Strand und Meer doch die Vollblüter fehlen

Kurz vor Weihnachten kehrten Georg und Carmen Bocskai Deutschland den Rücken, ließen Freunde und Bekannte, aber auch eine Menge unliebsamer Erinnerungen hinter sich und suchten sich auf Mallorca eine neue Heimat. Auf einer der beliebtesten Inseln der Deutschen wurden die Amateurennreiterin und Inhaberin der Trainerlizenz sowie der mehrfache deutsche Champion der Jockeys heimisch.

,,Heimisch, das kann man nach vier oder fünf Wochen natürlich noch nicht sagen, aber die Anzeichen dafür stehen gut”, erklärte der 42-jährige Georg gegenüber Galopponline.,,Carmen ist um diese Zeit (18.00 Uhr) immer voll im Betrieb eingespannt, deshalb springe ich dann für sie ein”, erklärte der Ex-Jockey, dem ,,die letzten anderthalb Jahre in Deutschland keinen Spaß mehr gemacht haben. Ich kam mir zeitweise vor wie ein Bettler, habe regelrecht um den einen oder anderen Ritt kämpfen müssen. Das brauche ich mir nicht mehr anzutun.”

Diese Zeit hat ihre Narben hinterlassen. Ob ihm der Rennsport fehlt?. ;,Nee, der fehlt mir nicht, die Vollblüter allerdings schon. Wenn man vierzig Jahre damit und davon gelebt hat, dann ist es krass, etwas Neues zu machen.” Wie er damit klar kommt?. ,,Ich arbeite daran, mit der neuen Situation fertig zu werden, kann die vielen Jahre aber auch nicht vergessen, aber es wird schon werden.”
Ganz ohne Pferde werden die beiden sowieso nicht bleiben, denn in Kürze erhalten sie ein Pferd. Es handelt sich dabei zwar “nur” um einen Araber, aber auch um einen Vollblüter. ,,Gerade heute haben wir Kontakt zu Araber-Leuten aufgenommen und die Dinge scheinen sich zu einem guten Ende zu entwickeln.” Kontakt – bei diesem Wort in Bezug auf Deutschland gibt es nur eine kurze, knappe Aussage:,, Zu meiner Mutter und unserem Freund Klaus Zellmann, aber zum Rennsport nicht mehr.”

Dann gibt es ja noch die n-tv-Übertragung, die jeden Sonntag Pflichtprogramm darstellt. ,,Wenn man dann die Bilder aus Dortmund und Neuss sieht, kann man erst einmal ermessen, welchen Wert es besitzt, wenn man bei zwanzig Grad draußen auf der Terrasse sitzen und die Umgebung genießen kann. Nicht dieses Grau in Grau wie in Deutschland, die Natur ist einfach toll, abends um acht Uhr ist es noch hell.”

An Baden ist für die Bocskais um diese Zeit noch nicht zu denken, fit hält man sich aber durch Fahrrad fahren. Und wenn demnächst noch das Pferd kommt, ist für weitere Abwechslung gesorgt.

,,Meine Hauptaufgabe besteht im Einkaufen der für einen Hotelbetrieb notwendigen Dinge. Das ist aber nicht so wie in Deutschland, wo man an einem Ort alles bekommt. Hier geht es zum Schlachthof, dann zum Fischmarkt und später zum Obsthändler, wobei mir natürlich der Schwiegervater eine noch unentbehrliche Hilfe ist”, so Georg Bocskai, der eigentlich während der gesamten Jockeykarriere Probleme mit dem Gewicht hatte. ,,Ich wiege jetzt sechzig, einundsechzig Kilo, habe aber längst nicht mehr den Appetit wie zu deutschen Zeiten, vor allem der Fisch bekommt mir offensichtlich gut.”
Georg Bocskai macht den Eindruck eines zufriedenen Menschen, hat sich schon etwas von der Lebensart der Spanier angeeignet. ,,Alles ist viel lockerer, aber auch daran muss man sich erst einmal gewöhnen, wie z. B., wenn einer sagt, ich komme um sechs Uhr und erscheint erst um sieben. Es ist aufregend, eben anders, die Dinge werden nicht so negativ gesehen wie bei uns, wo doch so manches Preußisches herrscht.”

Und wie ist es mit der Sprache? Sicherlich gibt es Probleme, vor allem beim Einkaufen, aber mein Schwiegervater ist ja auch noch da. Carmen fällt es leichter, da sie sehr gut Französisch spricht, eine bei der Grammatik artverwandte Sprache. Und im Hotel selbst komme ich mit meinen Kenntnissen klar, denn gerade einmal zwanzig Prozent unserer Gäste sind Spanier. Ansonsten kommen sie überwiegend aus Deutschland, England und Skandinavien, vornehmlich Leute, die sich in Mallorca niedergelassen haben. Darunter sind auch einige Neugierige, denn unsere Ankunft war im Mallorca-Magazin, einem Wochenblatt, Gegenstand eines Artikels. Daraufhin wollte man wohl einmal sehen, was das für Leute sind.”

Unter den deutschen Mallorquinern befinden sich auch zwei aus dem Besitzerlager, der eine aus Frankfurt, der andere aus München. Ansonsten sind Vertreter des Rennsports bislang nicht erschienen. ,,Für das Frühjahr haben einige ihr Kommen angekündigt, zumal dann auch noch die Golf-Saison startet. Dann wollen die Herren Plautz und Dr.Tasch “mal vorbeischauen.”
Um diese Zeit hofft man auch die eigene Wohnung beziehen zu können. ,,Zur Zeit leben wir in einem Appartement der Schwiegereltern, haben unsere Möbel noch in Palma gelagert. Wenn Mitte Februar die neue Wohnung bezugsfertig ist, können wir endlich einziehen.” Und komplett wird das Glück für die Bocskais Mitte März, wenn ihr Classic Pleasure in einem Sammeltransport mit Polopferden aus Argentinien endlich in Mallorca ankommt, denn auch Carmen Bocskai fehlen die Vollblüter, das Reiten und das Arbeiten mit ihnen.

Die Hotelfachfrau mit Trainerschein will mit dem Zertifikat ,,noch etwas machen”, wie es Ehemann Georg ausdrückt. Er hat da seine eigenen Ideen und schon mit Fachleuten, in diesem Fall aus dem Araber-Lager, gesprochen. ,,Dann trainiert sie eben Araber, wir werden uns demnächst die Rennbahn in Manacor ansehen. Die ist eigentlich für die Traber vorgesehen, hat, wie vor einigen Wochen, aber auch schon Galopper am Start gesehen. Abwarten, was daraus wird. Man muss die Dinge halt locker sehen.”

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