Wochen weitere Anteile/Anteilseigner an der Gestüt Harzburg GmbH gesucht. Während der umfangreichen Baumaßnahmen wird Adlerflug 2017 und 2018 im Gestüt Schlenderhan decken.“
Zwei Termine, wie es mit dem Gestüt Harzburg weitergeht, standen bereits unmittelbar im Vorfeld zur Rennwoche an. Vertreter von Wissenschaftsministerium und Landesdenkmalpflege reisten aus Hannover an, man beriet die Gesellschafterversammlung der Gestüt Harzburg GmbH über das Pachtverhältnis. Wie die „Goslarsche Zeitung“ berichtete, lägen bis jetzt noch keine Ergebnisse vor. Auf der Tagesordnung stand jedenfalls auch ein Vorschlag der Geschäftsführung, das zum 31. August auslaufende Pachtverhältnis um ein weiteres Jahr zu verlängern. Die Vertragsbeziehung ist nicht nur befristet, sondern auch vorläufig. Wie mehrfach berichtet, soll am Ende eine nachhaltige Konstruktion stehen, die – in dieser Reihenfolge – die Sanierung der Gestütsanlagen durch das Land Niedersachsen, die Übernahme ins Eigentum der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (SBK) und die dauerhafte Verpachtung an die Gestüt Harzburg GmbH vorsieht.
Vor gut zwei Wochen saßen die Anteilseigner an einem Tisch. Es sind momentan zwölf, von der Stadt Bad Harzburg bis hin zu Privaten aus der Region, die sich bis einschließlich 2021 mit unterschiedlichen Mittelzusagen gebunden haben. Der ursprüngliche Business-Plan der Gestüts GmbH ging zur Kompensation einer Unterdeckung von einem jährlichen Aufkommen aus diesem Bereich von rund 220 000 Euro aus – in dieser Größenordnung war die Differenz zwischen betrieblichem Aufwand und Erlös ermittelt worden. Geschäftsführer Bernd Vollrodt erklärte einen Tag vor der Versammlung, dass die zum Jahreswechsel befristet abgeschlossene Pacht zum einen der Sicherung der alljährlichen Rennwoche gedient habe und zum anderen, das Gestüt winterfest zu machen und über die Runden zu bringen. Auch wenn eine Sanierung formal noch nicht in Gang gekommen sei, gebe es genug zu tun hinter den Kulissen in Bündheim: „Das fängt an mit dem Austausch TÜV-abgelaufener Feuerlöscher.“ Welche Investitionsmittel das Land Niedersachsen letztlich für die Gestütssanierung in die Hand nehmen wird, ergebe sich daraus, welches Konzept am Ende umgesetzt werde, betonte Vollrodt. Der Entwurf aus kurstädtischen Reihen liegt in Hannover vor, erklärte Rennvereins-Architekt Felix R. Bergmann. Nun heiße es warten. Und viel reden, ein solches Konzept werde „von vielen bewertet“, um dann den angestrebten Konsens zu erzielen, ergänzte Vollrodt. Und so geben sich derzeit Finanz-, Landwirtschafts-und Umweltministerium, Oberfinanzdirektion, Denkmalschutz, Kulturstiftung und andere die Klinken in die Hand – wie bei der Begehung am letzten Donnerstag. Dass der Betrag am Ende klar siebenstellig ausfallen wird und dass die Sanierung weit länger als ein angedachtes Jahr dauern wird, dürfte mittlerweile bei allen außer Zweifel sein.