“Ich suche gerade die Rennbahn in Saint-Cloud, werde von Julia Römich hingefahren”, war Werner Baltromei am Dienstag schon wieder auf großer Tour. Seit längerem ist Frankreich ein bevorzugtes Ziel der Pferde des Mülheimer Trainers. Zwei Zweijährige schickt er diesmal nach Paris, ist natürlich selbst mit von der Partie in der französischen Hauptstadt.
Dabei hat er gerade auch in Deutschland auf sich aufmerksam gemacht. Das vergangene Wochenende in Baden-Baden dürfte er so schnell nicht vergessen. An der Oos auf dem Treppchen zu stehen hat sich wohl jeder Betreuer von Galoppern schon gewünscht. Baltromei durfte dieses Gefühl nicht in x-beliebigen Rennen erleben. Zunächst landete er am Freitag mit Naxon und Annunzio einen Doppelschlag im BBAG-Auktionsrennen, 24 Stunden später gewann der von ihm vorbereitete Donatello den Heel-Cup.
“Ich hatte schon vorher gesagt, dass Donatello riesig drauf ist. Angst hatte ich nur wegen der Distanz”, berichtet Werner Baltromei. “Der Jockey hat das gut geregelt. Innen hat er am Knick eine Abkürzung gewählt”, spielt er auf die Tatsache an, dass Ian Ferguson an den Rails viel Boden sparte. “Man merkt dem Pferd an, dass es sich im Herbst richtig wohl fühlt. Nun gehen wir in das Kölner Listenrennen, das er vor einem Jahr schon gewonnen hat.” Dabei war vor Iffezheim in dieser Saison das Glück noch nicht auf der Seite des Auenadler-Sohnes gewesen.
“Er hatte sich in München vor einem geplanten Start im Führring überschlagen und bekam Rückenprobleme. Er konnte dort nicht starten, aber da der Boden ohnehin zu trocken war, war das nicht schlimm. Nun ist wieder alles top, wie man gesehen hat”, versichert der Trainer, der sich natürlich über seine beiden Youngsters so richtig freute.
“Ich war davon überzeugt, dass sie unter den ersten Dreien landen, hatte das auch den Besitzern mitgeteilt. Sie hatten zusammen gearbeitet. Annunzio fing überlegen weg, hatte dabei Adrie de Vries im Sattel. Ian Ferguson saß auf Naxon, der der als schwerfälliges Pferd mehr tun musste. Er zeigt im Training noch nicht sien Können. Wenn der Reiter von Annunzio in Baden allerdings innen bleibt, weiß ich nicht, wer gewonnen hätte. Es wäre sehr eng geworden.”
Während Naxon sein “verdientes Winterquartier” bezieht und künftig zwischen 1400 und 1800 Metern sein Einsatzgebiet haben wird (“er ist noch ein Baby, war bislang eher phlegmatisch, vielleicht wird er mit zunehmendem Alter gängiger”), greift Baltromei mit Annunzio noch im Münchener Auktionsrennen an. “Wenn er da noch reinpasst, das muss ich noch schauen. Adrie de Vries würde ihn wieder reiten. Er kommt mehr über den Weg. Ich denke, dass 1800 bis 2000 Meter ideal sein dürfen. Natürlich will ich auch versuchen, dass sich die beiden Pferde nicht zu oft begegnen. In Deutschland ist es schwer, Rennen für sie zu finden, in Frankreich dürfen sie in Course D-Rennen antreten.”
Dass aus beiden etwas Bedeutendes wird, hat er schon früh vorhergesagt. “Naxon hatte beim Start vor Baden Pech, als er einen viertägigen Stopp verkraften musste und deshalb vor dem Rennen keine Arbeit mehr gehen konnte. Annunzios Rennen, als er hinter Karavel und Elounesse einkam, war etwas für die Moral. Ian Ferguson hatte sich damals im Ziel vertan und die Hände zu früh hingesetzt, wurde auch bestraft wegen fahrlässiger Nichtwahrnehmung der Gewinnchancen”, argumentiert Werner Baltromei, der schon eine Woche vor dem Sales & Racing-Festival aufhorchen ließ, als er mit der Hachtseerin Ruby Hill (Reginald Graf von Normans Rennstall ist zahlenmäßig am stärksten bei ihm als Besitzer vertreten) ein 50.000er in München gewann. Dabei überraschte die Stute im betbull.de-Criterium auf der ganzen Linie.
Doch ihr Betreuer hatte immer an die Lady geglaubt: “Ich habe früh im Jahr gesagt, dass sie ein Rennpferd ist. Nur hat sie ihre Leistungen aus der Arbeit im Rennen später nicht mehr eingestellt. Als Jahresdebutantin gewann sie gegen die spätere Gruppesiegerin und Diana-Zweite North Queen. Da hatten wir viele Hoffnungen. In Düsseldorf wurde sie Vierte in einem Listenrennen auf schwerem Boden, doch da war ich schon etwas enttäuscht, da sie nicht ganz durchzog.
In der Schweiz wurde Ruby Hill Zweite in den 1000 Guineas, aber sie hat dort eine Hufverletzung erlitten. Der Ballentritt tat ihr mächtig weh. Das hat lange Zeit in Anspruch genommen. Als wir mit ihr in Frankreich waren, hat Jockey Yann Lerner gesagt, mit der heutigen Startnummer hat sie keine Chance. Sie ist hinten gegangen, war zwar nicht vorne dabei, aber mir hatte gefallen, wie gut sie angepackt und gekämpft hat. Dabei trug die Stute Ohrenkappen. In München haben wir diese runtergenommen und sie wieder auf Warten reiten lassen. Sie bekommt jetzt Urlaub, hat ja viele Reisen unternommen. Ich glaube, das sie eine bessere Vierjährige wird.”
45 Pferde stehen aktuell bei Baltromei, der sich ein Lot von 40 bis 50 Kandidaten wünscht. “Damit alles überschaubar bleibt.” Auch bei der BBAG-Herbstauktion war man nicht untätig. “Wir haben gut und billig gekauft. Von der Abstammung fallen die Pferde zwar nicht auf, aber vor allem mit einem Auenadler-Nachkommen könnten wir einen guten Griff gelandet haben. Das war im Übrigen am Tag vor Donatellos Sieg.”
Unter den Erwartungen blieb an der Oos eigentlich nur Matrix, ebenfalls ein Top-Sprinter, doch hadert Werner Baltromei mit dem Ritt von Georg Bocskai. “Die Order war, ihn nicht zu verpullen, sondern in diesem Falle lieber gehen zu lassen. Aber letztlich trägt der Trainer die Schuld, wenn es dann genau verkehrt abläuft. Am 1. November bestreitet er in Maisons-Laffitte ein Gruppe III-Rennen.”
Und dann wäre da ja auch noch Soterio, für den es nicht weit genug sein kann. “Er hat in diesem Jahr so lange gebraucht, da er nicht immer vernünftig geritten wurde. Bei ihm muss alles passen. Auf keinen Fall darf er zu früh angreifen.”
Mit dem Verlauf der Saison 2005 ist er schon jetzt mehr als zufrieden. “Mein Ziel war, die Gewinnsumme zu steigern, das haben wir geschafft. Wobei einiges aus dem Ausland stammt. Auch für nächstes Jahr habe ich einen längeren Aufenthalt in Cagmes-sur-mer mit einigen Pferden, speziell auch Dreijährigen, vorgesehen, sofern ich Boxen bekomme”, sagt Werner Baltromei, der auch in seiner Freizeit am liebsten “Equidia”, schaut, den französischen Rennsportsender. “Auf Frankreich habe ich mich spezialisiert, schaue mir viele Ausschreibungen im Internet an. Da muss man schon am Ball bleiben.”
In Baden hielt er sich beim Feiern zurück. “Ich war ein wenig krank, habe noch zusammengesessen mit den kleinen Leuten, den Leuten vom Stall, die es verdient haben.” Woanders hielt sich da Stalljockey Ian Ferguson auf, der bekanntlich in eine nächtliche Prügelei in Iffezheim verwickelt wurde. Zur Unzeit, denn am folgenden Nachmittag hätte er Matrix und Almerita in Gruppe-Rennen reiten sollen.
Schweren Herzens wird sich der Trainer nun von Ferguson trennen. “Er ist ein Super-Jockey, der viel gelernt hat, auch wenn er nicht immer das umsetzen konnte, was ich von ihm verlangt habe, speziell sich auch einmal bei den Besitzern zu zeigen. Er igelt sich etwas zu sehr ein. Dabei gibt es in Deutschland nicht viele bessere Jockeys als ihn. Mir bleibt nach diesem Vorfall nichts anderes übrig, als ihn zu entlassen.
Ende des Monats hätten wir uns ohnehin getrennt, da Ian für sechs Monate nach Dubai geht, aber danach hätte er eigentlich wieder bei mir anfangen sollen.Das ist nun nicht mehr machbar. Ich weiß auch weiterhin nicht genau, was vorgefallen ist. Natürlich machen auch die Besitzer Druck. Ich bin ein kleiner Trainer, habe nicht an jedem Tag ein Pferd in einem Gruppe-Rennen am Start. Da kann es nicht sein, dass er bei zwei Mitfavoriten in Gruppe-Rennen nicht einsatzfähig ist. Bis Ende des Monats wird er noch bei mit in der Arbeit reiten, aber nicht mehr im Rennen.”
Nach eigenem Bekunden bedauert Werner Baltromei diese Maßnahme. “Es tut mir leid. Er war mein Sprössling. Ich habe Ian eine zweite Chance gegeben.” Lobende Worte findet er über die französischen Sattelkünstler. “Sie haben eine profihafte Einstellung, jammern auch nicht.” Einen Jockey am Stall, bei dem man auch auf Besitzerwünsche reagieren kann, möchte der Coach auch im nächsten Jahr verpflichten.
“Ich brauche auch gute Leute für das Training” sagt der Trainer, der entgegen anderslautender Gerüchte seine Zukunft in Mülheim sieht. “Es ist alles top, nur die Boxen könnten etwas besser werden. Aber der Rennverein möchte in meinen Stall nicht investieren. Man erzählt, ich würde nach Köln gehen, aber davon weiß ich selbst nichts.” Bei solchen Erfolgen wie zuletzt in Iffezheim oder beid en Frankreich-Gastspielen spielt die Stadt ohnehin eine zweitrangige Rolle. Können ist ja nicht ortsgebunden, schon gar nicht bei Werner Baltromei.











