Archiv-Geschichte:
Frühjahr 1999: Für Züchter und Besitzer Rolf Brunner stehen aufregende Wochen an. Sein vierjähriger Crack Ebisu läuft im von Elle Danzig gewonnenen Großen Preis der Gelsenkirchener Wirtschaft auf Gruppe-Ebene auf Rang drei, seine Derby-Hoffnung Elcano gewinnt in Frankfurt eine Maidenprüfung „hochüberlegen“ und im Gestüt Etzean fohlt eine gewisse Be-My-Guest-Tochter Mandellicht einen Hengst nach Dashing Blade. Als Züchter zeichnet Rolf Brunner aus Rheinau, Unternehmer in der Möbelbranche. Spezialisiert für Großeinrichtungen, verantwortlich u.a. auch für die Bestuhlung in der neuen Iffezheimer Benazet-Tribüne.
Es war das erste Fohlen, das Mandellicht zur Welt brachte. Zuvor hatte sie für Rolf Brunner eine Rennlaufbahn hingelegt, die schon deutlich über dem Durchschnitt lag. Nach ihrem Maidensieg gelang der von Mario Hofer trainierten Be My Guest-Tochter der Sprung in die Listenklasse. Im Düsseldorfer Stutenpreis musste sie Anna Thea und Enigma den Vortritt lassen, im Iffezheimer Festa-Rennen konnten es Wala und Autriche besser, in der Japan Association Trophy scheiterte Mandellicht nur an Lanelly. Ein entsprechend respektables GAG war ihr sicher, schließlich erhielt sie auch die hohe Marke von 86,5 Kilo.
Damit war Rolf Brunners zweiter Schachzug aufgegangen. Der erste im Zusammenhang mit Mandellicht war 1995 erfolgt. Der Unternehmer aus Rheinau war auf der Iffezheimer Jährlingsauktion auf der Suche nach einer gut gezogenen Jährlingsstute. Es war nicht das erste Mal, dass er in Iffezheim aktiv sein würde. Wie zum Beispiel 1987, als er aus der Zucht vom unvergessenen Ferdi Leisten den Hengst Klassiker ersteigerte. Ein Volltreffer, der What a Guest-Sohn stieg zum St-Leger-Triumphator auf, kam zuvor im Derby auf Platz vier über die Linie.
Nun marschierte also Rolf Brunner im Spätsommer 1995 durch das Iffezheimer Boxendorf, mehr und mehr interessierte ihn ein Angebot aus dem Gestüt Wittekindshof. Rolf Brunner erinnert sich: „Eine Rappstute, von Be My Guest, tolle Gänge, und aus qualifizierter Zucht. Ich gehe dabei stets nach Auge und Gefühl, wie schon seinerzeit bei Klassiker.“ Noch ein letztes Gespräch mit dem Wittekindshofer Gestütsleiter Karl Jörg und für Rolf Brunner stand fest, dass er am Auktionstag auf diese Katalog-Nummer 147 mitsteigern würde.
Günstig war die junge Stute nicht zu haben, auch das war ihm schon klar. Die Auktion verlief für den Veranstalter gut, gerade der Mittelmarkt war stark. Bis zum Auftritt von Mandellicht gab es aber auch bereits acht Zuschläge im sechsstelligen DM-Bereich. Als der Hammer bei Katalog-Nummer 147 fiel, atmetet Rolf Brunner tief durch. Er hatte seine auserwählte Stute bekommen, der Zuschlag betrug 60.000 Mark.
Rolf Brunner hatte bei dieser Investition weit voraus geschaut, erwarb die Wittekindshoferin, eine Tochter von Mandelbaums Schwester Mandelauge, auch für den späteren Einsatz als Mutterstute. Die Zucht war für ihn kein Neuland, denn bereits mit der 80-Kilo-Stute Elisha versuchte Rolf Brunner seit einigen Jahren der „Natur unter dem Rocksaum zu schauen“, wie es ein führender deutscher Züchter einmal treffend auf seine Art und Weise ausdrückte. Das Gestüt Etzean der Familie Weil wurde zur auserwählten Scholle – was bis heute der Fall ist -, der erste Partner für Mandellicht war dann auch der Etzeaner Stallion Dashing Blade.
Das Produkt, Maraschino, kam im Frühjahr 2001 und somit als Zweijähriger auf der Kölner Select Sales in den Ring, ging für 45.000 Mark in den Besitz des Stalles Jenny. Schon wenige Wochen später war der Hengst in Hannover überlegen voraus, siegte später auch zwischen den Flaggen.
Fährhofs Championhengst Acatenango folgte als nächster Partner, es gab ersten weiblichen Nachwuchs, der auf den Namen Mandela getauft wurde. Die Stute bestritt zunächst ihre Rennlaufbahn für das Turfsyndikat 2001. „Ich war zum damaligen Zeitpunkt oft im Ausland unterwegs, hatte wenig Zeit für mein geliebtes Hobby. Da habe ich ein Paket von drei Pferden an Manfred Hofer verkauft. Darunter befand sich Mandela, die im Fohlenalter war“, erinnert sich Rolf Brunner.
Die Stute kam zu Ralf Suerland in Training, gewann dreijährig auf Anhieb ein Maidenrennen, anschließend das Las-Vegas-Slenderella-Rennen und musste im Preis der Diana lediglich Next Gina und White Rose den Vortritt lassen. Bei dieser Gelegenheit war die Tochter der Mandellicht bereits in den Farben von Gary Tanaka an den Ablauf gegangen. Ihr Erstauftritt auf internationalem Parkett ließ natürlich nicht lange auf sich warten. Und auch dort verkaufte sich die Acatenango-Tochter glänzend, als sie im Prix de Pomone in Deauville auf Gruppe-II-Ebene auf Platz drei kam. Longchamp und Aqueduct in den USA waren die weiteren Stationen der unverändert von Ralf Suerland trainierten Stute, die nach Ende ihrer Rennlaufbahn wieder in deutschem Besitz zurückgekehrt ist. Dr. Christoph Berglar erwarb sie in den Staaten für sein Union-Gestüt.
Die Stute hat aktuell ein Fohlen von War Chant, wird jetzt von Dynaformer gedeckt und dann nach Deutschland zurückkehren. 2000 stand Mandellicht dann das erste Mal auf der Liste von Monsun, es gab einen Hengst, der im eigenen Besitz blieb und zu Mario Hofer in Training kam.
„Mandschu ließ sich glänzend an, Mario Hofer hielt sehr viel von ihm, dann passierte es. Zweijährig brach er sich bei der Morgenarbeit ein Bein, mit einem Schlag war alles aus“, denkt Rolf Brunner auch heute noch wehmütig an diesen Tag zurück. Als dies 2003 geschah, hatte Mandellicht bereits einen weiteren Nachkommen des Schlenderhaner Spitzenbeschälers zur Welt gebracht. Genau am 9. März 2002. Ein schicksalhaftes Datum, wie sich später herausstellen sollte.
Der Monsun-Sohn erschien im Aufgebot der BBAG-Jährlingsauktion 2003, dank seiner Halbschwester Mandela mit brandaktuellen Empfehlungen. „Nach dem Malheur mit Mandschu hat ich mich entschlossen, Manduro auf die Auktion zu schicken. Meine Frau war tief enttäuscht, versuchte mich bis zuletzt umzustimmen, denn der Hengst war ein ganz hervorragend aussehender Bursche, war ihr ans Herz gewachsen“, erinnert sich Rolf Brunner, der gedanklich die eine oder andere Volte machte. Doch ohne Kurskorrektur, der Monsun-Sohn bekam in der Iffezheimer Auktionshalle seinen ersten Auftritt.
Der Reservepreis lag im sechsstelligen Bereich, wurde auch überboten. Und es gab einen Interessenten, der den Monsun-Sohn unbedingt haben wollte. Wie später zu hören war, gleich aus mehreren Gründen: Georg Baron von Ullmann. Erstens, weil Manduro von Monsun stammt, der bekanntlich in seinen Farben zum Ausnahmepferd aufgestiegen war und zum anderen, weil Manduro eben am 9. März und somit am Geburtstag seiner Mutter Karin das Licht der Welt erblickt hatte. Rüdiger Alles von der IVA bekam bei 130.000 Euro im Auftrag des Barons den Zuschlag.
Zweijährig Sieger im Preis des Winterfavoriten und dann verletzungsbedingt der verhinderte Derby-Favorit. Das war zunachst einmal die einmal die Achterbahnfahrt des von Peter Schiergen trainierten Monsun-Sohnes. Erst dreijährig im September war in München in einem Listenrennen ein standesgemäßes Comeback fällig, dann schickte der Sohn der Mandellicht im Preis der Deutschen Einheit den aktuellen „Galopper des Jahres“ und gestandenen Gruppe-I-Sieger Soldier Hollow in Hoppegarten auf die Verliererstraße. Im Premio Roma und somit auf höchstem Gruppe-Parkett nahm Soldier Hollow eindrucksvoll Revanche.
Wenige Wochen später kam die Meldung, dass Manduro zu Andre Fabre nach Chantilly in Training wechseln werde. Zugleich meldeten sich in den Wintermonaten Agenten führender Besitzer, bekundeten Interesse an Manduros Mutter Mandellicht. Rolf Brunner: „Auch aus dem engsten Umfeld von Sheikh Mohammed. Offenbar hatte man im Fabre-Stall gehört, dass Manduro ein Pferd mit Gruppe-I-Format sei“, mutmaßt der Züchter aus Rheinau. Bis heute hat er allen Angeboten standgehalten.
Dass Manduro Großes zu leisten imstande ist, weiß man sicher nicht erst, seit der Monsun-Sohn in Paris in Training ist. Der Erfolg am letzten Sonntag in Longchamp im Prix d‘ Harcourt dürfte ganz gewiss nicht das Ende der Fahnenstange sein. Der Prix Ganay auf Gruppe-I-Ebene ist die nächste Herausforderung, ein weiterer Sprung wird verlangt. Rolf Brunner erlebte am letzten Sonntag einen seiner wohl bemerkenswertesten Tage im Rennsport, denn bevor Manduro in Paris zuschlug, gewann in seinen Farben die von Dashing Blade stammende Halbschwester Madura eine Dreijährigen-Prüfung in Frankfurt. Das alles verfolgte er in der Wettannahme auf der Iffezheimer Rennbahn.
Es liegt auf der Hand, dass Madura das Erbe ihrer Mutter antreten wird. Der von Tiger Hill stammende und 2004 geborene Manduras geht ausnahmsweise auf Etzeaner Zuchtkonto, wechselte im Vorjahr auf der BBAG-Jährlingsauktion für 130.000 Euro in den Besitz dse Stalles Avena, ist bei Peter Rau in Training. Auch 2005 fohlte Mandellicht einen Hengst, nach Anabaa. Da sie im Vorjahr relativ spät abfohlte, wurde sie nicht mehr gedeckt und reiste in diesem Jahr zeitig auf die „Grüne Insel“, wo sie für Danehill Dancer und somit einen Topbeschäler im hohen Pressegment gebucht wurde. Rolf Brunner: „Wir wollen hier das Rezept Rock of Gibraltar wiederholen. Die Mutter von ihm stammt wie Mandellicht von Be My Guest.“
Über die Gratulationen auf elektronischem Weg nach dem Erfolg von Manduro im Prix d‘ Harcourt war Rolf Brunner ebenso erfreut wie überrascht. „Das war sicher alles ganz toll“, meint Manduros Züchter, fügt aber abschließend gleich an, dass er Manduro niemals hätte verkaufen dürfen. „Ich hätte doch besser auf meine Frau hören sollen.“