In der letzten Woche gingen die Derbynennungen für das Jahr 2004 ein. Wer in knapp 16 Monaten seinen Hoffnungsträger als Sieger des wichtigsten Rennens der Dreijährigen auf dem Hamburger Geläuf begleiten will, musste schon jetzt die ersten 500 Euro investieren, um weiter träumen zu dürfen.´Bis zum Auftritt in Hamburg ist ein sehr weiter Weg zurückzulegen, das wissen nicht nur die Kenner des Sports. In der letzten Woche wurden beim Galopper-Dachverband die Nennungen für das Blaue Band 2004 abgegeben, 264 an der Zahl.
Es fällt auf, dass es im Vergleich zu den Vorjahren erheblich weniger Pferde sind, für die die ersten 500 Euro Nenngeld entrichtet wurden. Mit ein Grund: Die Zahl der Pferde in Training ist deutlich zurückgegangen.
Die Bestmarke wurde mit 522 Anmeldungen im Jahr 1993 gesetzt, damals war das Rennen zum ersten Mal international offen und stieß umgehend auf große europäische Resonanz. Diese ist bis heute natürlich vorhanden, der deutsche Derbysieger genießt auch auf internationaler Bühne weiterhin ein hohes Ansehen, und dennoch lässt sich feststellen, dass es seitdem, was die ersten Nennungen betrifft, stetig bergab ging.
1995 waren es erstmals unter 500, zur Austragung 1998 durchbrach man die 400 Pferde-Marke nach unten, für 2004 sind es erstmals wieder unter 300 Hoffnungen, die für das Rennen der Rennen gemeldet wurden.
‚Das Geld sitzt bei den Besitzern einfach nicht mehr so locker‘, weiß auch der Generalsekretär des Hamburger Renn-Clubs (HRC), Günther Gudert, ‚der erste Einsatz von 500 Euro ist vielleicht auch einen Tick zu hoch angesiedelt. Man sollte darüber nachdenken, ob dieser im nächsten Jahr nicht etwas nach unten revidiert wird, man dafür aber einen zusätzlichen Streichungstermin einbaut.‘
In diesen Zeiten wird eben doppelt überlegt. Natürlich findet sich die Creme de la Creme der Abstammungen unter den Anmeldungen für das Derby 2004 wieder, auch aus dem Ausland meldete sich die Prominenz.
Erstmals in der Geschichte des Rennens meldete der französische Trainer-Aufsteiger schlechthin Eric Libaud zwei Galopper für das 400.000 Euro-Spektakel am 4. Juli 2004 in Hamburg-Horn an. Ange Gabriel, der zuletzt für Libaud die Hong Kong Vase in Sha Tin gewinnen konnte, ist sicher Vorbild der beiden Jung-Hoffnungen Sky´s The Limit und Aitmatov.
Aus Chantilly meldete der französische Abonnement-Champion Andre Fabre Bolivar, dessen Pedigree wahrhaft derbyreif ist. Seine Mutter Borgia gewann das Blaue Band von Hamburg für das Gestüt Ammerland im Jahr 1997. In dieser Couleur wird wohl auch ihr Erstling Bolivar die Rennbahn betreten. Insgesamt finden sich acht in Frankreich trainierte Galopper in der Liste wieder.
Da ist die britische Komponente quantitativ deutlich höher vertreten, allein 45 Nennungen kamen von der britischen Insel. Vor allem Godolphin und Darley von Sheikh Mohammed treten häufig in Erscheinung.
Darley ist 27 Mal vertreten, während das Godolphin-Team 13 Pferde eintragen ließ. In der 2002er Auflage des Derbys war Mamool in den blauen Farben von Godolphin Racing einziger ausländischer Teilnehmer, er wurde im Ziel hinter dem überlegen agierenden Next Desert Fünfter. Auch so klangvolle Namen wie Sir Michael Prescott, David Loder oder William Haggas, der mit dem Mehl-Mülhens-Sieger Dupont schon gute Erinnerungen an Deutschland haben dürfte, fallen ins Auge.
Das größte irische Kontingent stellt John Oxx mit acht Pferden. Sechs von ihnen stehen im Besitz des Aga Khan, so auch ein noch namenloser Halbbruder von Sinndar, dem Englischen und Irischen Derby-Gewinner sowie Prix de l‘ Arc de Triomphe-Sieger des Jahres 2000.
Drei Schweden, sowie zwei Norweger ergänzen die Nennungsliste ausländischer Interessen, doch bis zum heutigen Tag steht die ‚Bank‘ deutscher Siege.
Bereits zwei Derbysieger fohlte Laurea, 1993 mit Lando und ein Jahr später Laroche. Leider trat die Ittlingerin vor wenigen Tagen ab, verlor auch ihren jüngsten Nachwuchs. Im Derbyaufgebot für 2004 ist sie aber noch durch ihren von Lomitas stammenden Sohn Lancero, der bei Peter Rau in Training ist, vertreten. Das Gestüt Ittlingen der Familie Ostermann hat noch fünf weitere Anmeldungen getätigt, doch gilt dem Nachwuchs von Laurea sicher höchste Aufmerksamkeit.
Gleiches muss auch dem Titelverteidiger im Jahr 2003, dem Gestüt Wittekindshof, eingeräumt werden. Für 2004 wurden zwei Pferde aus dem Erfolgsgestüt genannt. Next Society, der von Law Society stammende Bruder zu Next Desert ist hier natürlich hochinteressant. Hans-Hugo Miebach ließ neben ihm noch Nightwain, einen Unfuwain-Sohn aus der Nightrockette, der Mutter von Night Petticoat, einschreiben.
Das traditionsreiche Gestüt Röttgen hat neun Kandidaten in Aufgebot. Aus der so erfolgreichen U-Linie stammt Ugolino, ein Goofalik-Sohn. Ebenfalls viel Aufmerksamkeit verdient Nexus, Erstling der 93 Kilo-Stute Nagoya. Wie Guadalupe im letzten Jahr, behielt Nagoya 1999 in den Oaks d‘ Italia auf oberstem Gruppe-Level in Mailand die Oberhand.
Wilde könnte seinem Namen alle Ehre machen. Der Lomitas-Sohn ist Bruder der Gruppesieger Win for us, Wild Side und White Rose. Auch Sidon, der Bruder von Sir Warren und Syrakus sollte aus dem Röttgener Aufgebot nicht unerwähnt bleiben.
Fünf Hoffnungen könnte das Gestüt Fährhof ins 135. Deutsche Derby schicken. Die Sottrumer Zuchtstätte nannte Encinas, Kaballero, La Salina, Malinas und Quiron.
La Colorada, die Mutter von La Salina, machte sich bereits auf der Rennbahn einen Namen, sie siegte viermal, darunter auch in einem Gruppe III-Rennen und kam auf ein GAG von 92,5 Kilo.
Doch haben vor allem ihre Nachkommen für Furore gesorgt, ihr prominentester ist natürlich Lomitas, der diese Saison im Darley Stud von Sheikh Mohammed deckt.
Häufig taucht auch das Gestüt Schlenderhan in der Nennliste für das Derby 2004 auf. Insgesamt zehn Pferde wurden angemeldet, wovon der von Champion Monsun stammende Hengst Le Soleil auffällt. Seine Mutter ist die Gruppe II-Siegerin La Blue (GAG 98,5). Bislang hat sie sich als Mutterstute noch nicht ganz so stark in Szene setzen können, bis dato aber auch erst zwei Pferde auf der Rennbahn.
Georg Baron von Ullmann hat ebenfalls keine Kosten gespart, gab sieben Nennungen ab, die durch die Bank exzellente Referenzen mitbringen. So ist El Tiger (von Tiger Hill) ein Bruder zu Ausnahmekönnern wie Enigma oder Evil Empire. Auch Evening View (von Spectrum) ist mehr als prominent gezogen, schließlich ist er Halbbruder des amtierenden Winterfavoriten Eagle Rise.
Gentle Tigers Mutter Glorosia verdiente zweijährig in England sehr viel Geld, der Tiger Hill-Sohn genießt bereits jetzt einen guten Ruf.
Suivi bereitete Georg Baron von Ullmann als Mutter von Simoun in der Zucht schon sehr viel Freude. Mit Sandokan (von Tiger Hill) könnte die Erfolgsgeschichte weiter geschrieben werden.
Durch den Wellington Hall- sowie Whispered Secret-Bruder Workaholic, dessen Vater Cadeux Genereux ist, wird das Ullmann-Aufgebot abgerundet.
In einer solchen Darstellung darf natürlich auch das Gestüt Park Wiedingen nicht fehlen, immerhin wurde Flamingo Road, die im Besitz von Helmut von Finck stehende Lady, im Derby des Jahres 1999 Dritte zu Belenus. Und auch für 2004 hat der Münchener Bankierssohn hoffnungsvolle Pferde, Sieben an der Zahl.
Bei den Trainern ist Andreas Schütz mit 34 Anmeldungen ganz klar die Nummer eins.
In die Fußstapfen von Derbysieger Samum (Jahr 2000) und Salve Regina, die sich in der letztjährigen Austragung nur Next Desert beugen musste, könnte Stall Blankeneses Schaljapin treten. Er ist wie seine hocherfolgreichen Geschwister ebenfalls ein Nachkomme von Monsun.
Peter Schiergen konnte in seiner ebenfalls noch jungen Trainerkarriere auch schon das Rennen der Rennen gewinnen, Boreal war im Jahr 2001 für ihn erfolgreich. Für das Gestüt Ammerland trainiert Schiergen Ecuador. Seine Mutter Estremadura konnte in der Zucht noch keine herausragenden Pferde stellen, doch ist Ecuador der erste Nachkomme der Stute von Acatenango. Insgesamt hat der Kölner Trainer 18 Nennungen abgegeben.
Da müssen Peter Rau, Andreas Wöhler, Hans Albert Blume und Mario Hofer doch etwas zurückstehen, sie kommen jeweils in etwa auf zehn Anmeldungen.
Gerade Peter Rau arbeitet mit den großen Gestüten schon länger erfolgreich zusammen. So zählt Fährhof, für das er mit Lavirco den Derbysieger 1996 stellte, genauso zu seinen ‚Derby-Besitzern‘ wie Röttgen und Ittlingen.
Aus Gütersloh gingen zehn Nennungen ein. Röttgener trainiert auch Hans Albert Blume, er betreut mit Nexus sicher einen sehr interessanten Kantonisten. Auch der Baleno-Bruder Bussoni (Goofalik- Blumme) wird in Heumar betreut. Er ist eine von neun Blume-Hoffnungen.
Andreas Wöhler nannte acht Galopper, hat bereits zweimal, mit Belenus und mit Pik König das Derby in seinen Bremer Stall holen können. Singspiel ist der Vater von La Solina. Die Lomitas-Schwester ist vom Pedigree her der ‚Rausgucker‘ bei Andreas Wöhler.
Das ‚Ersatz-Derby‘ gewann Mario Hofer im letzten Jahr mit Muskatsturm, stellte im ‚richtigen‘ Derby mit Levirat und Calcio auch zwei Starter. Der Österreicher gab letzte Woche neun Pferde für 2004 an, die das Potenzial zum Derbysieger entwickeln könnten. Der Monsun-Hengst und Bruder zu El Divino Es Torrent ist nur eine von vielen Chancen Hofers.