Die Internationalität im Galopprennsport kennt längst keine Grenzen. Mehr als 800 in Deutschland trainierte Pferde begaben sich allein 2002 zu Starts ins Ausland. Selbst weit entfernt liegende Ziele werden in jüngster Zeit nicht mehr gescheut. Schon zu weitaus früheren Zeiten unternahmen deutsche Ställe gerne Reisen in die Schweiz. Frauenfelder Derby oder der Züricher Jockey-Club waren begehrte Ziele – und natürlich der White Turf in St. Moritz, der schon 1906 mit einem Skikjöring auf der Straße von St. Moritz nach Champfer und wieder zurück seinen Anfang nahm.
Seit 1924 gibt es den Großen Preis von St. Moritz, der übrigens 1928 zum ersten Mal von einem in Deutschland trainierten Pferd gewonnen worden war. Suba hieß die damals fünfjährige Stute, die in Köln von dem Schweizer Karl Keller für den Düsseldorfer Besitzer H. Schmid vorbereitet wurde. 320:10 zahlte die Außenseiterin auf Sieg.
Mittlerweile prägen gerade die deutschen Pferde das Geschehen beim White Turf. Die Sandbahnrennen in Dortmund und Neuss liefern ideale Vorbereitungsmöglichkeiten für die Rennen auf dem in mehr als 1800 Metern Höhe gelegenen See. Der ist schon vor Weihnachten zugefroren und misst derzeit eine Stärke von 18 Zentimeter. Ein üblicher Wert zu Beginn des Monats Januar. Gleich nach dem Jahreswechsel, als es noch relativ mild war, konnte man mit dem “Skidoo” (eine kleine Raupe) auf den See fahren, um Wasserstellen vom Schnee freizulegen. Die sind längst gefroren, denn auch St. Moritz hat die momentan sogar in Deutschland herrschende Kälte längst erreicht. Kürzlich wurden am nahen Flughafen in Samedan morgens minus 26,9 Grad gemessen. Optimaler können die Verhältnisse nicht sein.
Um die besten Voraussetzungen auf dem Geläuf und für die Aufbauten zu schaffen, wurde der See vor kurzem per Satellit untersucht. “Global Position System” lautet das Zauberwort, mit dem die Eckpunkte der nun entstehenden Rennbahn auf Zeit in allen Einzelheiten festgestellt werden. Mit Unterstützung dieser Daten begann der Aufbau der gesamten Infrastruktur. 50 Personen errichten eine Zeltstadt, und natürlich das Geläuf, das 2003 mehr Sicherheit für Pferde und Reiter bietet als bisher. Die im Vorjahr punktuell getesteten Kunststoffrails kommen jetzt überall zum Einsatz.
Teilweise gehen die drei Renntage des White Turf parallel zur Ski-WM über die Bühne, was zu einer Verschiebung der gewohnten Termine führte. Nicht wie üblich die ersten drei Sonntage im Februar locken diesmal die Turffans auf das Eis, die Veranstaltungen gehen diesmal am 9., 16. und 23. Februar über die Bühne. Um sich während der Ski-WM (dauert bis 16. Februar) mit dem Auto frei in St. Moritz bewegen zu können, benötigt man eine Vignette, die der Rennverein St. Moritz gerne zustellt. Das gilt auch für Pferdetransporter.
Nach dem Ausfall der Veranstaltungen in Arosa, machen sich die Verantwortlichen des White Turf große Sorgen um die Besetzung der Rennen bei den Galoppern. Vor allem Schweizer Pferde sind Mangelware. Rudolf Fopp, Präsident der White Turf Racing Association: “Das Echo auf mögliche Starts ist aber positiv. Die Leute sind sensibilisiert und wissen, dass wir Startpferde benötigen. Außerdem konnten die Ställe in der Schweiz ja noch im November und Dezember ganz normal trainieren, was im Vorjahr nicht der Fall war.”
Und es lohnt sich schließlich auch finanziell beim White Turf zu starten, denn in den insgesamt 15 ausgeschriebenen Trab- und Galopprennen sowie den drei Skikjöringrennen werden mehr als 400.000 Franken ausgeschüttet, rund 275.000 Euro. Allein im American Express – 64. Großer Preis von St. Moritz sind 111.111 Franken (rund 76.000 Euro) zu verdienen, womit der Grand Prix im Engadin einmal mehr zu dem am höchsten dotierte Pferderennen der Schweiz avanciert.
So hofft Fopp auf viele Teilnehmer aus Deutschland, und selbst aus Großbritannien existiert eine immer konkreter werdende Anfrage. Lohnen sollte sich die Teilnahme auch für die Besitzer, gibt es doch einen kostenlosen Zugang in ein eigens geschaffenes Zelt, mit einem Catering, das bis nach dem jeweils letzten Rennen zum Verweilen einlädt. Karten werden nur an Personen ausgegeben, die Startpferde haben, sie sind käuflich nicht zu erwerben.