Vom bekanntermaßen in vielen Bereichen des Lebens weisen Fußballtrainer Udo Lattek stammt der Satz: „Wenn ich an Galopprennen denke, fällt mir sofort der Name Hein Bollow ein.“ Nun ist Lattek zumindest in den letzten 40 Jahren auf keiner Galopprennbahn gesehen worden. Die Einschätzung stimmt trotzdem: Hein Bollow ist unzweifelhaft ein Name, der für einen ganzen Sport steht.
Am 5.Dezember 2005 ist er 85 Jahre alt geworden und jetzt kommt er erstmals nach Bad Doberan-Heiligendamm. Bollow: „Ich war noch nie dort und bin sehr neugierig.“ Er wird vom amtierenden Jockeychampion Filip Minarik chauffiert, zu den Rennen in Nordrhein-Westfalen fährt er noch mit seinem eigenen PKW.
Die Fakten: er ist der einzige lebende Mensch der Welt, der als Jockey und dann auch noch als Trainer mehr als 1000 Rennen gewonnen hat.
1034 Jockeysiegen zwischen 1937 bis 1963 folgten 1661 Trainertreffer von 1964 bis 1988.
Am 6.Juni 1938 hat der Lehrling des Hoppegartener Trainers Pan Horalek auf dem Pferd Juist in Halle an der Saale sein erstes Rennen gewonnen. Der letzte Sieger hieß Ararat am 10.November 1963 in Mülheim/Ruhr, am 23.November ritt er auf dem gleichen Pferd in Krefeld sein letztes Rennen. Dazwischen lagen die vier Derbysiege auf der von ihm besonders geliebten Derbybahn von Hamburg-Horn mit Allasch (1953), Kaliber (1954), Kilometer (1956) und zuletzt nach einem Husarenritt auf Herero im Jahre 1962. Dreizehnmal war er Champion bei den Jockeys.
Das Derby 1954 gewann er an dem Tag, als Deutschland zum ersten Mal Fußball-Weltmeister wurde und als er 1974 mit Marduk siegte, da wurde Deutschland ebenfalls Weltmeister, allerdings nicht am gleichen Tag.
1964 folgte der erste Trainersieg mit Hochvogel in Gelsenkirchen-Horst, 1974 gewann er mit Marduk das Derby, wurde auch einmal (1965) Trainerchampion. Am zweiten Weihnachtstag des Jahres 1988 machte er Schluss. Bollow damals: „Ich wollte aufhören, als ich noch oben stand.“
Typisch für ihn: er entschuldigte sich beim Publikum, weil sein letzter Starter Oldtimer das Abschiedsrennen nicht gewann.
Dieser Abschied ist dem ehrgeizigen, in Nienstedten bei Hamburg geborenen Mann mit der Schuhgröße 39 nicht leicht gefallen. Aber die Gesundheit seiner Ehefrau Margot wurde immer schlechter. Ohne sie war er als Unternehmer hilflos. Das wusste er zu genau. Margot Bollow ist nach langer Krankheit verstorben und ihr Hein bekämpfte seine Trauer mit der immer gleichen Therapie: Rennbahnbesuche, Kontakte, immer dabei sein.
Er stand in höchster Personalnot sogar noch einmal dem Trainer- und Jockeyverband vor, er beteiligte sich (vor allem für seine Tochter Gelia) am Gestüt Pliesmühle (es wurde dann aber wieder abgegeben) und er saß selbstverständlich auch im Renngericht. Hein Bollow interessiert sich auch heute noch für jedes Pferderennen. Sein bester Freund war der große Trabertrainer-und Fahrer Walter Heitmann. Bollow hat sogar neun Rennen im Sulky gewonnen.
Auch heute noch ist diesem Mann in seinem Sport nichts egal. Hein Bollow hat auf die unvermeidlichen Fragen nach den größten Erlebnissen seiner Karriere ein erstaunliche Antwort gegeben: „Ich bin allen Bundespräsidenten- und Kanzlern meiner aktiven Zeit zumindest einmal vorgestellt worden.“