Die P’s – Auch Power-Portellas Familie

Der 12 Mai 2002 auf dem Düsseldorfer Grafenberg wird dem Trainer Andreas Löwe noch lange in guter Erinnerung bleiben und war ein weiterer Höhepunkt im Zusammenspiel des Kölner Trainers und ‚seiner’ P-Familie. Portella gewann dort völlig unerwartet, zumindest für die zahlreichen Rennbahnbesucher, das Henkel-Rennen und fügte der Familiengeschichte der P’s einen Eintrag in eine klassische Siegerliste hinzu. Doch wer ist nun diese Familie P? Wie schon erwähnt Portella, dann ihr Vater Protektor und ihre Mutter Polish Affair. Und alle drei haben ihre ganz spezielle Geschichte, die eng mit dem Lebensweg des Trainers und seiner Laufbahn verbunden ist.

Angefangen hat alles mit Protektor, dem Acatenango-Sohn aus der Zucht von Frau Hildegard Leisten. Auf der Jährlingsauktion in Baden Baden fand Protektor in Dieter Joswich einen neuen Besitzer. Dieser erhielt den Zuschlag bei ca. 30.000.- DM und hat damit, im Nachhinein, ein Superschnäppchen gemacht.

Erst Ende zweijährig kam Protektor in den Rennstall von Andreas Löwe und läutet einen besonderen Abschnitt für dieses Quartier ein. Zum ersten Mal als Dreijähriger am Start, begann Protektor seine Karriere sofort siegreich und legte den Grundstein für eine Rennkarriere, die ihresgleichen sucht.

Insgesamt sechs Jahre blieb der Hengst im Weidenpescher Park stationiert und konnte bei seinen 44 Rennen 540.053 Euro eingaloppieren. Er hatte damit seinen Ankaufspreis und die Kosten für das Training reichlich abgedeckt. Diese nüchternen Zahlen beschreiben die Einzigartigkeit Protektors nur unzureichend. Für den Stall war er lange Zeit das Aushängeschild und hat auch für den nationalen Rennsport neue Wege gewiesen.

Als erstes deutsches Pferd bekam Protektor eine Einladung nach Sha Tin, zur Hong Kong International Vase, und dies gleich zwei Mal in Folge. Der erste Start, in der damals noch englischen Kronkolonie, endete für den Hengst und Terry Hellier mit dem vierten Platz in dem Gruppe II-Event. Das Rennen gewann der in Deutschland hinlänglich bekannte Luso unter Frankie Dettori.

Der zweite Start in Asien brachte einen elften Platz und bedeutete gleichzeitig das Karriereende des kapitalen Acatenango-Sohns. Bei 44 Starts in sechs Rennjahren lediglich 12 Mal ohne Geld nach Hause gekommen – eine wahres Galoppierwunder. Der Trainer ist auch nach sechs Jahren noch bewegt, wenn er über den Hengst spricht. „Protektor war der Anfang. Er ist das Pferd, das unseren Stall nach oben gebracht hat. Er hat uns erstmalig in den Grupperennen vertreten.“ Große Dankbarkeit spricht aus diesen Worten.

Polish Affair, die Mutter von Portella, hingegen, obschon als Rennpferd gezogen, konnte diesem Tun recht wenig Positives abgewinnen. Zweimal auf dem Oval zu sehen, konnte sie nie in die Entscheidung eingreifen. Auch wenn sie kein Rennpferd wurde, gab es durchaus schöne Erinnerungen. „Wir waren damals nach Irland zur Jährlingsauktion gereist. Ich hatte Dieter Josvich die Stute empfohlen, und er hat sie gekauft. Nach der Auktion hatten wir noch einige wundervolle Herrentage auf dem Lande“, erzählt Andreas Löwe schmunzelnd.

Nachdem klar war, dass Polish Affair zu etwas anderem als Rennpferd berufen war, wurde sie von Dieter Joswich in die Zucht genommen und bekam als ersten Partner Protektor. Ebenso erfolgreich wie er seine Rennkarriere begonnen hatte, ging es nun in der Zucht weiter. Nach der ersten Bedeckung war Polish Affair sofort tragend und bescherte dem Besitzer ein wunderbares Stutfohlen namens Portella.

Diese Geburt, am Rennstall schon sehnsüchtig erwartet, brachte eine kleine Reisewelle in Schwung. Kaum hatte der Trainer den Anruf aus dem Gestüt, dass ‚Protektors Erste‘ da war, hieß es für alle am Stall ‚Gestütsbesuch ist angesagt’. Alle anstehende Arbeit blieb vorerst liegen, die Stall-Leute auf die vorhandenen Autos verteilt, sämtlich Foto-Apparate und Videokameras eingepackt und los ging es.

Am Gestüt Olympia, der Wirkungsstätte von Protektor, angekommen, wurde dieses Wunder der Natur gebührend bestaunt, und viele der Stallangestellten waren in Anbetracht dieses zarten Wesens schon sehr gerührt. „Beim Personal waren einige, die noch nie ein so junges Pferd gesehen hatten. Da gab es viele große Augen.“ Selbst für den Trainer, der lange Zeit auf Gestüten gearbeitet hatte, gab es einen Moment des Innehaltens. „Mit großem Staunen habe ich das Ergebnis gesehen, obwohl ich schon mehr als 500 Pferde auf die Welt gebracht habe, war das etwas ganz Besonderes.“

Der Gestütsleiter Egon Oehmen kümmerte sich derweilen rührend um die bewegten Gemüter und gab eine Runde aus. Gebührend wurde die Geburt von allen gefeiert. Wie auch schon der Weg des Vaters, ging es für Portella als Jährling auf die Auktion nach Baden Baden. Dort kaufte der Andreas Löwe die Stute ohne Auftrag, und hätte sie wohl auch selbst behalten, wenn sich kein Käufer gefunden hätte.

Lediglich eine Kaufofferte gab es an Siegfried Herzig, der sich, nach einigem Überlegen, für die Stute entscheiden konnte. Hatte der Neubesitzer noch scherzhaft gefragt, ob er der Tester für Protektor-Produkte werden sollte, war er schon sehr bald von der Richtigkeit seiner Entscheidung überzeugt. Beim ersten Rennbahnauftritt zeigte Portella, dass sie einiges von ihrem Vater auf den Weg bekommen hatte und gewann ein Auktionsrennen in Düsseldorf über 1000 Meter.

Die als nationales Listenrennen ausgeschriebene Prüfung ging ganz klar in den Löwe-Stall und brachte eine erste Siegbörse von 60.000.- DM auf das Konto des stolzen Besitzers. Kampfpartie knapp verloren war das Ergebnis in einem weiteren nationalen Listenrennen. Danach war auch schon Zeit für die Winterpause, die man im Rennstall von Andreas Löwe zu nutzen wusste. Ihr Jahresdebüt als Dreijährige führte Portella nach Düsseldorf, in das traditionelle Henkel-Rennen. Die 1000 Guineas sind die erste klassische Prüfung im Jahr, die den Stuten vorbehalten ist.

So richtig wahrgenommen wurde sie dann jedoch von den Rennbahnbesuchern und dem Wettpublikum nicht, denn sie ging zu einem Toto von 126:10 in das Gruppe II-Rennen. Mit Edurado Pedroza im Sattel konnte Portella ihre große Klasse beweisen und ließ die Favoriten allesamt hinter sich, mit Tomori auch die spätere drittplatzierte im Deutschen Derby. Auf der Rennbahn ging ein Raunen durch die Menge, kaum jemand hatte mit diesem Ergebnis gerechnet. Der Stall jedoch wurde nur bestätigt. Es gab beim Personal niemand, der an diesem Ausgang des Rennens gezweifelt hatte.

„Es war große Zuversicht, besser Klarheit am Stall, dass wir das Rennen gewinnen würden,“ gibt Andreas Löwe zu verstehen. „Ich war zutiefst überzeugt, dass Portella siegen wird. Da war soviel Selbstbewusstsein und Kraft, die die Stute ausgestrahlt hat. Es konnte gar nicht schief gehen.“ Niemand am Stall wurde enttäuscht, denn die Protektor-Tochter erfüllte die Vorgabe mit Bravour. „Für mich und alle am Stall war das unbeschreiblich, und ich war zutiefst dankbar für diese Leistung. An dem Tag wurde ich ein weiteres Mal bestätigt, dass ich den richtigen Beruf gewählt habe“, so ein immer noch bewegter Trainer.

Dieses Ergebnis war dann aber schon der Anfang vom Ende, denn Portella konnte bei ihren beiden weiteren Starts nicht mehr an die Leistung vom Düsseldorfer Renntag anknüpfen. Schnell wurde im Team um die Stute die Entscheidung zum Rückzug von der aktiven Bühne getroffen, und nun geht es für die Stute zu ihrer nächsten Station ins Haras du Logis nach Frankreich. Am Ostermontag gab man Dirk Eisele von der BBAG den Zuschlag, der die Stute für ein französisches Syndikat als Zuchtstute kaufte.

Die abschließenden Untersuchungen ergaben, dass Portella gerade ein Folikel gebildet hatte, und vielleicht könnte ihr erster Partner, wahrscheinlich der Topmeiler Slickly, sie ganz nach Familientradition gleich tragend bekommen. Beim Abschied von Portella am Stall sah man nur strahlende Gesichter. Ob Trainerehepaar Löwe oder Renate Beltermann, Reisefuttermeisterin am Stall, alle freuten sich mit ‚ihrer’ Portella. „Ich finde es toll, dass sie nun in die Zucht geht und Mama wird,“ so Renate Beltermann.

Auch Andreas Löwe sieht dem Karrierewechsel positiv entgegen: „Es ist der richtige Zeitpunkt, wenn nicht sogar höchste Zeit. Das habe ich mir für Portella gewünscht.“ Hier schließt sich nur vorerst ein Zyklus der Familie der ‚P’, jedoch steht eine weitere Dame im Stall von Andreas Löwe, die an der Familienvita mitarbeiten könnte. Possidona, die rechte Schwester von Portella steht bereit für ihre Karriere. „Sie wird wohl keine zweite Portella werden, doch eine Blacktype-Platzierung sollte drin sein“, so ein hoffnungsvoller Andreas Löwe. Wer weiß, wie viel die beiden Familien noch miteinander verbinden wird. Wir werden die Entwicklung weiter verfolgen.

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