Es gibt Menschen, die verbringen ihre Freizeit auf absonderliche Weise. So ganz genau wissen wir nicht, was Manfred Ostermann dann so treibt, ist ja letztlich auch seine Privatsache, doch über ein, sogar ziemlich zeitraubendes Vergnügen gibt er gerne Auskunft: Es macht ihm größten Spaß, via Internet in den Ausschreibungen für französische Rennen herumzustöbern, um etwas Passendes für seine Pferde zu finden.
Und dann auch noch alle Gegner auszuleuchten, um vielleicht eine Wette zu riskieren. „Mein Hobby“ sagt er dazu. Wobei anzunehmen ist, dass die Begeisterung dafür nicht von allen Beteiligten geteilt wird. Ostermann muss schließlich nicht selbst nach Cluny, Toulouse oder Bordeaux, da fahren oder fliegen Ross und Reiter hin, manchmal ist das ganz schön mühsam.
Nachzufragen bei Jockey Andreas Boschert, der inzwischen in der französischen Provinz schon ziemlich bewandert ist. Neben einer, so nehmen wir einmal an, ziemlich großzügigen Entlohnung, winkt natürlich internationale Reputation.
„Criquette Head wusste bei der Auktion in Newmarket ganz genau, wer Boschert war, als wir uns die Pferde des Gestüts angeschaut haben“, erinnert sich Ostermann.
Manfred Ostermann ist Züchter und Besitzer. Schon sehr lange, in der Verantwortung seit annähernd dreißig Jahren, nach dem frühen Tod seines Vaters. Er ist für die Trainer gewiss nicht unanstrengend, oder, um es positiv zu formulieren, engagiert und kritisch. Er mischt sich ein, nicht nur, wenn es um das Management der Pferde geht. Es gab und gibt den einen oder anderen Trainerwechsel, doch man sieht sich mehrfach im Leben.
So stehen aktuell auch wieder in den Stallungen der Trainer Andreas Wöhler und Mario Hofer Ittlinger Pferde, da war man aus diversen Gründen auch schon einmal ausgezogen. „Persönlich“, sagt er, „ist da ja nie etwas vorgefallen. Und ich habe Mario Hofer auch ganz bewusst in meinen neuen Vorstand geholt, er soll sich um ein bestimmtes Segment kümmern.“
Denn Manfred Ostermann ist seit einigen Wochen eben nicht nur normaler Besitzer und Züchter, er ist sozusagen der oberste aller Rennstallbesitzer im Lande. Wer das vor ein, zwei Jahren prophezeit hätte, der wäre doch etwas skeptisch angeschaut worden. Nicht, dass Ostermann nicht in den einschlägigen Gremien tätig gewesen wäre.
Nein, er war schon im Vorstand der Besitzervereinigung, war mit den Buchmachern am Verhandlungstisch, aber ganz oben, da sah er sich lange wohl selbst nicht. Was natürlich auch damit zu tun hat, dass der 51-jährige tagtäglich einer ausgesprochen geregelten Tätigkeit nachgeht: Er verkauft Einrichtungen, Möbel Ostermann ist im Ruhrgebiet eine Branchengröße, ein Begriff. Und da kann man halt nicht, so gern man das nun auch möchte, stundenlang nach einem passenden Altersgewichtsrennen in Nort-sur-Erdre fahnden.
Manfred Ostermann hat sich dann doch wählen lassen, mit einem Team, das wohl selbst von dem flotten Arbeitsstil seines Vormannes überrascht wurde. Eine Sitzung jagt die nächste, Ostermann ist mit Biss bei der Sache, hat reichlich Ideen, wohl auch, weil er anders als seine Vorgänger im Amt aus einer beruflich anderen Ecke kommt. Er ist Verkäufer, sein Geschäft lebt vom Marketing. Und genau das versucht er jetzt in sein neues Amt einzubringen.
Im Grunde genommen gilt es, eine in den vergangenen Jahren wegen persönlicher Differenzen gelähmt wirkende Vereinigung wieder auf Kurs zu bringen. Die Position der Besitzer und Züchter zu stärken und, noch viel wichtiger, neue zu gewinnen. Denn in den Führringen und bei den Auktionen ist dem geneigten Betrachter in der Regel die Blutgruppe jedes Anwesenden bekannt – frische Gesichter sind die Ausnahme.
Manfred Ostermann will in fremden Gewässern fischen. Bei den Warmblütern zum Beispiel, in Aachen, gerade auf der Equitana. „Wenn wir nur ein Prozent der dort Engagierten für uns gewinnen würden, dann wäre das doch schon etwas“, sagt er. „Wir bieten doch echte Gewinnmöglichkeiten. Wenn sie ein Pferd bei Beerbaum oder Sloothaak stehen haben, kostet das genauso viel wie bei Schiergen. Und verdienen kann man mit Rennpferden deutlich mehr.“
An das Ankurbeln von Syndikaten ist gedacht, bei denen, nach englischem Vorbild, auch Interessenten mit geringem finanziellen Einsatz einen Anteil an Pferden erwerben können.
Die Initiative der Rennvereine, mehr Veranstaltungen durchzuführen, wird natürlich mehr als begrüßt, „wir müssen aber auch versuchen, Rennen zu schaffen für Pferde, die ansonsten nach ein, zwei Siegen schon erfasst sind. Mehr Phantasie bei den Altersgewichtsrennen ist gefragt. Und den Trainern muss gesagt werden, dass man vielleicht einmal auf einen Galopp verzichtet und dafür etwas öfter läuft. Wenn ein Pferd mit einen Rating von 75 und mehr ein-, zweimal häufiger in der Saison startet, wäre doch schon viel erreicht.“
Vieles, was er vorhat, kostet Geld. „Der Spielraum ist schon sehr klein“, sagt er, „durch Mitgliedsbeiträge und Abgaben ist das fast nicht allein aufzubringen.“ Phantasie ist gefragt. Und dass der neue Vormann der Besitzer und Züchter die hat, davon kann ausgegangen werden.