Dieser Mann ist schon ein Phänomen. Er ist nun 55 Jahre alt, er reitet nicht mehr ganz so viel wie früher. Aber überall dort, wo er auftaucht, genießt Erwin Schindler, der Burgenländer, so etwas wie Kultstatus. Der älteste in Deutschland tätige Jockey, der kleinste in Deutschland tätige Jockey – das ist Erwin Schindler, den die Fans auf den Hippodromen mögen. Komme, was wolle. Schindler als Sieger, das sind Augenblicke des Feierns. Der Mann gehört zum Turf wie die Butter aufs Brot. Das Publikum würdigt seine Leistungen. Vor allem auch deshalb, weil Schindler immer ein Mann des Publikums war. Nett, freundlich, schelmisch. Immer zu Späßen aufgelegt. Das zieht und das hat man Erwin Schindler nicht vergessen.
Er ist vor kurzem 55 geworden. Der Mann, der in seinem Leben als Jockey 1290 Rennen auf der Flachen und sogar sieben über Hindernisse gewonnen hat. Erwin Schindler ist einer aus dem Club 1000, aus dem erlauchten Kreis der Reiter mir vierstelliger Siegzahl. Es ist eine Zahl, die sich nur noch langsam steigert. Der 1,47 Meter große Jockey gewinnt zwar immer noch, aber weil er auch nicht mehr so viel reitet, gewinnt er auch entsprechend seltener. Und es sind vor allem Außenseiter, wenn Schindler sich in den Sattel schwingt. Das liegt weniger an ihm als an den Pferden. Elf Rennen hat er in der Saison 2001 gewonnen, seit dem 8. Juli wartet er nun auf Saisontreffer Nummer 12. 238 Mal hat er sich in diesem Jahr bisher in den Sattel geschwungen.
1974, 27 Jahre ist das her, war Erwin Schindler deutscher Jockeychampion. 71 Siege hatte er in jenem Jahr erreicht. Das verlieh ihm den ersten Popularitätsschub auf deutschen Rennbahnen. Als 1982 Ako mit Schindler im Sattel das Deutsche Derby gewann, stand die Hamburger Derbybahn Kopf. In der Hansestadt, da hat Schindler heute noch seine vielleicht größten Fans abseits der Bahnen im Südwesten, wo er zum Inventar gehört. Nur zu gerne würden ihn vor allem aber die Besucher in Hamburg reiten und noch einmal gewinnen sehen.
Schindler hatte das Publikum immer auf seiner Seite in seiner Laufbahn. Eine Karriere, die 1960 begann. Schindler zu seinen Stationen: "Fangen wir 1960 an: Wien, dann ein halbes Jahr München, dann wieder Wien und wieder München. Mülheim / Ruhr, Dortmund, Düsseldorf, Langenfeld, Schwerte, Leimen, Altdorf in der Pfalz." 1971 gelang Schindler ein besonderer Coup: er schnappte sich das bayerische Championat der Hindernisreiter. Eine außergewöhnliche Sache eines außergewöhnlichen Mannes, den die Kumpels in der Schule seinerzeit schon als Fünfjährigen mit den Worten begrüßten: "Da kommt der Jockey."
Erwin Schindler ist von Tiefs und Verletzungen nie verschont geblieben, aber er hat sich noch immer wieder aufgerappelt. Noch im Frühjahr 1996 hatte er sich die Schulter gebrochen, in den Jahren zuvor mussten bereits beide Füße, das Becken, die Schlüsselbeine, ein Dornfortsatz am Wirbel und die Rippen dran glauben. Schindler nahm so etwas immer mit Humor. Vor Jahren hat er einmal gesagt: "Einen Tag vor dem Urlaub bin ich gestürzt. Doch ich kam auf dem Gesäß auf." Soll auch wehgetan haben.