„Senkrechtstarter“ wurde Pavel Vovcenko am Ende des Jahres 2002 genannt. Dem gebürtigen Tschechen war damals ein sensationeller Einstieg in den Trainerberuf gelungen, als er 16 Rennen gewinnen konnte. Hinzu kamen 33 Platzierungen und der 54. Rang in der Statistik als Achtungserfolg. In der darauf folgenden Saison kletterte der Ex-Jockey mit 20 Treffern bereits auf Platz 23 und verpasste als Elfter des Vorjahres (40 Siege) nur noch knapp die Top Ten der Trainer.
Momentan steht Pavel Vovcenko offiziell an zehnter Stelle – der Newcomer, zuvor als Reiter bei Uwe Ostmann, Manfred Biermann, Elfi Schnakenberg, Hubertus Fanelsa und Andreas Wöhler beschäftigt, hat sich damit in nur kurzer Zeit in der deutschen Trainer-Szene etabliert.
Solide Arbeit gepaart mit gesundem Selbstvertrauen scheint das Geheimnis des ehemaligen Lehrlingschampions der Tschechoslowakei zu sein, denn die Anfangsbedingungen waren alles andere als optimal.
„Vormittags habe ich in Bremen meinen Job in der Morgenarbeit erledigt, anschließend ging’s dann mit Antje Thom raus aufs Land, um zu trainieren. Um acht Uhr abends bin ich todmüde ins Bett gefallen.‘ Mit Land ist ein Hof in Bollen (bei Achim nahe Bremen) gemeint, wo bereits einige Pferde des Stalles Silbersee untergebracht waren. Heute stehen dort 66 Galopper, die von zehn Angestellten – darunter Jockey Alexander Pietsch und Antje Thom als Frau der ersten Stunde – betreut werden.
„Ich bin Herrn Gerdes auch heute noch sehr dankbar, dass er mir diesen Start ermöglicht hat“, gesteht Pavel Vovcenko ein. Mit dem ‚Silberseer‘ Olaso – der bereits im Langenhagener Stall von Hans-Jürgen Göschel nach zwei Siegen als hervorragendes Rennpferd galt – punktete er auch erstmals in besseren Rennen, sattelte den Law Society-Sohn zum Sieg im Professor Hans Merkt-Rennen 2002.
Olaso belegte in jenem Jahr noch einen beachtlichen zweiten Platz im Dortmunder St. Leger und schob sich 2003 mit einem Sieg im Iffezheimer Betty Barclay-Rennen endgültig in die schmale Spitzengruppe der deutschen Steher. Seine beste Saison hatte Olaso im Vorjahr, als er den Großen Preis der Bremer Wirtschaft und den Kölner Gerling-Preis gegen Well Made und Senex gewinnen konnte. Nach einem vierten Platz im Baden-Badener Großen Mercedes Benz-Preis wurde der Hengst, dessen höchstes GAG 96 Kilogramm betrug, an den irischen Mega-Besitzer im National Hunt Sport, John McManus verkauft.
Inzwischen hatten sich aber bereits einige andere Galopper „hochgearbeitet‘ und konnten als Leistungsträger einspringen. An erster Stelle zu erwähnen sind hier Kasus und Expensive Dream. Kasus, gezogen im Gestüt Zoppenbroich, dessen beste Leistung dreijährig unter der Obhut von Peter Schiergen zwei dritte Plätze in Sieglosen-Rennen gewesen waren, verbesserte sich nach dem Trainerwechsel deutlich, gewann als Vierjähriger bei vier Starts zwei Rennen und belegte einen zweiten Platz.
Inzwischen ist der Second Set-Sohn bei einem GAG von aktuell 92 Kilo angelangt und dem Publikum längst bekannt als jenes Rennpferd, welches bei seinen letzten 25 Starts immer im Geld gewesen ist. Der Einstieg in die Klasse der Gruppe-Pferde gelang dem schon Siebenjährigen im Frühjahr dieses Jahres, als der Steher im Betty Barclay-Rennen dritter werden konnte.
Ähnlich stark gesteigert hat sich auch der ein Jahr jüngere Expensive Dream. Dessen Bilanz unter Christian von der Recke: zweijährig einmal am Start (11.), dreijährig beim einzigen Auftritt Dritter. „Kam lahm aus dem Rennen‘ heißt es im Rennbericht.
„Ihm ist ein Chip entfernt worden, anschließend bekam er genügend Zeit‘, berichtet Pavel Vovcenko. Ergebnis: Der Lomitas-Sohn (auch er nicht ganz einfach an der Startmaschine) gewann als Vierjähriger vier Rennen in Folge und wurde zweiter im Ausgleich II bei fünf Starts. Mittlerweile steht er mit 92,5 Kilo hoch im Ausgleich I und galoppierte im diesjährigen Idee Hansa-Preis nach turbulentem Einlauf als Dritter durchs Ziel, wurde allerdings wegen Behinderung von Bailamos auf den vierten Platz gesetzt.
Weitere gute Pferde im Stall von Pavel Vovcenko sind – neben dem altbewährten Gruppe-Pferd Near Honor – der sechsfache Sieger One little David (hat gerade ein 45.000 Euro-Rennen in Mailand gewonnen) und der Spitzensteepler Dzino, der über die Sprünge nun mehr als 85.000 Euro verdient hat. „Bei den jüngeren Pferden ist der Beste wohl Ancient War.‘
Doch der Dreijährige hat bisher viel Pech gehabt, „er hatte Koliken, musste operiert werden und konnte in diesem Jahr nicht starten.‘ Der Dritte aus dem BBAG-Auktionsrennen des Vorjahres habe ganz viel Talent‘, nächstes Jahr hoffen wir, davon etwas zu sehen.‘
Geduld hat Pavel Vovcenko genügend, nicht nur mit den Pferden. Der 35-Jährige wartet nun auch schon länger auf die Fertigstellung des neuen Trainingsgeländes in Bremen-Mahndorf. Zwar sei es auf seinem Hof sehr ruhig, „doch im Winter tritt die Weser des Öfteren über die Ufer. Es gibt Zeiten, da kann man weder trainieren noch die Koppeln benutzen.‘ Einer seiner Vorgänger habe sogar den Weg vom Parkplatz bis zum Hof mit dem Schlauchboot zurücklegen müssen.
„Und eine Reithalle ist leider nicht vorhanden. Die gibt es demnächst in Mahndorf, aber dort scheinen nun diverse Sparmaßnahmen vorgenommen worden zu sein.“ Der zukünftige Mieter bemängelt einiges: „Damit die Reiter sich an vorhandenen Streben nicht die Köpfe einschlagen, soll jetzt an der Außenseite der überdachten Bahn ein Rail gesetzt werden, dadurch wird es unnötig eng. Und die beiden Einlass-Tore wären eigentlich an anderer Stelle sinnvoller gewesen.‘
Nicht so schön sei auch die fast geschlossene Außenwand. „Da werden die Pferde vermutlich ständig die Köpfe hochreißen, um durch den verbliebenen Spalt nach draußen schauen zu können.‘
Ebenfalls gespart wird anscheinend am noch im Bau befindlichen Stallgebäude. „Ursprünglich hat die Stallgasse einmal viel breiter sein sollen, inzwischen ist sie deutlich geschrumpft.‘
Dennoch glaubt der Trainer an die Perspektiven, die sich ihm dort bieten werden. „Ganz wichtig ist mir, dass es in Mahndorf genau wie auf dem Weserhof Koppeln geben wird.‘
Seine Galopper seien es gewohnt, nach der Morgenarbeit den Rest des Tages auf der Weide zu verbringen, „sogar die Hengste machen dabei, wenn sie dies von Anfang an kennen, wenig Probleme. Alle Pferde sind viel ausgeglichener.‘
Zufrieden ist Pavel Vovcenko mit dem Mahndorfer Trainingsgelände. „Sand- und auch Grasbahn machen einen guten Eindruck, beide werden beregnet werden können und meine Ruhe habe ich voraussichtlich dort genau so wie auf dem Weserhof.‘
Wann der Umzug des Stalles erfolgen wird, steht allerdings auch weiterhin noch nicht fest. „Am 15. Dezember soll in Mahndorf alles fertig sein.‘ Kann man momentan kaum glauben. Doch selbst, wenn dies tatsächlich der Fall sein sollte, „haben wir bisher noch keine Verträge‘, gibt Sascha Wöhler zu bedenken. „Bevor wir die nicht haben, können wir unsere Boxen in Bollen jedoch nicht aufgeben. Und die Kündigungsfrist dort beträgt drei Monate.‘
Andreas Wöhlers Bruder und ehemaliger Assistenztrainer hat nach einem Gastspiel auf dem Gestüt Schlenderhan in diesem Jahr mit Pavel Vovcenko die Rennstall Pavel Vovcenko Rennstall GmbH gegründet. „Sinn der Sache ist, dass ich mich hauptsächlich um die Büroarbeiten kümmere, damit Pavel sich voll auf das Training und auf die Pferde konzentrieren kann.‘ Sicher auch keine schlechte Idee.











