Im Galopprennsport steht die Zeit nicht still. Erst am Sonntag hatte Dietmar Hilgert den Frankfurter Stutenpreis der Mehl Mülhens Stiftung mit Give me Five gewonnen. Doch am Dienstag weilte der „knapp Vierzigjährige“ bereits gemeinsam mit IVA-Chef Rüdiger Alles bei den October Sales in Newmarket, um Zuwachs für seinen Stall Capricorn zu bekommen, ersteigerte einen Diesis-Sohn.
Dabei hätte der engagierte Eigner, der mit seinen sieben Pferden bei Erika Mäder sicher der bedeutendste Patron ist, allen Grund gehabt, den Triumph, den er mit der ganzen Familie live miterlebte, in vollen Zügen zu genießen. In beeindruckender Manier schaffte die Schimmelstute ihren ersten Gruppe-Treffer, ist damit der neueste Crack in den bekannten blauen Farben. Und das nur wenige Monate, nachdem Ransom O´War zum Galopper des Jahres 2003 gekürt wurde.
„Die Stute hatte mehrfach bewiesen, dass sie weiches Geläuf bevorzugt. Wir wollten eine Woche vorher in Paris ein Listenrennen mit ihr bestreiten“, berichtet Hilgert, ‚haben darauf aber verzichtet. In den Jahren zuvor war der Boden dort stets weich, aber das war jetzt nicht der Fall. Da bot sich Frankfurt an. Eine Platzierung hatten wir uns schon vorgestellt.“
Denn in der Arbeit habe man beobachten können, dass sich „die Stute von Start zu Start verbessert hat. Ähnlich wie ihr Bruder Graf Philipp, der erst dreijährig so richtig schnell lief, bevor er als Vierjähriger sogar noch besser wurde. Give me Five hat nun sehr eindrücklich weitere Steigerung geliefert“, sagt der Eigner, der mit der Wahl für Jean-Pierre Carvalho als Jockey voll ins Schwarze getroffen hat.
„Er hat schon früher für uns geritten, arbeitet im Nachbarstall von Mario Hofer. Früh hatte er sich für diesen Ritt angeboten, saß auch schon bei der Abschlussarbeit vor Frankfurt im Sattel. Jean-Pierre hat alles sehr gut gemacht. „Im Schlussbogen hat er erkannt, dass das Tempo zu langsam war. Kurz darauf hat er die Stute flott gemacht, mit zwei Längen Vorsprung die Gerade erreicht. Am Ende hat er dann nicht mehr viel tun müssen.“
Ein Gruppe I-Auftritt in Italien stand nun noch zur Disposition, doch sieht der Besitzer von einem Start im Nachbarland zum Saisonschluss ab. „Dieses Jahr kommt Give me Five nicht mehr an den Start. Wir haben sie schon aus dem Rennen herausgenommen. Sie bleibt auch 2005 in Training. Man hat auch an ihrer Schwester Golden Rose, die am Sonntag Dritte zu ihr wurde, gesehen, dass da später noch einige Verbesserung drin ist. Sicher werden wir dann auch internationale Aufgaben in Angriff nehmen. Sicher ist aber auch, dass Give me Five erst spät anfangen wird. Frühestens im Sommer geht es los. Wir wollen ihr eine schöne Pause geben.“
Dabei war das Potenzial, das in der Tochter der Karlshoferin Grey Pearl steckt, die in Baden-Baden als Jährling für 28.000 Euro ersteigert wurde, schon im Frühjahr zu erkennen. Dietmar Hilgert: „Schon vor dem Preis der Diana konnte man an ihren Arbeitsleistungen sehen, dass sie zu den besseren Stuten im Jahrgang zählt. Leider wurde ihr dann im Rennen ganz übel mitgespielt. Sie wurde angaloppiert und kam mit einer klaffenden Wunde zurück. Sie konnte somit leider noch nicht zeigen, was sie kann. Vier Wochen darauf hat Give me Five im Hamburger Jungheinrich Gabelstapler-Preis selbst das Rennen gemacht. Die ganze Gerade herunter kämpfte sie mit Next Gina. Schließlich wurde sie nach der Führarbeit etwas müde. Und dann kam Vallera angeflogen und vorbei.“
In unserer etwas ausgedünnten Grand Prix-Klasse wäre natürlich Ransom O´War eine absolute Bereicherung, doch muss man jetzt schon seit über einem Jahr auf den einstigen Dallmayr- und Müller Brot-Preis-Sieger sowie Derby-Zweiten verzichten. 2004 hat er nie die Chance gehabt, seine Klasse zu zeigen, blieb stets im heimischen Krefelder Stall.
‚Im Januar hatte er eine Kolik, von der er sich wider Erwarten schnell erholt hat. Im März ging er im Training wirklich sehr versprechend. Wir haben ihn für große Rennen genannt, wollten im Prix d´Ispahan in Paris starten. Doch der trockene Boden verhinderte den Auftritt ebenso wie einen Start anschließend in England. Leider bekam er im Juli einen Rückschlag, hat uns etwas geblendet.“ Einen Tag nach unserem Interview kam die Meldung, dass der Hengst als Beschäler nach Fährhof geht.
Dabei war die Entwicklung von Ransom O´War zu einem der besten Rennpferde hierzulande gar nicht abzusehen. Hilgert erzählt: „Bei Mark Johnston in England wurde er als Zweijähriger ganz stark herangenommen. Bei den ersten drei Starts war er jeweils platziert, landete vor späteren Gruppe-Pferden“, schildert unser Gesprächspartner. „Beim ersten Versuch auf Sand gewann er überlegen. Nur eine Woche später in Lingfield wurde er einmal behindert, war schließlich abgeschlagen. Ich war selbst vor Ort, habe mir damals einen genauen Eindruck verschaffen können und bin zu der Auffassung gekommen, dass das Pferd mehr Zuneigung braucht und habe ihn deshalb zu Erika Mäder gestellt. Die Trainingsbedingungen in Krefeld sind optimal.“
Aber nicht nur das, auch der Betreuerin spricht Hilgert ein besonderes Lob aus: „Sie zeigt viel Liebe zum Individuum, nimmt jede Menge Rücksicht auf das Pferd. Ich halte sie für eine sehr gute Trainerin. Allerdings kann sich ein guter Trainer nur dann beweisen, wenn er auch die entsprechenden Pferde zur Verfügung hat. Und leider hat sie nicht die ganz großen Besitzer im Rücken, macht aber einen tollen Job.“
Verantwortlich für diese Super-Käufe (Ransom O´War wurde bereits als Fohlen in den USA erworben) zeichnete IVA-Chef Rüdiger Alles, zu dem er ein besonderes Vertrauensverhältnis pflegt. ‚Er sucht die Pferde aus. Wir gehen alles zusammen durch, aber die Entscheidung trifft er‘, erläutert Hilgert, der früher auch am Stall Simone beteiligt war, in dessen Farben Kenzo Schlagzeilen machte. Und auch Zatoof gehört ihm. Der „Schnee-Hero“ kommt bald wieder, wird gerade wieder auf St. Moritz vorbereitet.
Trotz der beiden Cracks, Ransom O´War und Give me Five, gab es im Besitzerleben auch die ein oder andere Enttäuschung für Capricorn – (der Name bedeutet im Übrigen im Englischen und Französischen soviel wie Steinbock. „Ich mag Steinböcke. Sie treten immer die Flucht nach oben an‘).
Coltminator hatte man beispielsweise einmal für eine reelle Derby-Hoffnung gehalten, doch konnte er das nie bestätigen. „Der Kopf hat einfach nicht mitgemacht“, erklärt Dietmar Hilgert. „Wir haben ihn kastriert, das wird ein gutes Hindernispferd.“
Außer dem Galopprennsport pflegt der immer schon turfbegeisterte Geschäftsmann und Capricorn-Boss („Ich gehe seit fünfundzwanzig Jahren in Iffezheim zum Rennen. Meine ganze Familie ist dabei“), keine anderen großen Hobbies. „Beim ersten Start eines meiner Pferde bin ich immer dabei, bei besseren Rennen ohnehin und ansonsten stets, wenn es die Zeit zulässt. In Baden-Baden bin ich immer die ganze Woche, bei allen drei Meetings, egal ob ich einen Starter habe oder nicht.“
So natürlich auch beim Sales & Racing Festival, das unmittelbar vor der Tür steht. Dann kann er ganz gelassen das Geschehen an der Oos verfolgen. Bevor im nächsten Jahr Give me Five wieder dabei sein wird. Denn die Zeit im Galopprennsport steht bekanntlich nicht still.